Erste höchstrichterliche Entscheidung zum Umgangsrecht der Großeltern mit den Enkelkindern

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Seit dem 01.07.1998 haben unter anderem Großeltern gem. § 1685 Abs. I BGB ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Umgang mit ihren Enkelkindern.

Dabei wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Umgang mit den Großeltern nämlich in erster Linie den sozialen und menschlichen Bedürfnissen des Kindes dient (Kenntnis der Abstammung, Bildung und Reifung von Identität und Selbstverständnis, Erfahrung von Geborgenheit und Zuneigung).

Anspruchsvoraussetzung ist demnach, dass

  1. beim Umgang der Großeltern Bindungen zum Kind bestehen, deren Aufrechterhaltung
  2. dem Kindeswohl entspricht.

Das wiederum bedeutet zunächst, dass der subjektive Anspruch aus § 1685 Abs. I BGB erst dann entsteht, wenn diese Bindungen gerichtlich festgestellt sind. Demnach reicht schon nach der durch den BGH bestätigten Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 20.04.2017 – 6 UF 20/17 – es nicht aus, wenn lediglich die Abstammung nachgewiesen wird. Denn die Regelung des großelterlichen Umgangsrechts dient umgekehrt nicht dazu, Bindungen zwischen Großeltern und Enkelkind erst aufzubauen.

Die 2. Voraussetzung, nämlich die Tatsache, dass dieser Umgang dem Kindeswohl entspricht, hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt in seiner Entscheidung vom 12.07.2017 – XII ZB 350/16 – dahingehend festgeschrieben, dass der Umgang mit anderen Personen als den Eltern, zu denen das Kind eine Bindung besitzt, für seine Entwicklung förderlich sein muss.

Das ist dann nicht der Fall, wenn die einen solchen Umgang ablehnenden Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geriete. Daneben ist zu berücksichtigen, dass gem. Art. 6 GG die Eltern Erziehungsvorrang genießen. Ist zu befürchten, dass die Großeltern diesen Erziehungsvorrang missachten und versuchen, diesen zu unterlaufen, lässt dies ein Umgangsrecht nach § 1685 Abs. I BGB als nicht dem Kindeswohl dienlich erscheinen.

Auf jeden Fall hat eine umfassende Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.

Das Vorliegen beider Voraussetzungen muss positiv gerichtlich festgestellt werden, wobei die Großeltern vollumfänglich darlegungs- und beweispflichtig sind (BGH, ebenda). Sie trifft also die gesamte Feststellungslast.


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