Gewährleistung – Mangel oder Verschleiß?

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Viele, die bereits einmal gegen einen Kfz-Händler Gewährleistungsansprüche geltend gemacht haben, werden sicher schon von dem oft bemühten Einwand gehört haben, es handele sich nicht um einen Sachmangel, weil die Erscheinung „gewöhnlicher, alters- oder laufleistungsbedingter Verschleiß sei". Doch wie ist eine solche Behauptung zu prüfen oder mit ihr umzugehen?

1. Ein Mangel liegt grob gesagt immer dann vor, wenn die Ist-Beschaffenheit des PKW von der Soll-Beschaffenheit in negativer Hinsicht abweicht, also der PKW kurz gesagt nicht dem entspricht, wie es vertraglich vereinbart war.

Ausgangspunkt jeder Überlegung muss daher sein, in welchem Zustand sich der PKW bei Verkauf befinden sollte. Ein Blick in den Vertrag bringt hier nur selten Klarheit, da oftmals keine konkreten Regelungen hierzu enthalten sind. Das Gesetz hilft dann weiter, §434 BGB: Ist keine konkrete Beschaffenheit vereinbart, ist die Sache frei von Sachmängeln,

1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst

2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Das ist dann gerade das „Einfallstor" des Händlers, das Argument des Verschleißes anzubringen, denn bei einem Fahrzeug von mittlerem Alter, bspw. 10 Jahre und einer hohen Laufleistung von zum Beispiel 240.000 km kann durchaus ein Defekt an der Hinterradaufhängung eine Verschleißerscheinung und damit kein Mangel sein, weil dieser Defekt der Üblichkeit eines so alten und viel gefahrenen PKWs entspricht.

Es existieren Listen, insbesondere des ADAC, die eine Sammlung von Urteilen enthalten, die sich zur Verschleiß- oder Mangeleigenschaft äußern. Hilfreich ist auch eine gewisse fachtechnische Kenntnis des Anwalts. Ansonsten hilft nur die Bewertung durch einen Sachverständigen, dessen Kosten im Regelfall von einer Rechtsschutzversicherung abgedeckt sind.

Besonders relevant ist die Unterscheidung hier immer bei Fahrzeugteilen wie dem Turbolader oder dem Rußpartikelfilter. Gerade beim Rußpartikelfilter kommt es entscheidend darauf an, ob es sich um einen Filter handelt, der sich nicht regeneriert und daher zwingend irgendwann zu tauschen ist, oder ob es sich um einen regenerativen Filter handelt, der Partikel teilweise „verbrennen" kann und so auf das Lebensalter eines PKW angelegt ist. Wichtig ist dann, worin der Mangel liegt, ist der Filter beispielsweise schlicht „voll" kann es sich um Verschleiß handeln, wohingegen ein Fehler im System der Regeneration eher einen Sachmangel darstellt.

Hierbei hat der BGH bereits entschieden, dass allein die Tatsache, dass ein Filtersystem regeneriert werden muss, also ein „Freifahren" notwendig ist, um das System funktionstüchtig zu erhalten, keinen Mangel darstellt. Es ist daher Sache des Käufers, diese Regenerationsfahrten auch durchzuführen, vgl. OLG Hamm -I-2-U-194/08-, Urteil vom 19.03.2009; BGH 4.3.2009 VIII ZR 160/08.

2. Zu beachten ist, dass vorzeitiger Verschleiß allerdings einen Sachmangel begründen kann, denn vorzeitiger Verschleiß entspricht wieder nicht der Üblichkeit.

3. Bedeutender ist aber der Blick in die Vertragsurkunde, wenn der Verkäufer konkrete Beschaffenheitsangaben zum Zustand von verschleißgeeigneten Teilen, wie Bremse, Turbolader, Auspuff etc. abgibt, haftet er auch für den angegebenen Zustand dieser Teile bei der Übergabe. Wenn also ein bestimmer Verschleißgrad zum Zeitpunkt der Übergabe angegeben wird, bspw. Bremse habe noch ca. 50%, sich aber dann herausstellt, dass die Bremse bei Übergabe schon komplett verschlissen war, haftet der Verkäufer auf sein getätigte Angabe.

4. Schließlich hat der Umstand, dass bei gewissen Fahrzeugteilen naturgemäß ein Verschleiß eintritt (z.B. bei Bremsen, Reifen, Leuchtmitteln) auch noch eine weitere erhebliche Bedeutung:

Handelt es sich um einen PKW Kauf einer Privatperson von einem Unternehmer, kommt dem Käufer während der ersten 6 Monate nach Übergabe eine Vermutungswirkung aus §476 BGB zu Gute. Das heißt: Kann der Käufer einen Mangel darlegen und beweisen, der innerhalb der ersten 6 Monate nach Übergabe aufgetreten ist, vermutet das Gesetz zu Lasten des Verkäufers, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe vorhanden (oder angelegt) war, so dass der Verkäufer nach den Gewährleistungsregeln zu haften hat.

Allerdings ist nach herrschender Rechtsprechung diese Vermutung nicht anwendbar, wenn das betroffene Fahrzeugteil einem gewöhnlichen Verschleißprozess unterliegt. Das heißt, auch wenn es sich nicht um einen Fall klassischen Verschleißes handelt und damit auch ein Mangel gegeben sein kann, müsste der Käufer voll darlegen und beweisen, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe vorhanden war und nicht erst später aufgetreten ist.

Gerade im Falle des Rußpartikelfilters erschwert das die Beweisführung unter Umständen erheblich, denn der Käufer muss dann auch darlegen, dass er die ggf. notwendigen Regenerationsfahrten durchgeführt hat.

Unser Tipp daher:

Kommt es Ihnen entscheidend auf den „Verschleißzustand" bestimmter Teile an, sollten Sie den Verkäufer um Prüfung und Aufnahme des Zustands in die Vertragsurkunde bitten.

Der Verkäufer sollte Sie bei einem Fahrzeug mit Dieselpartikelfilter möglichst beweissicher aufklären, um was für ein System es sich handelt, ob es auf Lebensdauer angelegt ist, etc.

Als Verkäufer sollten Sie bei Angaben zum Zustand der Verschleißteile vorsichtig sein und hier nur solche Angaben machen, die durch eine Untersuchung auch bestätigt sind.

Wir beraten Sie gerne.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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