EuGH urteilt zu Leiharbeit: Ausgleich im Tarifvertrag bei geringerem Lohn

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Urteil vom 15.12.2022

Erhält ein Leiharbeiter gemäß Tarifvertrag weniger Lohn als die Kollegen, die direkt im eingesetzten Betrieb angestellt sind? Dann muss ein anderer Vorteil zum Ausgleich gewährt werden. Dies geht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 15.12.2022 hervor. Das Urteil basiert auf einer deutschen Leiharbeiterin mit einem befristeten Vertrag.


Sachverhalt

Eine Leiharbeiterin war zwischen Januar und April 2017 befristet in einem Unternehmen des Einzelhandels eingesetzt. Dabei verdiente sie deutlich schlechter als ihre Kollegen, die in diesem Unternehmen festangestellt waren. Sie bekam ca. ein Drittel weniger Lohn. Möglich war das, weil die Zeitarbeitsfirma den Lohn gemäß Tarifvertrag für Leiharbeiter auszahlte. Das Stammteam des Einzelhandels-Unternehmens erhielt seinen Lohn gemäß Tarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im bayrischen Einzelhandel. Die Leiharbeiterin verlangte die Auszahlung der Differenz. Sie sah darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 5 Richtlinie 2008/104. Das Bundesarbeits-Gericht (BAG) brachte den Fall zum EuGH, um Folgendes zu klären: Inwieweit darf ein Tarifvertrag der Zeitarbeit von der Gleichbehandlung abweichen?


Würdigung durch Gerichtshof

Die Richtlinie 2008/104 hat den Schutz der Leiharbeiter sowie die Achtung der Vielfalt der Arbeitsmärkte zum Ziel. Das bedeutet: Wenn ein Leiharbeiter weniger Lohn erhält, muss er dafür andere ausgleichende Vorteile erhalten, damit dieser Schutz gewährt ist. Dabei muss es sich um geeignete Bedingungen in Bezug auf die Arbeit und Tätigkeit handeln. Infrage kommt hier zum Beispiel ein Freizeitausgleich. Verschlechterte Arbeitsbedingungen gefährden nämlich den Schutz der Leiharbeiter.

Weiter ist zu prüfen, ob der Gesamtschutz der Leiharbeiter auch erfüllt ist. Dies geht aus Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2008/104 hervor. Dazu sind die Arbeits-Bedingungen der Leiharbeiter mit denen der festangestellten Kollegen im entleihenden Unternehmen zu vergleichen. Hier ist darauf zu achten, dass die gewährten Vorteile die Ungleichbehandlung der Leiharbeiter ausgleichen. Dabei darf es auch keine Rolle spielen, ob der Leiharbeiter einen befristeten oder unbefristeten Vertrag hat.

Wichtig ist, dass die Tarifverträge der Leiharbeiter einer wirksamen Kontrolle durch die zuständigen Gerichte unterliegen. Im Fokus liegt immer der Ausgleich etwaiger Ungleichbehandlungen sowie der Gesamtschutz der Leiharbeiter.

Foto(s): stock.adobe.com/266458532

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