Fußballvereine können Verbandsstrafen an randalierende Zuschauer weiterleiten

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Vereine können die ihnen auf Grund von Zwischenfällen während und im Zusammenhang mit der Austragung eines Fußballspiels auferlegte Verbandsstrafe an ihre den Zwischenfall verursachenden Zuschauer weiterleiten. Hiermit entschied der Bundesgerichtshof (BGH) eine sowohl für Verein als nun auch für den Zuschauer bedeutende Frage. Im entsprechenden Fall ging es dabei konkret um eine Verbandsstrafe, die dem damaligen Zweitligist 1.FC Köln durch das Sportgericht des Deutschen Fußballbundes (DFB) auferlegt wurde, nachdem bei einem Heimspiel ein Zuschauer einen Böller gezündet hatte und sieben andere Zuschauer verletzt wurden.

Ausgangspunkt der Entscheidung ist der Umstand, dass Vereine – respektive deren ausgegliederte Gesellschaften – gemäß § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB für das Verhalten ihrer Mitglieder, Anhänger und Zuschauer verantwortlich sind. Der Haftungsbereich umfasst dabei negative Ereignisse jeglicher Art, wobei sich der örtliche Verantwortungsbereich auf den gesamten Stadionbereich ausdehnt.

Dass es sich dabei um eine relevante Problematik handelt zeigen die Statistiken. Denn die in diesem Wege durch den DFB an die Vereine der 1. bis 3. Liga auferlegten Verbandsstrafen beliefen sich in der Saison 2016/2017 auf insgesamt 1.826.900,00 € (vgl. https://www.faszination-fankurve.de/index.php?head=So-viel-mussten-Vereine-nbbbbbbbbvvvcv). Spitzenreiter war in der besagten Saison Borussia Dortmund mit insgesamt 175.000 € innerhalb acht bestraften Vorfällen.

Die Grundfrage der Entscheidung war, ob eine an einen Verein gerichtete Verbandsstrafe dem einzelnen Fan zurechenbar ist.

Bisher wurde diese Frage verneint, wobei diese Ablehnung auf mehreren Begründungen fußte. Nach der bis dato gefestigten Rechtsprechung des BGH wurde die haftungsrechtliche Zurechnung dadurch ausgeschlossen, dass außer des in Rede stehenden schädigenden Ereignisses noch weitere Ursachen zu dem eingetretenen Schaden beigetragen haben. Problem war dabei, dass Gegenstand des Regresses gerade nicht der durch die schädigende Handlung verursachte Schaden selbst (körperliche Versehrungen oder Sachbeschädigungen) sondern eben die Verbandsstrafe war. Auf Grund dessen fehle es am Zurechnungszusammenhang zwischen unmittelbar durch den Zuschauer verursachten Ereignis und der Verhängung der Strafe an den an sich an dem schädigenden Ereignis unbeteiligten Verein, da eben diese Bestrafung durch den Verband den Geschehensablauf so verändert hat, dass der Schaden bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen“ und "zufälligen" Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Argumentiert wurde weiter, dass sich die Höhe der Verbandsstrafe an der finanziellen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Fußballclubs orientiere. Insofern seien Verbandsstrafen die der Höhe nach zwar für einen Fußballverein angemessen sind, für Privatpersonen unangemessen. Ferner wurde argumentiert, dass auch eine unter Umständen die höhere Strafe begründende Strafschärfung wegen vorheriger Vorfälle nicht dem einzelnen Zuschauer zugerechnet werden könne und entsprechend, dass unter Umständen bei mehreren Tätern ebenfalls eine höhere Strafe fällig wäre.

Dem widersprach der BGH in besagtem Urteil und bejahte dabei den inneren Zusammenhang zwischen der Verbandsstrafe und dem zugrundeliegenden Verhalten des Zuschauers. Dies gerade deshalb, da die Geldstrafe unmittelbar wegen des Verhaltens des Zuschauers gegenüber dem Verein verhängt werde und es sich somit nicht um einen zufälligen Zusammenhang handele. Die Strafe sei gerade durch das schädigende Ereignis und somit der Verletzung der Nebenpflichten aus dem zwischen dem Zuschauer und dem Verein geschlossenen Zuschauervertrag verhängt worden und könne damit an den Schädiger weitergeleitet werden (BGH, Urt. v. 22.09.2016, Az. VII ZR 14/16).

Die Problematik für den randalierenden Fan ergibt sich nun insbesondere daraus, dass er nicht einschätzen kann, ob und welche Höhe eine Geldstrafe durch den DFB insgesamt haben wird. Je nach Anzahl der den Verein belastenden Vorstrafen und der Anzahl der beteiligten Täter könnte diesen seinen finanziellen Ruin bedeuten, wobei die Möglichkeit des internen Rückgriffs nach dem Gedanken des §§ 830, 840 BGB stets unsicher ist. Ob hingegen der DFB seine Strafgebung in Ansehung der aufgezeigten Rechtsprechung anpassen wird, erscheint in Bezug auf die gewollte Abschreckungswirkung der Strafen, gerade was die Höhe angeht, höchst fraglich.


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