Entwurf des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes („Oligarchengesetz“)

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Nach der EU-Sanktionsverordnung Nr. 269/2014  vom 17. März 2014 wurden sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die Eigentum oder Besitz von im Anhang I der vorstehenden Verordnung aufgeführten natürlichen Personen oder mit diesen in Verbindung stehenden natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen sind oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, eingefroren.

Das Einfrieren von Geldern bedeutet die Verhinderung jeglicher Form der Bewegung, des Transfers, der Veränderung und der Verwendung von Geldern sowie des Zugangs zu ihnen oder ihres Einsatzes, wodurch das Volumen, die Höhe, die Belegenheit, das Eigentum, der Besitz, die Eigenschaften oder die Zweckbestimmung der Gelder verändert oder sonstige Veränderungen bewirkt werden, die eine Nutzung der Gelder einschließlich der Vermögensverwaltung ermöglichen.

Damit erfolgte aber kein Eigentumsübergang auf den Fiskus. Das Einfrieren dürfte zu verstehen sein wie eine Beschlagnahme ohne Einziehung. Eine Zuwiderhandlung gegen eine EU-Sanktionsverordnung wird vielmehr strafrechtlich geahndet, nämlich nach  § 18 Abs. 1 Nr. 1 AWG.

Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/427 vom 15. März 2022 wurde die Liste der sanktionierten Personen und Einrichtungen aus der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 um mehrere Oligarchen und Unternehmen erweitert.

Nach dem Entwurf des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes („Oligarchengesetz“) ist geplant, die  Eigentumsverhältnisse der betroffenen Personen und Entitäten aufzuklären. Es wird eine strafbewehrte Anzeigepflicht über eingefrorene Gelder und andere wirtschaftliche Ressourcen eingeführt. Die sanktionierten Personen werden dazu verpflichtet, ihr Eigentum der Deutschen Bundesbank bzw. dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle unverzüglich anzuzeigen. Die Strafandrohung beträgt bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Mit  einem weiteren Zweiten Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SDG II) soll ein nationales Register für Vermögen unklarer Herkunft und für sanktionierte Vermögenswerte eingerichtet werden. Es soll ein eigenständiges Verwaltungsverfahren zur Aufklärung von Vermögen unklarer Herkunft und eine besondere Hinweisgeberstelle geschaffen werden.

Die Vermögen der von den Sanktionen Betroffenen sind seit 2014 „eingefroren.“ Dieses Einfrieren erfolgte durch die bloße Listung, also durch Veröffentlichung in den entsprechenden Verordnungen. Jeweilige gesonderte (rechtsmittelfähige) Verwaltungsakte wie Beschlagnahmungen oder Pfändungen erfolgte nicht.

Die Betroffenen sind weiterhin Eigentümer der von der Sanktion betroffenen Vermögenswerte. Ein Übergang in fiskalisches Eigentum fand damit nicht statt. Eine Zuwiderhandlung gegen eine EU-Sanktionsverordnung wird vielmehr strafrechtlich geahndet, nämlich nach  § 18 Abs. 1 Nr. 1 AWG.

Bereits in der Verordnung von 2014 ist ausgeführt, dass die Befriedigung von Grundbedürfnissen der natürlichen und juristischen Personen, der unterhaltsberechtigten Familienangehörigen, Kosten für Medikamente, medizinische Beratung, Steuern, Versicherungsprämien wie auch die Bezahlung angemessener Honorare oder die Erstattung von Ausgaben im Zusammenhang mit der Bereitstellung juristischer Dienstleistungen freigegeben werden können. Der Oligarch kann also über das eingefrorene Vermögen verfügen, wenn das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als nach § 13 Abs. 1 AWG zuständige nationale Behörde die Verfügung genehmigt hat. Folgen einer Verfügung ohne Genehmigung bewirken die Unwirksamkeit der Verfügung und nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 AWG die Strafbarkeit. 

Erträge aus unerlaubten Verfügungen wären Gegenstände aus einer Geldwäschehandlung, die nach §§ 73, 73c StGB einzuziehen wären. Die Finanzsanktionen sind also nicht mit einer strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vergleichbar. Die bloße Vermutung, das Vermögen könne aus kriminogenen Handlungen stammen, genügt insoweit für einen Tatverdacht nicht, da der Vermögensarrest eine konkrete rechtswidrige Tat voraussetzt, wodurch das Vermögen erlangt wurde .

Die ins Auge gefassten Prüfungen nach dem Zweiten Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SDG II) dienen allerdings der Einziehung des betroffenen Vermögens bei einer Herkunft aus rechtswidrigen Taten wegen Geldwäsche. Davon könnte auch Wertersatz aus lange vergangenen rechtswidrigen Handlungen betroffen sein.

Das Außenwirtschaftsgesetz (AWG), die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) etc. regeln den sanktionsbetroffenen Verkehr. Verstöße gegen Sanktionsmaßnahmen können mit Strafen oder Bußgeldern geahndet werden. Zentrale Vorschrift ist hier § 18 Abs. 1 AWG. Die Sanktionen erfassen Einschränkungen im Export, Akte in Bezug auf den Finanzsektor wie auch Leistungen von Personen und Einrichtungen.

Beachtlich ist hier ein Lieferverbot für Güter für zivile und militärische Zwecke (EU-Dual-Use-VO), wie etwa Pferdesättel. Andererseits besteht auch in Russland ein Strafbarkeitsrisiko gemäß § 201 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation für leitende Personen von Unternehmen, wenn diese Handlungen begehen, die zu einem erheblichen Schaden für die Rechte von Bürgern oder des Staates führen. Insofern kann es in Russland strafbar sein, die Sanktionen zu befolgen, etwa durch Rückbau unternehmerischer Aktivitäten. Die Rechtsfolgen können in Geldstrafe, Freiheitsstrafe oder Zwangsarbeit bestehen.

Fazit: Fragen und Antworten zu den Russlandsanktionen gibt es in der Handreichung des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. 

Eine Oligarchenyacht in Deutschland könnte nur beschlagnahmt werden, wenn sie aus ein rechtswidrigen Tat stammen würde, also etwa gestohlen worden wäre. Ein Vermögensarrest könnte möglich sein, wenn der Kauf der Yacht etwa durch Geldwäsche erworben worden wäre. Dieses verlangt aber einen konkreten Verstoß gegen ein deutsches Strafgesetz. Bei Unmöglichkeit einer persönlichen Strafverfolgung des Oligarchen käme eine Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft in Betracht, wofür auch Anhaltspunkte der Strafbarkeit gegeben sein müssten. Zu bedenken ist dagegen aber die Entschädigungspflicht bei einem fehlerhaften Vermögensarrest.  


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