Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Gesetzesänderungen im Oktober 2022: 12 Euro Mindestlohn, neue Coronaregeln und mehr

  • 7 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Allgemeiner Mindestlohn steigt auf 12 Euro

Ab Oktober müssen Arbeitnehmer mindestens 12,00 Euro brutto pro Stunde erhalten. Das verlangt das Mindestlohngesetz.

Zu Jahresbeginn betrug der allgemeine Mindestlohn noch 9,82 Euro und stieg dann im Juli auf 10,45 Euro. Nach der nun im Oktober 2022 erfolgenden Mindestlohnerhöhung ist erst ab Januar 2024 mit einer erneuten Änderung zu rechnen. Entscheidend dafür ist der Vorschlag der Mindestlohnkommission.

Durch die Mindestlohnerhöhung gelten zudem neue Entgeltgrenzen, ab der in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannte Branchen die Arbeitszeiten von Mitarbeitern aufzeichnen müssen. Diese Pflicht besteht ab Oktober.

Minijob-Verdienstgrenze beträgt künftig 520 Euro

Die Verdienstgrenze für einen Minijob steigt ab Oktober von 450 Euro auf 520 Euro monatlich. Sie orientiert sich zudem künftig an der Höhe des Mindestlohns. Mit Blick auf die ab Oktober mindestens zu zahlenden 12,00 Euro brutto pro Zeitstunde darf ein Minijobber danach im Monat maximal 43,33 Stunden arbeiten. Bei einem höheren Stundenlohn sind es entsprechend weniger, bevor der auch als Geringfügigkeitsgrenze bezeichnete Betrag von 520 Euro erreicht wird.

Die Verdienstgrenze für einen Midijob erhöht sich ebenfalls ab Oktober auf 1.600 Euro. Wer monatlich nicht mehr als diesen Betrag aber mindestens 520,01 Euro verdient, muss anteilig als Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Dieser Arbeitnehmeranteil steigt im Vergleich zum Arbeitgeberanteil an. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen jedoch erst ab 1.600,01 Euro jeweils die Hälfte der Beiträge für Kranken-, Pflege, Renten- und Arbeitslosenversicherung zahlen.

Energieeinsparmaßnahmen für Private und Unternehmer

Ab Oktober verpflichtet eine weitere Energieeinspar-Verordnung zu Maßnahmen, die den Gasverbrauch verringern sollen (EnSimiMaV). Die Verordnung gilt zunächst für zwei Jahre. Sie richtet sich konkret an Immobilieneigentümer, Unternehmen und die öffentliche Hand, die mittelfristig wirkende Energieeinsparmaßnahmen treffen müssen.

Infolge Russlands Krieg gegen die Ukraine sind dessen Exporte fossiler Energieträger eingebrochen und die Preise dafür immens gestiegen. Mit Blick auf die unklare Entwicklung der Versorgungslage und des kommenden Winters sollen die vorhandenen Reserven möglichst lange ausreichen. Deutschland hat sich deshalb wie andere EU-Staaten im August verpflichtet, seinen Gasverbrauch zu verringern. Jedes EU-Land soll jährlich mindestens 15 Prozent weniger Gas verbrauchen als es im Durchschnitt der fünf Jahre zuvor der Fall war. Aufgrund der in Deutschland besonders hohen Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen beträgt das Einsparziel der Bundesregierung 20 Prozent.

Heizungsprüfung und Heizungsoptimierung

Eigentümer von Gebäuden mit einer erdgasbetriebenen Heizungsanlage und gegebenenfalls von ihnen beauftragte Immobilienverwalter müssen diese in den folgenden beiden Heizperioden zum Zweck der Energieeinsparung von fachkundigen Personen überprüfen lassen. Grundlage ist § 2 EnSimiMaV. Dieser verpflichtet unter anderem zur Prüfung energieeffizienter Heizungseinstellungen, eines erforderlichen hydraulischen Abgleichs, der Nutzung effizienter Heizungspumpen oder der sinnvollen Dämmung von Heizungsrohren und -armaturen.

Außerdem gelten Pflichten zur Absenkung der Vorlauftemperatur und weiterer konkret genannter Möglichkeiten wie Nachtabsenkung und niedriger eingestellter Warmwassertemperatur und Heizgrenztemperatur. Das Prüfergebnis muss in Textform dokumentiert sein. Optimierungen sind bis zum 15. September 2024 durchzuführen.

In Nichtwohngebäuden ab 1.000 qm beheizter Fläche und in Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten mit Gaszentralheizung muss diese bis zum 30. September 2023 und in Wohngebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten bis zum 15. September 2024 hydraulisch abgeglichen werden. Ist das für die aktuelle Heizung bereits geschehen oder erfolgt spätestens sechs Monate nach diesen Stichtagen ein Heizungstausch, eine umfangreiche Wärmedämmung oder die Gebäudestilllegung, entfällt die Pflicht.

Keine Prüfungspflicht besteht zudem für aufgrund eines Energie- oder Umweltmanagementsystems verwaltete Gebäude und solchen mit einer standardisierten Gebäudeautomation. Dasselbe gilt, wenn bereits eine vergleichbare Prüfung innerhalb von zwei Jahren vor Oktober 2022 erfolgt ist.

Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen

Unternehmen, die pro Jahr einen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 10 Gigawattstunden in den letzten drei Jahren hatten, müssen ab Oktober innerhalb von 18 Monaten folgende Schritte erfüllen: Zunächst müssen sie vollständig ihre wesentlichen Energieeffizienzmaßnahmen im Rahmen eines Energiaudits feststellen. Anschließend ist deren Wirtschaftlichkeit systematisch nach DIN EN 17463 zu bewerten. Danach gilt eine Maßnahme als wirtschaftlich, wenn sie nach maximal 20 Prozent ihrer Nutzungsdauer zu einem positiven Kapitalwert führt innerhalb eines Zeitraums von maximal 15 Jahren.

Die Unternehmen müssen daraufhin ausgewählte Maßnahmen umsetzen und aufgrund einer Nachweispflicht dokumentieren. Der Nachweis ist zudem erforderlich für den Erhalt künftiger Beihilfen.

Infektionsschutzgesetz ermöglicht neue Maßnahmen

Durch die in der kühleren Jahreshälfte zu erwartende Zunahme an Covid-19-Infektionen gelten vom 1. Oktober 2022 bis 7. April 2023 wieder mehr Infektionsschutzregeln als noch kürzlich im Sommer. Das entsprechend geänderte Infektionsschutzgesetz ermöglicht Folgendes:

Maskenpflichten und Testpflichten

Bundesweit gilt ab Oktober eine FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Personenfernverkehr mit Ausnahme des Flugverkehrs. Eine FFP2-Maske wird zudem Pflicht für den Aufenthalt in Arztpraxen, Krankenhäusern sowie weiteren Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen wie etwa Dialysezentren. In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gilt zudem wieder die Pflicht zur Vorlage eines aktuellen negativen Coronatestergebnisses zum Zutritt.

In Bussen und Bahnen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) können zudem die Bundesländer eine Maskenpflicht bestimmen. Dabei darf es sich jedoch auch um eine medizinische Maske handeln.

Darüber hinaus können die Bundesländer auf ihrem jeweiligen Gebiet zum Tragen entsprechender Masken in öffentlich zugänglichen Innenräumen verpflichten wie etwa in Behörden. Auch in Schulen – allerdings erst ab der 5. Klasse – können die Länder das Tragen medizinischer Masken verlangen. Vorrangig muss das zur Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts dienen. Zudem sind die Belange der Schüler besonders zu berücksichtigen. Generell kann ein Bundesland in Schulen und Kindertageseinrichtungen auch eine Testpflicht bestimmen.

Einem Bundesland ist es außerdem möglich, eine Maskenpflicht im Kultur- und Freizeitbereich zu regeln. Konkrete Beispiele dafür sind Sportveranstaltungen, Konzerte oder Restaurantbesuche. Zusätzlich muss dort das Betreten ohne Maske möglich sein bei Nachweis eines aktuellen negativen Coronatests oder einer in den letzten drei Monaten zuvor erfolgten Impfung bzw. Genesung.

Droht eine konkrete Gefahr für das Gesundheitssystem oder die kritische Infrastruktur eines Bundeslandes, kann die Testpflicht als Alternative zur Maskenpflicht entfallen. Zudem kann ein Bundesland die Maskenpflichten dann auch im Freien bestimmen, wenn lokal kein Mindestabstand von 1,5 Metern möglich ist.

Erste Bundesländer erarbeiten auf Basis der neuen Regeln bereits aktualisierte Corona-Verordnungen. So soll in Baden-Württemberg eine Verordnung ab 1. Oktober gelten. Strengere Regeln als bisher sollen jedoch erst gelten, falls die Infektionszahlen im Herbst oder im Winter steigern und sich die Lage verschlechtert.

Erleichterter Kurzarbeitergeldzugang verlängert

Neben Corona war die hohe Inflation ein weiterer Grund für die Bundesregierung, weshalb sie die Kurzarbeitergeldzugangsverordnung über September hinaus verlängert hat. Diese gilt nun bis Ende 2022. Ein noch zu verabschiedendes Gesetz soll die Bundesregierung zu weiteren Verordnungen über diesen Zeitraum hinaus ermächtigen.

Der wegen der Corona-Pandemie erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld soll den Erhalt von Arbeitsplätzen sichern. Infolgedessen genügt es, wenn bereits zehn Prozent der Beschäftigten eines Betriebs von einem Entgeltausfall betroffen sind. Beschäftigte müssen infolgedessen zudem zuvor keine Minusstunden aufbauen.

SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung gilt wieder

Mit Oktoberbeginn müssen Arbeitgeber wieder die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung beachten. Besonders achten müssen sie auf:

  • Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Meter
  • Kostenlose Masken für Mitarbeiter und Maskenpflicht, wenn Mindestabstand und anderen Schutzmaßnahmen unmöglich
  • Verminderung persönlicher Kontakte im Betrieb
  • Sicherstellung der Handhygiene
  • Regelmäßiges Lüften zur Infektionsrisikoverringerung
  • Husten und Niesen in Armbeuge zur Infektionsrisikosenkung
  • Ermöglichen von Homeoffice-Arbeit bei Fehlen betriebsbedingter Gründe
  • Regelmäßige und kostenlose Testangebote für Mitarbeiter im Betrieb
  • Impfmöglichkeiten während der Arbeitszeit und Unterstützung von Betriebsärzten
  • Gesundheitliche Aufklärung bei Covid-19-Erkrankung und Schutzimpfungen

Corona-Einreiseverordnung tritt außer Kraft

Die Corona-Einreiseverordnung läuft Ende September aus und tritt außer Kraft. Zuletzt hatte die Bundesregierung die Verordnung wegen der noch laufenden Urlaubssaison nochmals für den Monat September verlängert.

Die Einreiseverordnung bestimmte insbesondere Anmelde-, Nachweis- und Quarantänepflichten. Seit Juni 2022 galt das jedoch nur noch bei der Einreise nach Deutschland aus einem Virusvariantengebiet. Kein Land und keine Region sind seitdem als solches ausgewiesen geworden.

Pauschale für Covid-19-Arzneimittel entfällt

Großhändler, Apotheker und Ärzte erhielten für ihren Mehraufwand bei der Abgabe antiviraler Covid-Arzneimittel eine pauschale Vergütung von bis zu 30 Euro pro abgegebener Packung. Ab Oktober tritt die zugrundeliegende Regelung außer Kraft, weshalb die Aufwandspauschale entfällt. Entsprechende Vergütungen sind bis Ende Oktober 2022 abzurechnen.

Fingerabdruckerfassung von Nicht-EU-Bürgern

Im Oktober treten Änderungen der Strafprozessordnung und des Bundeszentralregistergesetzes in Kraft. Diese stehen im Zusammenhang mit dem Europäischen Strafregisterinformationssystem (ECRIS) der EU.

Grund für die Änderung ist die Ende 2022 geplante Inbetriebnahme von ECRIS-TCN. TCN steht dabei für „Third Country National“. Dementsprechend handelt es sich um eine spezielle Datenbank mit Daten von Drittstaatsangehörige und Staatenlose: Personen also, die keine Staatsangehörigen eines EU-Staates besitzen. Über diese Datenbank soll sich jeder EU-Staat über Verurteilungen entsprechender Personen in anderen EU-Staaten informieren können. Genau regelt das für deutsche Behörden das Bundeszentralregistergesetz.

Allerdings müssen entsprechende Informationen auch in ECRIS-TCN gelangen. Dem soll die Ergänzung des § 81b Strafprozessordnung mit vier neuen Absätzen dienen. Diese bestimmen detailliert, wann zu diesem Zweck Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen Fingerabdrücke auch gegen deren Willen abgenommen werden dürfen. Geregelt ist auch, wie das zuständige Bundeskriminalamt (BKA) die gewonnenen Daten verarbeiten darf und wann dies unzulässig ist.

(GUE)

Foto(s): ©Pixabay/goumbik

Artikel teilen:


Beiträge zum Thema