Gesellschafterstreit in der GmbH - Strategien für Ausschluss, Kündigung und Abberufung

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Gesellschafterauseinandersetzungen in der GmbH führen oft zum zwangsweisen Ausschluss von Gesellschaftern oder streitigen Abberufungen von Geschäftsführern. Studien belegen, dass die Gesellschafter bei gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen hoch gerüstet gegeneinander vorgehen.

  1. Strategie für den Gesellschafterstreit: Planung und Selbsteinschätzung

Die Planung und Durchführung von Gesellschafterstreitigkeiten ist hochkomplex. Prozessführungen bei Gesellschafterstreitigkeiten sind oftmals von hoher Rechtsunsicherheit gekennzeichnet. Es gibt auch nur wenige Vorschriften im GmbH-Recht, die klare Vorgaben und damit die Rechtssicherheit bei der Prozessführung fördern (z.B. §§ 46 Nr. 8; 47 Abs. 4 S. 2; 61 GmbHG). Bei einer Gesellschafterauseinandersetzung ist jedoch nicht nur die rechtliche Seite von großer Bedeutung: Für die Planung von Angriffs- und Verteidigungsstrategien ist die genaue Kenntnis der bestehenden Beteiligungs- und Machtverhältnisse im Geschäftsführer- bzw. Gesellschafterkreis und operativen Umfeld erforderlich. Wichtig sind dabei insbesondere Informationen über Schwachstellen im Lager des Gegners und auf der eigenen Seite. Dabei spielt die nüchterne Selbsteinschätzung eine große Rolle. Immer wieder zeigt sich auch, dass die finanziellen Ressourcen aller am Streit Beteiligten von hoher strategischer Relevanz sein können.

  1. Steueroptimierung bei Gesellschafterstreitigkeiten

Ein Gesellschafterkonflikt wird zumeist auf dem Boden des Gesellschaftsrechts entschieden. Nicht selten lösen interessengesteuerte Zwangsmaßnahmen gegen die Gesellschaft oder Mitgesellschafter Steuern aus. Es müssen ertragsteuerliche, aber auch grunderwerbsteuerliche, umsatz- und schenkungsteuerliche Folgen bedacht werden. Steuerlasten können auf Gesellschafts-, Gesellschafter- und Geschäftsführerebene entstehen.

Wenn der Gesellschafterstreit Gestaltungsräume zulässt, sind steuerrechtliche Belastungen zu vermeiden. Der spezialisierte Steuerberater oder Steueranwalt ist gefragt und muss eine Steueroptimierungsplanung durchführen. Die Erfahrung zeigt, dass viele Gesellschafterstreitigkeiten im Ausschluss eines Gesellschafters enden oder zur Abberufung von unliebsamen Geschäftsführern führen. Wenn ein solcher „Exit“ am Ende eines Streits im Einvernehmen des gesamten Gesellschafterkreises erfolgen kann, spielen steueroptimierte Gestaltungen des Gesellschafter- oder Geschäftsführeraustritts immer eine wichtige Rolle. Gleiches gilt bei Aufteilungen, Ausgliederungen und Abspaltungen von Unternehmenseinheiten nach dem UmwG und UmwStG, wodurch Gesellschafterstämme getrennt werden können.

  1. Aktuelle Rechtsprechung des BGH zum Gesellschaftsrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in letzter Zeit gleich mehrere Entscheidungen getroffen, die den Gesellschafterstreit in der GmbH betreffen. Nachfolgend seien drei Entscheidungen hervorzuheben:

  • Durch jeden Gesellschafterausschluss im Wege der sog. Einziehung wird im ersten Schritt grundsätzlich die Vorschrift des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbH verletzt. In § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG wird das Konvergenzgebot geregelt. Konvergenzgebot bedeutet, dass die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile stets mit dem Stammkapital übereinstimmen muss. Nach Meinung vieler soll durch das 2008 erlassene Gesetz zur Modernisierung des GmbH Rechts (MoMiG) diese Diskrepanz verhindert werden. Das heißt, dass die Differenz, die durch die Einziehung, also Vernichtung der Geschäftsanteile, entsteht, von den Gesellschaftern zu schließen ist. Die Herstellung der Konvergenz stellt sich in der Praxis im Einzelfall als überaus schwierig heraus. Ein Verstoß gegen das Konvergenzgebot in § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG sollte nach Meinung einiger Gerichte sogar zur Nichtigkeit der Einziehung von Geschäftsanteilen führen. Der BGH hat nunmehr mit seinem Urteil vom 02.12.2014 (Az. II ZR 322/13) entschieden, dass die gesetzlich geforderten Konvergenz-Formalismen in § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses haben. Damit befreite der BGH insbesondere streitige Einziehungsbeschlüsse von unnötigen Formalismen und erleichterte damit den Ausschluss von Gesellschaftern aus einer GmbH.
  • Eine wichtige Entscheidung des BGH stellt sein Urteil vom 24.01.2012 (Az. II ZR 109/11) Das Gericht urteilte, dass ein Einziehungsbeschluss sofort und nicht erst mit Zahlung der Abfindung wirksam wird. Da sich die Zahlungen von Abfindungen nach Ausschlüssen aus Gesellschaften oftmals über Jahre hinziehen können (finanziert werden sie in der Praxis über Ratenzahlungen), sollte der Gesellschafterkreis nicht bis zur letzten Abfindungsratenzahlung mit dem unliebsamen Gesellschafter kooperieren müssen. Auf der anderen Seite schützt der BGH den von einer Zwangseinziehung betroffenen Gesellschafter insoweit, als die verbleibenden Gesellschafter persönlich haften, wenn das ungebundene Vermögen der GmbH nicht mehr zur Abfindungszahlung des ausgeschlossenen Gesellschafters ausreicht. Die weitreichenden Wirkungen dieser BGH-Entscheidung werden in der Praxis des corporate litigation kontrovers diskutiert.
  • Mit dem Urteil vom 20.01.2015 (Az. II ZR 369/13) hat der BGH entschieden, dass bei der Auseinandersetzung einer Gesellschaft eine Kundenschutzklausel und Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich nicht länger als zwei Jahre gelten dürfen. Der BGH entschied einen Fall, in dem die Klägerin versuchte, Vertragsstrafen geltend zu machen wegen Verletzung des vertraglichen Wettbewerbsverbots, das auf fünf Jahre angelegt war. Ein Mitarbeiter des Beklagten, dessen Handeln er sich zurechnen lassen muss, ist kurz vor Ablauf der fünf-Jahre-Frist mit Werbemaßnahmen an den geschützten Kundenkreis der Klägerin herangetreten. Die Klausel, mit der das fünfjährige Wettbewerbsverbot begründet wurde, wurde vom BGH jedoch für unwirksam erklärt: Die Klägerin hat laut BGH kein berechtigtes Interesse an einer Wettbewerbsbeschränkung über zwei Jahre hinaus.

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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