Eigenbedarfskündigung durch Vermieter: Ohne weiteres möglich?

  • 4 Minuten Lesezeit

Ursprung zahlreicher gerichtlicher Rechtstreitigkeiten im Bereich des Mietrechts ist die von Mietern gefürchtete Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter wegen Eigenbedarf.

Viele Mieter haben (zum Teil berechtigt) das Gefühl, dass Vermieter durch die Kündigung des Mietvertrages bei einer Neuvermietung eine höhere Miete erzielen wollen.

Dabei ist eine Kündigung gar nicht „so einfach“ möglich. Vielmehr ist das Mietverhältnis besonders geschützt solange der Mieter seine Pflichten erfüllt. Währenddessen hat der Mieter prinzipiell keine Kündigung zu befürchten. Kündigungen wegen Eigenbedarf sollten daher auf jeden Fall immer auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft und nicht blind hingenommen werden.

Voraussetzungen Eigenbedarfskündigung

Grundsätzlich bestimmt § 573 Abs. 1 BGB, dass der Vermieter nur dann ordentlich kündigen kann, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Wann ein sogenanntes berechtigtes Interesse vorliegt, regelt § 573 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB. Einer der häufigsten Kündigungsgründe ist der Eigenbedarf der im § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geregelt ist.

Danach liegt ein berechtigtes Interesse zur Beendigung des Mietverhältnisses vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts benötigt (= Eigenbedarf).

Doch eine solche Kündigung kann nicht voreilig ausgesprochen und hingenommen werden.

Vielmehr sollte der Mieter zuerst überprüfen, ob § 573 Abs. 3 BGB vom Vermieter beachtet wurde. In dem Kündigungsschreiben muss der Vermieter nämlich über die Gründe für ein berechtigtes Interesse informieren. Vage Angaben reichen hierbei nicht aus und können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Dem Mieter muss es vielmehr möglich sein, die Gründe des Eigenbedarfs zu überprüfen sowie zu prüfen für welche Person eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen wird.

Die formellen Anforderungen daran sind allerdings auch nicht ausufernd. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Juli 2011 (AktZ.– VIII ZR 317/10; BGH NZM 2011, 706) genügt für die Kündigung die Angabe der konkreten Person, für die die Wohnung benötigt wird und die Darlegung des Interesses, das sie an der Erlangung der Wohnung hat.

Ob die vorgetragenen Gründe tatsächlich vorliegen, muss der Vermieter im Fall eines Räumungsprozesses darlegen und beweisen. Der Vermieter trägt immer dann die Beweislast, wenn der Eigenbedarfsgrund nachträglich wegfällt (BGH, Urteil v. 29.03.2017 – VIII ZR 44/16). Hierbei besonders wichtig: Ein Nachschieben von Gründen ist rechtlich unzulässig! (AG München, Endurteil v. 24.08.2020 – 423 C 5615/20).

Fällt der Eigenbedarfsgrund nach Ende der Kündigungsfrist weg, berührt dies jedoch nicht unmittelbar die Wirksamkeit der vormals ausgesprochenen Kündigung (BGH, Urteil v. 09.11.2005 – VIII ZR 339/04), kann jedoch bei einer Beweisaufnahme im Rahmen einer Räumungsklage gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen bzw. des vorgetragenen Eigenbedarfsgrundes sprechen. Liegt hingegen ein vorgeschobener Eigenbedarfsgrund vor, so kann sich der Vermieter sowohl schadenersatzpflichtig machen als auch gegen strafrechtliche Vorschriften verstoßen haben.

Kündigungsfrist

Auch ist seitens des Vermieters die gesetzliche Frist zur ordentlichen Kündigung zu wahren. Nach § 573c Abs. 1 BGB muss eine Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats ausgesprochen werden. Die Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich nach fünf und acht Jahren seit Überlassung des Wohnraums um jeweils drei Monate.

Härtegründe seitens des Mieters

Nach § 574 BGB kann der Mieter der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Insbesondere dann, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter selbst oder einen anderen Angerhörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen sind.

Doch was genau stellt eine solche Härte dar? Unter Härte versteht man in diesem Zusammenhang alle Nachteile wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher oder persönlicher Art, die infolge der Vertragsbeendigung eintreten können (BGH, Urteil v. 22.05.2019 – VIII ZR 180/18).

Zu den Härtegründen können im Einzelfall zählen:

  • hohes Alter,
  • Schwangerschaft,
  • schwerwiegende Krankheiten und
  • unmittelbar anstehende wichtige Prüfungen wie Examen oder Ausbildungsprüfungen

Daneben kann eine Härte nach § 574 Abs. 2 BGB auch dann vorliegen, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann (siehe auch LG Stuttgart 16. Zivilkammer, Urteil v. 06.12.1990).

Nicht zu den Härtegründen zählen beispielsweise mit einem Umzug unvermeidlich verbundenen Unannehmlichkeiten (BGH, Urteil v. 20.03.2013 – VIII ZR 233/12). Auch eine soziale Verwurzelung allein reicht nicht für die Begründung eines Härtegrunds aus (LG Bremen 2. Zivilkammer, Urteil vom 22. 05.2003, S 315/02).

Aber auch für den Mieter gilt, dass vage Angaben unzureichend sind. Isolierte Umstände wie hohes Alter begründen nicht automatisch zwangsläufig einen Härtegrund. Hingegen müssen die geltend gemachten Härtegründe einer Sachverhaltsfeststellung und individueller Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter standhalten und im Zweifel vor Gericht substantiiert (Beweise etc.) dargelegt werden.

§ 574 BGB enthält keine explizite Frist. Der Mieter muss aber trotzdem innerhalb von zwei Monaten vor dem Ende der Kündigungsfrist den Widerspruch einlegen. Ansonsten steht es dem Vermieter frei, die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verweigern.

Fazit

Durch die gesetzlichen Schranken soll verhindert werden, dass die Eigenbedarfskündigung als berechtigtes Interesse missbräuchlich genutzt wird. Der Mieter soll einer willkürlichen Kündigung nicht schutzlos ausgeliefert sein.

Insgesamt muss auf Basis der ausgeführten rechtlichen Grundlagen stets im Rahmen einer Abwägung zwischen den Interessen des Vermieters und Mieters entschieden werden.

Bei Zweifeln, ob Eigenbedarf tatsächlich vorliegt oder nur als Vorwand ausgenutzt wird, ist es durchaus sinnvoll einen Rechtsanwalt, um Einschätzung und Aufklärung der etwaigen rechtlichen Ansprüche hinzuzuziehen.

Herr Rechtsanwalt Felix Kushnir, Blumenstr. 1, 80331 München ist im Miet- und WEG-Recht und allgemeinem Zivilrecht spezialisiert und vertritt eine Vielzahl von Mandanten bei miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Fragestellungen.

Foto(s): Felix Kushnir

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Felix Kushnir

Beiträge zum Thema