Fristlose Kündigung wegen Weigerung Hinnahme kurzfristiger Schichtübernahme unwirksam

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Arbeitnehmer müssen einen spontanen Schichtplanwechsel nicht hinnehmen. Weigern sie sich, riskieren sie weder eine fristlose noch eine fristgemäße verhaltensbedingte Kündigung, so entschied das Arbeitsgericht Berlin bereits am 5. Oktober 2012, Az. 28 Ca 10243/12.

Die Klägerin arbeitete bei der Beklagten in Teilzeit. Laut Dienstplan von Mitte 2012 war sie für die Spätschicht eingeteilt. Am 31. Mai 2012 wies die direkte Vorgesetzte die Klägerin an, am Folgetag (1. Juni 2012) zur Frühschicht zu erscheinen. Die Klägerin hatte am 1. Juni 2012 einen wichtigen Arzttermin bei einem Facharzt, auf den sie mehrere Monate gewartet hatte. Sie weigerte sich daher zur Frühschicht zu erscheinen und kam der Weisung der Vorgesetzen auch nicht nach. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos und hilfsweise unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist.

Weisungsrecht des Arbeitgebers- Arbeitnehmerinteressen berücksichtigen

Die Kündigungsschutzklage der Klägerin hatte Erfolg. Das Arbeitsgericht Berlin begründete die Unwirksamkeit der Kündigung -  vereinfacht dargestellt – wie folgt: Der Arbeitgeber habe zwar gem. § 106 GewO ein Weisungsrecht, bei welchem er auch die zeitliche Lage der Arbeitszeit festlegen könne. Von diesem Weisungsrecht habe der Arbeitgeber aber bereits Mitte des Jahres 2012 Gebrauch gemacht, als er die Klägerin für die Spätschicht einteilte. Dies nachträglich einseitig zu ändern, dürfe nur unter Berücksichtigung billigen Ermessens gem. § 315 BGB erfolgen. D.h., bei der Abwägung, welche Weisung erteilt wird, müssen die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen werden. Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass eine Neudekorierung des Schaufensters dringend notwendig und ausschließlich durch die Klägerin zu realisieren sei. Die Arbeitnehmerin/Klägerin berief sich auf den o.g. Arzttermin, zudem hatte sie ein weiteres Teilzeitarbeitsverhältnis, war also als alleinerziehende Mutter auf die Konstanz der Schichten angewiesen. Das Arbeitsgericht Berlin urteilte, dass auf die vorgenannten Interessen der Arbeitnehmerin/Klägerin seitens des Arbeitgebers keine Rücksicht genommen worden sei, als man sie anwies, „von einem Tag auf den anderen“ die Schicht zu tauschen. Der vom Arbeitgeber behauptete vermeintliche Schaden, der durch das Nichtdekorieren des Schaufensters angeblich entstanden sei, überzeugte das Gericht nicht. Weiterhin war das Gericht der Auffassung, dass auch ein anderer Arbeitnehmer das Schaufenster hätte umdekorieren können.   

Schichtplanwechsel nur mit Ankündigungsfrist von vier Tagen

Des Weiteren verwies das Gericht auf § 12 Abs. 3 TzBfG. Bei einer Arbeit auf Abruf muss der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit vier Tage im Voraus ankündigen. Ist, so das Gericht, die besagte Ankündigungsfrist von vier Tagen bereits für eine "vorher zeitlich nicht festgelegte Inanspruchnahme" der Arbeitskraft des Adressaten maßgeblich, so wird diese folglich erst recht für Fallgestaltungen als Richtgröße dienen können, in denen die besagte Inanspruchnahme - wie hier - bereits "festgelegt" war.

Die Klägerin war somit nicht verpflichtet war, der kurzfristigen Dienstplanänderung nachzukommen. Daher war die fristlose Kündigung nicht durch einen im Verhalten der Klägerin liegenden wichtigen Grund (d.h. eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung) gerechtfertigt. Auch die hilfsweise erklärte ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung war daher nicht sozial gerechtfertigt und ebenfalls unwirksam.

Fazit

Arbeitgeber können – jedenfalls nicht so einfach – kurzfristige Schichtplanänderungen anweisen. Für Arbeitnehmer gilt, dass sie keine wirksame Kündigung riskieren, wenn sie einer solchen Weisung des Arbeitgebers nicht nachkommen. Allerdings sind immer die Einzelfallumstände maßgeblich, da es bei jedenfalls der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers auf die Abwägung der beiderseitigen Interessen ankommt.

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