Fitnessstudiokosten und Coronapandemie

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In seiner Entscheidung vom 04.05.2022 (Aktenzeichen: XII ZR 64/21) hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass Kunden von Fitnessstudios für die Schließungen während der Coronapandemie, ihre gezahlten Monatsbeiträge für jenen Zeitraum zurückverlangen können.

Was war geschehen?


Der Kläger schloss am 13.05.2019 mit der Beklagten als Betreiberin eines Fitnessstudios, einen Mitgliedschaftsvertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten beginnend ab dem 08.12.2019. Der monatliche Beitrag in Höhe von 29,90 Euro wurde hierbei durch Lastschriftverfahren vom Konto des Klägers eingezogen. Infolge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie, musste das Fitnessstudio in der Zeit vom 16. März bis zum 4. Juni 2020 schließen, wobei die Beklagte für jenen Zeitraum die Monatsbeiträge trotzdem einzog. Nachdem der Kläger am 07.05.2020 den Vertrag zum 08.12.2020 kündigte, forderte der Kläger am 15.06.2020 den Beklagten dazu auf, entweder die Monatsbeiträge zu erstatten oder dem Kläger alternativ für die Monatsbeiträge einen gleichwertigen Wertgutschein auszustellen. Der Beklagte lehnte die Aufforderung ab und bot stattdessen eine Gutschrift für zusätzliche Trainingszeit an.

Hiergegen erhob der Kläger am 18.12.2020 Klage beim Amtsgericht Papenburg auf Rückzahlung der Beiträge. Das Gericht sah für den betroffenen Zeitraum keinen Anspruch für die Verlängerung des Vertrages durch Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB, da durch die vielseitigen staatlichen Hilfen zu Zeiten der Coronapandemie, nicht von einer finanziellen Unzumutbarkeit für die Betreiber von Fitnessstudios ausgegangen werden könne.

Hiergegen legte der Beklagte erfolglos Berufung am Landgericht Osnabrück ein. Das Landgericht war der Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückerstattung der Kosten gemäß den Wertungen der §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 S. 1, 4, 346 ff. BGB zustünde. Hierbei führte das Landgericht aus, dass die Beklagte ihre Verpflichtung, nämlich jeden Monat neu Räumlichkeiten zum Trainieren zur Verfügung zu stellen, nicht erfüllen und während der Vertragslaufzeit nachholen konnte. Darüber hinaus habe der Kläger auch seinen Vertrag gekündigt, sodass der Zeitraum auch nicht nach den 24 Monaten Mitgliedschaft nachträglich angehängt werden könne und auch nicht die Interessen des Klägers widergespiegeln würde. Folglich entfalle mit Unmöglichkeit des Trainingsangebotes auch der Anspruch der Beklagten auf die Gegenleistung zur Zahlung der Monatsbeiträge gemäß §§ 326 Abs. 1 S. 1, 275 Abs. 1 BGB und unnötig zu viel gezahlte Leistungen müssten dem Kläger erstattet werden (§ 326 Abs. 4, 346 ff BGB).

Eine Vertragsanpassung über den Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB käme ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen läge keine Störung der Geschäftsgrundlage, sondern vielmehr eine vorrangige Leistungsstörung vor. Hierauf aufbauend wollte der Kläger gerade keine Vertragsanpassung, sondern eine Anpassung der gesetzlichen Rechtfolgen der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung. Zuletzt habe auch der Gesetzgeber mit Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB explizit in Fällen von Schließungen von Sport- und Freizeiteinrichtungen während der Coronazeit, nur die Möglichkeit von Rückerstattungen bzw. die Ausstellung von Gutscheinen vorgesehen, von der die Beklagte aber keinen Gebrauch gemacht hat. Auch gegen diese Entscheidung, legte die Beklagte erfolglos Revision vor dem Bundesgerichtshof ein.

Entscheidung des BGH


Die Wertungen des Landesgerichts hielt der Überprüfung durch den BGH stand. Hierbei wiederholte der BGH zum einen erneut die durch das Landgericht angesprochene Spezialität des Leistungsstörungsrechtes vor der Vertragsanpassung. Zum anderen machte der BGH deutlich, dass auch kein Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung gemäß § 315 Abs. 1 BGB bestehe. Es ist zutreffend das bei vielen Verträgen von Fitnessstudios wie hier, häufig keine Regelungen hinsichtlich des Umfangs der Leistungspflicht bzw. vertraglich geschuldeter Öffnungszeiten von Fitnessstudiobetreibern besteht. Nichtsdestotrotz gilt es zu berücksichtigen, dass nach dem Vertragszweck von Fitnessstudioverträgen, Mitglieder des Studios zu den regelmäßigen bekannten Öffnungszeiten trainieren dürfen und sollen und die Beklagte/Fitnessstudiobetreiber gerade nicht aus dem Vertragszweck heraus berechtigt sein sollen, über mehrere Monate hinweg Studios vollständig zu schließen, sodass eine ergänzende Vertragsauslegung zugunsten des Beklagten ausscheidet.

Zuletzt machte der BGH auch einige Ergänzungen zum Art. 240 § 5 EGBGB. Hierbei ergänzte der BGH zum einen, dass bei der Anwendung von Vertragsanpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB, die Vorschrift des Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB sonst leer liefe. Zum anderen führte der BGH auch aus, dass Vertragsanpassungen für Miet- und Pachtverträgen während der Coronazeit, in Art. 240 § 7 EGBGB zwar explizit vorgesehen seien, jedoch eine solche Regelung für Sporteinrichtungen gemäß Art. 240 § 5 EGBGB gerade nicht getroffen wurde. Da im vorliegenden Fall die Beklagte nicht von der Möglichkeit der Gutscheinlösung gemäß Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB Gebrauch gemacht habe, kam einzig und allein die Rückzahlung der Monatsbeiträge in Betracht.      

Fazit


Die Entscheidung des BGH erscheint aufgrund der umfassenden Ausführungen der Berufungsinstanz wenig überraschend. Nichtsdestotrotz wird aus den Wertungen des BGH deutlich, dass der Gesetzgeber für die Ausübung von Verträgen zum Zeitpunkt der Coronapandemie versuchte, möglichst die Interessen beider Vertragsparteien maximal zur Geltung zu bringen. Folglich gilt es bei der Prüfung von Coronavertragsfällen diesen Grundsatz stets im Hinterkopf zu behalten. Eine Lösung solcher Fälle muss nicht zwangsläufig zugunsten von Verbrauchern ausfallen.


LINDEMANN Rechtsanwälte

Foto(s): LINDEMANN Rechtsanwälte

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