Führerscheinentzug/Sperrfrist schon unter 1 Promille BAK (Blutalkoholkonzentration)?

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Das Amtsgericht München hatte Anfang 2018 über einen Fall der Trunkenheit im Straßenverkehr zu entscheiden. Dieses Urteil zeigt erneut, dass viele Fahrzeugführer lediglich den Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille kennen, jedoch keine Kenntnis bezüglich der relativen Fahruntüchtigkeit aufweisen.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Nachdem der Beschuldigte am Abend gegen 20:30 Uhr mit überhöhter Geschwindigkeit gesichtet wurde und sich zudem nicht ohne Schlangenlinien zu fahren auf dem mittleren Fahrstreifen der Schnellstraße halten konnte, ordneten die Beamten eine Allgemeine Verkehrskontrolle an. Während der Kontrolle viel auf, dass der Verurteilte sich durchgehend mit einer Hand am Auto abstützte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Aufgrund dieser Tatsache wurde gegen 21:15 Uhr eine Blutprobe angeordnet und entnommen, wessen Untersuchung eine Blutalkoholkonzentration von 0,96 Promille ergab.

Der Beschuldigte gab an, dass er zum Mittagstisch zwei Bier und danach auf dem gerade stattfindenden Oktoberfest eine weitere Maß Bier trank. Nach seinen Angaben konsumierte er ab ca. 14:00 Uhr keinen Alkohol mehr und habe sich durch den „ausreichenden zeitlichen Abstand“ wieder fahrtüchtig gefühlt.

Die Rechtsmedizinerin führte in einem Gutachten vor Gericht aus, dass bei dem angegebenen Trinkende um 14:00 Uhr eine Rückrechnung der Alkoholisierung auf 1,03 Promille zur Tatzeit um 20:30 Uhr möglich war. Das Gutachten bestätigt somit die Einlassung des Beschuldigten, ab ca. 14:00 Uhr den Konsum von Alkohol eingestellt zu haben.

Dieser Blutalkoholkonzentrationswert unterstreicht zudem die alkoholbedingten Ausfälle in Form von Schlangenlinien auf der Schnellstraße. Zusätzlich habe der Wert auch auf seine Hemmschwelle eingewirkt, wodurch wohl die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen wurde. Zudem habe er in der Verkehrskontrolle durch die Beamten wohl wegen „Standunsicherheit“ den Kontakt zu seinem Fahrzeug gesucht, um etwaige Gleichgewichtsprobleme zu vertuschen.

Der Tatrichter des Amtsgerichts München schloss sich den Ausführungen der Rechtsmedizinerin an und erkannte auf fahrlässige Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 2 StGB. Die gemessene BAK liege zwar geringfügig unter dem Grenzwert der absoluten Fahruntauglichkeit von 1,1 Promille, dennoch war der Angeklagte alkoholbedingt nicht in der Lage, sein Fahrzeug sicher im Verkehr zu steuern (Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit, sowie Fahren von Schlangenlinien auf dem Mittelstreifen). Aus der Gesamtschau der Umstände ergibt sich somit ein erhöhter Gefahrenherd durch den fahrzeugführenden Angeklagten, welcher die Verurteilung nach § 316 Abs. 2 StGB rechtfertigt.

Die von den kontrollierenden Polizeibeamten geschilderten motorischen Ausfallerscheinungen, die Aufmerksamkeitsdefizite, sowie eine optische Fehlorientierung belegen zur Überzeugung des Gerichts, dass die erforderlich verkehrsspezifische Gesamtleistungsfähigkeit des Angeklagten nicht mehr gegeben war.

Bei Aufgreifen des Beschuldigten wurde seine Fahrerlaubnis zur Gefahrenabwehr seitens der Beamten sichergestellt. Obwohl seitdem bereits 4 Monate der Sicherstellung vergangen waren, ordnete der Tatrichter an, die Fahrerlaubnis durch das Urteil vollständig zu entziehen sei, und das noch eine Sperre zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 69a StGB von weiteren 6 Monaten zu verhängen sei, da es nicht ersichtlich ist, dass der Angeklagte auf seinen Führerschein angewiesen wäre (AG München, Urteil vom 10.01.2018 – 912 Cs 436 Js 193403/17).

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht


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