Fahrerlaubnis vorläufig entzogen – was nun?

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Mein Mandant erhielt im Juli 2018 einen Strafbefehl. Danach wurde ihm vorgeworfen, im Oktober 2017 unter grober Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt trotz bestehendem Überholverbot und der durchgezogenen Sperrlinie auf der Fahrbahn eine aus mindestens 2 Pkw und einem Lkw bestehende Fahrzeugkolonne überholt zu haben, wobei die Sicht des Mandanten durch eine Rechtskurve, die aufgrund hohen Baumbestandes nicht einsehbar war, versperrt sei. Mein Mandant habe die Kolonne überholt, obwohl er hätte wissen müssen und auch können, dass infolge der Unübersichtlichkeit der Kurve und der damit eingeschränkten Wahrnehmbarkeit der im Gegenverkehr herannahenden Fahrzeuge ein gefahrloses Überholen nicht möglich gewesen sei.

Mein Mandant habe sich danach als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Mit dem Strafbefehl wurde gegen meinen Mandanten eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 29,00 € festgesetzt. Zusammen mit dem Strafbefehl wurde durch das Amtsgericht ein Beschluss verkündet, wonach meinem Mandanten vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen wurde und zum Zwecke der Beschlagnahmung die Durchsuchung der Person, der Wohnung, der Geschäftsräume und der Fahrzeuge meines Mandanten angeordnet wurde. 

Nachdem mich mein Mandant mit der Wahrnehmung seiner Verteidigung beauftragt hatte, habe ich gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt. Gegen den Beschluss habe ich Beschwerde eingelegt.

Nachdem ich die Ermittlungsakte erhalten hatte, habe ich die Beschwerde begründet und vorgetragen, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis 9 Monate nach der angelasteten Tat unverhältnismäßig sei. Als prozessuale Zwangsmaßnahme ist die Entziehung nämlich den verfassungsrechtlichen Schranken verpflichtet, die sich im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Beschleunigungsgebot konkretisieren (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.02.2005, Az.: 2 Ws 15/05).

Wenngleich eine Fahrerlaubnis auch noch mit Erhebung der Anklage, der Beantragung eines Strafbefehls oder auch noch später vorläufig entzogen werden kann, sind mit zunehmender zeitlicher Distanz zwischen Tatgeschehen und dem Zeitpunkt der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis erhöhte Anforderungen an die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse, an der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz der Allgemeinheit auf der einen Seite und dem Interesse des Fahrerlaubnisinhabers an der uneingeschränkten Nutzung des Fahrerlaubnis auf der anderen Seite zu stellen. Mein Mandant war bis zum Zeitpunkt der Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis im Besitz der Fahrerlaubnis geblieben und nahm beanstandungsfrei am Straßenverkehr teil. Die Möglichkeit der vorläufigen Entziehung verliert dann aber den Charakter als Eilmaßnahme mit zunehmendem Zeitablauf.

Das Amtsgericht vermochte dieser Begründung nicht zu folgen und legte die Akte dem Landgericht vor. Das Landgericht folgte meiner Argumentation und hob die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auf.

In der auf den Einspruch folgenden Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht wurde ein Fahrverbot nach § 44 StGB von lediglich 2 Monaten angeordnet, wonach die Dauer der vorläufigen Entziehung sogar noch angerechnet wurde.

Dieser Fall zeigt, dass es sinnvoll ist, rechtzeitig einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Verteidigung zu beauftragen, da auch in (scheinbar) aussichtslosen Fällen ein gutes Ergebnis erzielt werden kann.

Sollten Sie hierzu Fragen haben, so können Sie sich gerne an mich wenden.

N o r d h a u s e n

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für Strafrecht


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