Geld verspielt im Online Casino? Gericht lehnt Verjährung ab!

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Das Landgericht Koblenz hat in einem Urteil vom 24.07.2023, Aktenzeichen 1 O 224/22, über die Rückforderung von Verlusten entschieden, die eine Spielerin in den Jahren 2015 bis 2020 in einem Online-Casino erlitten hat. Die Beklagte, ein führender Online-Glücksspiel-Anbieter aus Malta, betreibt mehrere Online-Casino-Seiten und verfügt über eine Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von Malta. Allerdings hatte die Beklagte keine entsprechende Lizenz in Deutschland oder speziell im Bundesland Rheinland-Pfalz, wo die Klägerin wohnt, zum Zeitpunkt der umstrittenen Spieleinsätze. Die Internetseiten der Beklagten sind jedoch vollständig auf Deutsch verfasst, einschließlich der FAQ und der Geschäftsbedingungen.

Die Klägerin hatte im Zeitraum vom 27.12.2015 bis zum 02.12.2020 auf den Online-Casino-Seiten der Beklagten, unter Berücksichtigung von Gewinnen (Einzahlungen abzüglich Auszahlungen), insgesamt 632.250,00 € verloren. Die Klägerin argumentierte, dass aufgrund des damaligen gesetzlichen Verbots von Online-Glücksspielen, sie einen Anspruch auf Rückerstattung der getätigten Einsätze habe. Zudem behauptete sie, erst im Jahr 2022 erfahren zu haben, dass Online-Glücksspiele im fraglichen Zeitraum nicht erlaubt waren, weshalb mögliche Rückzahlungsansprüche nicht verjährt seien.

Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz gab der Klage in vollem Umfang statt. Die Klägerin wurde aufgrund fehlender Rechtsgrundlage zur Rückerstattung der verlorenen Spieleinsätze in Höhe von 632.250,00 € verurteilt. Der zwischen den Parteien geschlossene Online-Glücksspielvertrag wurde im fraglichen Zeitraum als gesetzeswidrig angesehen und daher für nichtig erklärt.

Es wurde festgestellt, dass die spätere gesetzliche Neuregelung im Jahr 2021, die die Möglichkeit zur Erlangung einer Erlaubnis für öffentliche Glücksspiele im Internet eröffnete, für diesen Fall nicht relevant war, da der Zeitpunkt der Vertragsabschlusses maßgeblich war. Die Beklagte konnte sich nicht auf § 762 BGB berufen, da dieser nur in Fällen greift, in denen die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird. Ebenso konnte die Beklagte nicht auf § 817 S. 2 BGB verweisen, da sie nicht nachweisen konnte, dass die Klägerin vorsätzlich gegen das Gesetz verstoßen hatte oder sich der Gesetzeswidrigkeit zumindest leichtfertig verschlossen hatte. Es wurde betont, dass ein bloßer objektiver Verstoß gegen das Verbotsgesetz nicht ausreicht.

Während der persönlichen Anhörung der Klägerin konnte die Kammer nicht feststellen, dass die Klägerin positive Kenntnis davon hatte, dass Online-Glücksspiele in Deutschland (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein) im fraglichen Zeitraum verboten waren. Die Klägerin konnte sich problemlos auf der deutschsprachigen Webseite der Beklagten registrieren und Zahlungen vornehmen, was die Situation weiter verkomplizierte. Zudem war nicht offensichtlich, dass die gleichen Glücksspiele, die in Spielhallen und Casinos erlaubt sind, einem Totalverbot unterliegen, wenn sie im Internet angeboten und beworben werden. Darüber hinaus verfügte die Beklagte über eine Lizenz in einem EU-Staat und bot ihre Dienstleistungen in Deutschland frei zugänglich an. Angesichts dieser Umstände konnte die Klägerin nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass das Online-Angebot aus dem europäischen Ausland verboten war.

Schließlich wurde festgestellt, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt waren, da die Beklagte nicht nachweisen konnte, dass die Klägerin vor dem Jahr 2022 Kenntnis von den Umständen hatte, die ihren Anspruch begründeten.

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Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de


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