Gesetzlicher Mindestlohn für Bereitschaftszeiten

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Sachverhalt

Der Kläger ist als Rettungsassistent im Rahmen einer vier-Tage-Woche in Zwölf-Stunden-Schichten durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden nach dem Arbeitsvertrag der Parteien die tarifvertraglichen Regelungen des TVöD. Die tarifliche Wochenarbeitszeit beträgt nach § 61 Abs. 1 TVöD-V regelmäßig 39 Stunden. Für Tätigkeiten im Rettungsdienst enthält der Abschnitt B des Anhangs zu § 9 TVöD-V Sonderregelungen für Bereitschaftszeiten. Danach beträgt die zulässige tägliche Höchstarbeitszeit 12 Stunden zzgl. der gesetzlichen Pausen. § 3 Abs. 1 des Arbeitsvertrags bestimmt zudem: „Bei Beschäftigten im Rettungsdienst fallen regelmäßig und im nicht unerheblichen Umfang Bereitschaftszeiten an. Aus diesem Grunde wird die wöchentliche Arbeitszeit unter Anwendung der Sonderregelung im Anhang zu § 9 TVöD auf durchschnittlich 48 Stunden gesetzt.“

Das Bruttomonatsgehalt des Klägers beläuft sich auf 2.680,00 €, nebst Zulagen. Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte vergüte Bereitschaftszeiten nicht mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Er begehrt weitere ca. 1.300,00 € – da er bis zu 30 Stunden Vollarbeit schuldet, entfielen, so trägt der Kläger vor, 30/39 seines Regelentgelts auf Vollarbeitszeit und 9/39 auf Bereitschaftszeiten von 18 Stunden pro Woche. Entweder würden von insgesamt 18 Bereitschaftsstunden/Woche nur 9 bezahlt oder diese würden mit dem Rest des Regelentgelts von 618,53 € entgolten, was 7,90 € pro Stunde entsprechen würde. Durch das Inkrafttreten des MiLoG (Mindestlohngesetz) sei die arbeitsvertraglich einbezogene tarifliche Vergütungsregelung unwirksam geworden. Deshalb stehe ihm die übliche Vergütung von 15,81 € Brutto je Arbeitsstunde zu. Die Klage blieb erfolglos.

Der 5. Senat des BAG (Bundesarbeitsgerichts) hat die zugelassene Revision des Klägers zurückgewiesen

Das Bundesarbeitsgericht hat Folgendes entschieden: Dem Kläger stehe für seine geleisteten Bereitschaftszeiten keine weitere Vergütung zu. Zwar sei Bereitschaftszeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten, der Anspruch des Klägers hierauf sei aber erfüllt. Bei maximal 228 Arbeitsstunden, die der Kläger mit Vollarbeit und Bereitschaftszeiten in einem Monat tatsächlich leisten könne, erreiche die gezahlte Monatsvergütung den gesetzlichen Mindestlohn. Berechnet wurde: 228 Stunden zu 8,50 € = 1.938,00 € brutto monatlich. Damit wurde der gesetzliche Mindestlohn nicht nur erreicht, sondern er wurde sogar überstiegen. Einen Anspruch auf weitere Vergütung bestehe nicht. Die arbeitsvertraglich einbezogene tarifliche Vergütungsregelung sei nicht wegen des Inkrafttretens des MiLoG (Mindestlohngesetz) unwirksam geworden.

Wenig überraschend ist, dass der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Bereitschaftszeit als Arbeitszeit im Sinne des Mindestlohngesetzes qualifiziert.

Wenn ein Brutto-Monatsentgelt vereinbart wird, ist die Vergütung je Stunde am Brutto-Monatsentgelt zu messen. Es kann also nicht darauf ankommen, dass jede einzelne Bereitschaftsstunde mit 8,50 € vergütet wird; vielmehr reicht es aus, wenn der Durchschnitt aus monatlichem Bruttoentgelt und den vertraglich geschuldeten bzw. tatsächlich geleisteten Stunden im Ergebnis 8,50 €/Stunde erreicht. Die Bereitschaftszeiten sind also mit der regelmäßigen Vergütung bereits abgegolten. Die innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit liegenden Bereitschaftszeiten werden also nicht unentgeltlich erbracht, sondern stehen zusammen mit der Vollarbeit in einem synallagmatischen Verhältnis zur Vergütung. Die tarifvertraglichen Regelungen unterscheiden nicht bei der Vergütung zwischen Vollarbeitszeit und Bereitschaftszeit.

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