Finanzprodukte im Multi-Level-Marketing – Vorsicht Haftungsfalle

  • 3 Minuten Lesezeit

Im ungeregelten, sogenannten "Grauen Kapitalmarkt" erscheinen immer wieder neue Firmen mit Sitz im Ausland, die Finanzanlagen mit ungewöhnlich hohen Renditeversprechen und Hochglanzprospekten anbieten.

Unseriöser Strukturvertrieb als Unterform des Direktvertriebs

Die Finanzprodukte werden häufig über einen unseriösen Strukturvertrieb als Unterform des Direktvertriebs für die Firma empfohlen oder verkauft. Hinter vielen der nur scheinbar unverfänglichen Netzwerk-Marketing-Systeme stecken tatsächlich geschäftlich illegale Schneeball- oder Pyramidensysteme im Sinne der Nr. 14 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Eine unzulässige geschäftliche Handlung ist hiernach

"die Einführung, der Betrieb oder die Förderung eines Systems zur Verkaufsförderung, bei dem vom Verbraucher ein finanzieller Beitrag für die Möglichkeit verlangt wird, allein oder hauptsächlich durch die Einführung weiterer Teilnehmer in das System eine Vergütung zu erlangen (Schneeball- oder Pyramidensystem)."

Diese Systeme im Multi-Level-Marketing zeichnen sich dadurch aus, dass den angeworbenen Vertriebspersonen in unrealistischer Weise ein schneller Erfolg, Gewinne und Reichtum versprochen werden.

Haftung im Schneeball- oder Pyramidensystem

Schnellen Reichtum im Multi-Level-Marketing erlangen in der Regel nur die Drahtzieher in der Pyramidenspitze, nicht jedoch die Vertriebspersonen in den unteren Stufen der Pyramide. Letztere erhalten oftmals nur Provisionen in geringer Höhe oder reine Gewinnversprechen. Mangels vorheriger Aufklärung wissen viele der vom Netzwerk geworbenen Vertriebskräfte nicht, dass sie mit ihrer Tätigkeit möglicherweise gegen zahlreiche gesetzliche Genehmigungspflichten verstoßen, so z. B. § 32 des Kreditwesengesetzes (KWG) oder § 34f der Gewerbeordnung (GewO). Im schlimmsten Szenario werden die Vertriebspersonen sogar nichtsahnend zu illegalen Aktionen angehalten, machen sich z. B. potentiell einer Geldwäsche in einem schweren Fall strafbar.

Je nach Einzelfall kann schnell eine persönliche Haftung der Vertriebskraft für Schäden eintreten, die ohne Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung oder eines Haftungsdaches ruinös ausfallen kann. Denn viele der zu vertreibenden „Assets“ wie „Anlagekoffer“, physisches Gold oder Bitcoins sind entweder schlicht nicht werthaltig, viel zu verlustträchtig oder realiter nicht einmal vorhanden.

Spezifika unseriöser Netzwerke zum Empfehlungsmarketing

Unseriöse Vertriebssysteme weisen spezifische Charakteristika auf. Eine Vertriebsperson, die als „Vertriebsleiter“ oder „Führungskraft“ geworben wird, muss sich in vielen Fällen schnell vertraglich unter anderem zu einer strikten Geheimhaltung verpflichten, teure „Schulungen“ oder Infopakete bezahlen, in eine Geschäftsausstattung samt Lizenz investieren oder in einer Einarbeitungsphase sogar unbezahlt arbeiten. Da das System auf progressiver Kundenwerbung basiert, wird der Vertriebsperson nahegelegt, den privaten Freundes- und Familienkreis „auszubeuten“, indem die dubiosen Finanzprodukte gezielt an diesen empfohlen werden.

"In meiner anwaltlichen Praxis habe ich es häufig erlebt, dass wohlmeinende Vertriebspersonen nicht nur sich selbst, sondern auch Verwandte und Freunde mit unseriösen Finanzanlagen nachhaltig, bis hin zur Privatinsolvenz, geschädigt haben", berichtet die Hamburger Anwältin Dr. Ina Becker.

Aufsichtsrecht versagt in vielen Fällen

Häufig dauert es viel zu lang, bevor die BaFin als Aufsichtsbehörde Firmen wie der Atlantic Global Asset Management S.A. (AGAM), der Five Winds Asset Management, Kap Verde, der QW Lianora Swiss Consulting SA oder der Questra World Global S.L. oder diversen Kryptowährungs-Unternehmen das illegale Geschäft in Form unerlaubt betriebener Anlageverwaltung endlich untersagt.

Anwaltliche Beratung und Vertretung unabdingbar

Die Kanzlei Dr. Becker berät und vertritt mit langjähriger Praxiserfahrung die zivil- und strafrechtlichen Interessen geschädigter Personen, die den Verdacht haben, an ein unseriöses Vertriebssystem geraten zu sein. Rechtsanwältin Dr. Becker ist äußerst erfahren darin, solche Systeme frühzeitig zu erkennen, investierte Beträge druckvoll zurückzufordern und erfolgreich Vermögensarreste gegen verantwortliche Personen gerichtlich durchzusetzen.

"Idealerweise nimmt man anwaltlichen Rat in Anspruch, bevor man sich weitreichend vertraglich an einen Strukturvertrieb bindet oder auch nur darüber nachdenkt, sein Geld in unbekannte Produkte des Grauen Kapitalmarkts zu investieren," ergänzt die Hamburger Bankrechtsexpertin.

Foto(s): Dr. Ina Becker

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr. Ina Becker

Beiträge zum Thema