Ein Risikogebiet, eine Corona-Task-Force und eine Arbeitgeberin, die über das Ziel hinausschoss?

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.08.2022 – 5 AZR 154/22

Die Arbeitgeberin hätte ihre Mitarbeiter*innen zu „Urlaub“ in Form von bezahlter Freistellung einladen können, um eine Ausbreitung des Corona-Virus in ihrem Betrieb zu verhindern.

Zu diesem Schluss gelangte das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in dem die Arbeitgeberin sich weigerte, Arbeitnehmer*innen, die aus einem Risikogebiet einreisten, für 14 Tage zu beschäftigen.


Der Fall

Der Kläger arbeitete bei der Beklagten in Berlin. Diese hatte eine Corona-Task-Force ins Leben gerufen, welche in Bezug auf Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes ein Hygienekonzept ausarbeiten sollte. Der Task-Force ging die in Berlin gültige Corona-Verordnung, welche vorsah, dass sich Reiserückkehrer aus Risikogebieten mittels PCR-Test „freitesten“ können, statt sich in eine 14-tägige Quarantäne zu begeben, im Ergebnis nicht weit genug. Die Mitarbeiter*innen der Beklagten wurden deshalb schließlich unterrichtet, dass die Beklagte die Möglichkeit des Freitestens nicht anerkennt und Reiserückkehrer sich ohne Lohnanspruch in Quarantäne zu begeben hätten.

Als der Kläger nach einem Aufenthalt in einem Risikogeiet ­ symptomlos und unter Vorlage eines negativen PCR-Tests ­ seine Arbeit aufnehmen wollte, wurde er am Werkstor abgewiesen und für die Dauer von 14 Tagen nicht beschäftigt. Darüber hinaus stellte der Kläger fest, dass ihm Urlaub abgezogen und ein Teil seines Gehalts einbehalten worden war.


Das Urteil

Bereits in den ersten beiden Instanzen hatte die Beklagte unterlegen und war dazu verurteilt worden, dem Kläger die abgezogenen Urlaubstage wiedergutzuschreiben und das fehlende Gehalt auszuzahlen. Die Beklagte versuchte ihr Glück schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht, indem sie Berufung einlegte.

Aber auch das Bundesarbeitsgericht entschied zugunsten des Klägers. Eine unbezahlte Freistellung sei nämlich nicht erforderlich gewesen, um eine Ausbreitung des Corona-Virus in dem Betrieb der Beklagten zu verhindern.


Hinweise für die Praxis

Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichtes in dem vorliegenden Fall ist von Arbeitgebenden immer dann zu berücksichtigen, wenn sie darüber nachdenken, eine/n Mitarbeiter*in freizustellen ­ sei es nach Ausspruch einer Kündigung oder, wie hier, in Form eines (vorübergehenden) Betretungsverbotes.

In unserer ausführlichen Urteilsbesprechung haben wir den juristischen Kern des Problems für Sie herausgearbeitet und geben Ihnen Tipps an die Hand, wie Sie als Arbeitgebene*r „richtig“ mit Situationen umgehen, in denen eine Beschäftigung Ihres Mitarbeiters / Ihrer Mitarbeiterin für Sie nicht in Frage kommt.

Foto(s): Wittig Ünalp Rechtsanwälte PartGmbB

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