Entwürdigende Behandlung § 31 WStG - Für Soldaten bei Vorladung und Disziplinarverfahren

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Die Angehörigen der Bundeswehr sind „Staatsbürger in Uniform“. Daraus folgt, dass sie die gleichen Rechte und Pflichten wie jeder Staatsbürger haben, jedoch auch eine besondere Verpflichtung gegenüber den Werten und Normen des Grundgesetzes. Das Handeln der Soldaten soll ausgerichtet sein, an dem Konzept der „Inneren Führung“, welches Werte wie Menschenwürde, Gleichheit oder Solidarität vermittelt. 

Um die Grundrechte der Soldaten sicherzustellen, sodass sie nicht als bloße Befehlsempfänger betrachtet werden sowie willkürlichen Befehlen ausgesetzt sind und um Verstöße gegen die Grundsätze der Inneren Führung zu ahnden, werden bestimmte Handlungen unter Strafe gestellt. 

Hintergrund dessen ist insbesondere, dass die Einsatzbereitschaft der Truppe nicht beeinträchtigt wird. 

In § 31 Wehrstrafgesetz (WStG) ist die entwürdigende Behandlung geregelt, eine Straftat, welche einen erheblichen Verstoß gegen militärische Pflichten darstellt. 


Wer kann sich wegen entwürdigender Behandlung strafbar machen? 

Das Wehrstrafgesetz gilt ausschließlich für Soldaten der Bundeswehr. Es handelt sich um ein besonderes Strafrecht, wodurch die Verletzung besonders bedeutsamer militärischer Pflichten geahndet wird. 

Bei der entwürdigenden Behandlung handelt es sich um eine Straftat gegen die Pflichten der Vorgesetzten. Als Beschuldigte einer strafbaren entwürdigenden Behandlung kommen daher ausschließlich Vorgesetzte in Frage. 

Vorgesetzte sind diejenigen, die befugt sind, einem Soldaten Befehle zu erteilen (§ 1 Abs. 3 Soldatengesetz). Diese Befugnis kann sich aus der Dienststellung, dem Dienstgrad, besonderer Anordnungen oder eigener Erklärung ergeben. Relevant ist die Stellung als Vorgesetzter im Zeitpunkt der Tat, also der entwürdigenden Behandlung. 


Wer kann Opfer einer entwürdigenden Behandlung im Soldatenstrafrecht sein?

Die entwürdigende Behandlung muss sich gegen einen „Untergebenen“, d.h. einen dem Vorgesetzten unterstellten Soldaten richten. 

Sie kann aber auch gegenüber jedem Soldaten begangen werden, unabhängig davon, wem dieser unterstellt ist. Für die Strafbarkeit des Vorgesetzten ist dann maßgeblich, dass die Handlung von einem ihm Untergebenen vorgenommen wurde. 


Wann macht man sich als Vorgesetzter wegen entwürdigender Behandlung strafbar?

„Entwürdigende Behandlung ist jedes Verhalten eines Vorgesetzten gegenüber einem Untergebenen, das dessen Stellung als freie Persönlichkeit nicht unerheblich in Frage stellt, das die Achtung nicht unerheblich beeinträchtigt, auf die der Untergebene allgemein als Mensch in der sozialen Gesellschaft und im besonderen als Soldat innerhalb der soldatischen Gemeinschaft Anspruch hat. Der Untergebene darf keiner Behandlung ausgesetzt werden, die ihn zum bloßen Objekt degradiert und seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt“ (BayObLG NJW 1970, 769, 770; BGHSt 53, 145). 

Es handelt sich um Verhaltensweisen, durch welche die Menschenwürde, d.h. der Wert, den jedermann allein auf Grund seines Menschseins innehat, abgesprochen oder verachtet wird. 

Als Staatsbürger in Uniform haben Soldaten die gleichen staatsbürgerlichen Rechte, sodass ihnen wegen ihrer menschlichen Existenz die zu achtende Menschenwürde anhaftet. Deren Verachtung oder Geringschätzung stellt eine entwürdigende Behandlung dar. Die entwürdigende Behandlung kann sich auch erst aus den Gesamtumständen ergeben


Welche Strafe droht für entwürdigende Behandlung? 

Eine entwürdigende Behandlung wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. 

In besonders schweren Fällen ist eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten vorgesehen. Das Höchstmaß liegt ebenfalls bei fünf Jahren. 


Wodurch macht man sich wegen entwürdigender Behandlung strafbar?

Die Strafbarkeit des Vorgesetzten ergibt sich einerseits daraus, dass er selbst eine entwürdigende Behandlung gegenüber einem Untergebenen vornimmt oder diesem böswillig den Dienst erschwert (§ 31 Abs. 1 WStG). 

Eine Strafbarkeit wegen entwürdigender Behandlung kann sich auch daraus ergeben, dass ein Untergebener eine entsprechende Tat gegenüber einem anderen Soldaten vornimmt und der Vorgesetzte dies fördert oder pflichtwidrig duldet (§ 31 Abs. 2 WStG). 

Die Vornahme einer entwürdigenden Behandlung liegt vor, wenn der Vorgesetzte durch sein Verhalten die Menschenwürde des Untergebenen missachtet

Solche Fälle können zum Beispiel angenommen werden, bei der Vornahme einer rechtswidrigen Geiselnahmeübung, dem Befehl Regenwürmer zu essen oder wenn eine Schusswaffe auf den Kopf gerichtet wird. 

Der Dienst wird erschwert, wenn zur Erfüllung des militärischen Auftrags zusätzliche Bedingungen angeordnet werden, die nicht notwendig sind.  

Böswillig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Diensterschwerung aus einer besonders verwerflichen Motivation resultiert. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise durch gewollte Schikane, Hass oder Sadismus dem Untergebenen in irgendeiner Weise geschadet wird. 

Beispielhaft wäre die Verkürzung der Prüfungszeit, um schlechte Prüfungsergebnisse zu erzielen. Zudem das übertriebene Exerzieren, indem z.B. unnötigerweise übermäßige häufig das Hinlegen auf schmutzigem, aufgeweichtem Gelände befohlen wird. 

In gleicherweise wird der Vorgesetzte bestraft, wenn er die Tat nicht selbst begeht, aber die Begehung durch einen ihm Untergebenen an einem anderen Soldaten fördert oder pflichtwidrig duldet (§ 31 Abs. 2 WStG). Als strafrechtlich Verantwortlicher trägt er die rechtlichen Konsequenzen. 

Der Vorgesetzte fördert die Tat, wenn er physische oder psychische Unterstützung leistet. Wenn die konkrete Idee vom Vorgesetzten stammt und die Umsetzung durch einen Untergebenen erfolgt, liegt beispielsweise ein Fördern vor. 

Eine Duldung liegt vor, wenn der Vorgesetzte nicht in die Handlung des Untergebenen einschreitet, obwohl dies geboten gewesen wäre. 

Zu den Pflichten des Vorgesetzten gehören unter anderem die Dienstaufsicht, die Fürsorge und Kameradschaft (§ 10 Abs. 2 und 3, § 12 Soldatengesetz). Daraus lässt sich die Pflicht ableiten, dass die Soldaten in seinem Verantwortungsbereich keine entwürdigende Behandlung erleiden.  


Wann droht eine höhere Strafe für entwürdigende Behandlung?

Der besonders schwere Fall (§ 31 Abs. 3 WStG) sieht eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten vor.

In der Regel wird ein solcher angenommen, wenn der Vorgesetzte sein Verhaltenbeharrlich wiederholt“. 

Darunter ist zu verstehen, dass er seine Gleichgültigkeit offenbart, die seine soldatischen Pflichten sowie die geltenden Dienstvorschriften und Gesetze einzuhalten. Die Gleichgültigkeit wird dadurch ausgedrückt, dass das Verhalten konsequent wiederholt wird, trotz Belehrungen, Ermahnungen oder verhängten Sanktionen. 


Zu beachten ist, dass beim Vorwurf einer entwürdigenden Behandlung neben strafrechtlichen Konsequenzen, namentlich einer Freiheitsstrafe, auch ein Disziplinarverfahren einhergehend mit Disziplinarmaßnahmen droht. Gerade aus diesem Grund, sollten Sie sich beim Vorwurf einer entwürdigenden Behandlung an einen erfahrenen und auf das Soldatenrecht spezialisierten Anwalt für Strafrecht wenden, der die Auswirkungen und das Zusammenspiel von Strafverfahren und Disziplinarverfahren erkennt, einschätzen und die Verteidigung auch hiernach ausrichten kann.


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