Haftung des Architekten

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Wofür haftet der Architekt? Er muss nicht ständig auf der Baustelle sein und ist selbst nur überwachend tätig. Tritt ein Mangel ein, stellt sich die Frage der Haftung, denn ein Architekt verfügt über eine Haftpflichtversicherung, während dem Bauherren bei einem Handwerker ein Insolvenzrisiko droht.

Die Haftung des Architekten wegen mangelhafter "Objektüberwachung" richtet sich nach den im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen und umfasst vor allem das Überwachen der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und dem Leistungsverzeichnis, den Regeln der Baukunst und Technik und den einschlägigen Vorschriften. Weil es eben auf die getroffenen Vereinbarungen – auch – ankommt, ist es umso wichtiger, wenn ein vernünftiger Architektenvertrag geschlossen wird.

Es hat sich ein Flut von Rechtsprechung herausgebildet, die stichpunktartig dargestellt sei:

Grundsätzlich gilt, dass besonders schadensträchtige Gewerke zu den Bauteilen gehören, die eine gesteigerte Bauüberwachungspflicht begründen (BGH, IBR 2001, 69). Das ist aber nicht alles: Der Architekt muss selbst einfachere Arbeiten und das Material stichprobenartig überprüfen. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die typischerweise entdeckt werden mussten, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten. ( OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.11.2012 - 23 U 156/11 )

Wird die Planung durch handschriftliche Abänderungen des LV durch den Erdbauunternehmer geändert, muss der Architekt indes erst recht sicherstellen, dass sie bei der Bauwerkserrichtung auch tatsächlich umgesetzt wird (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 07.04.1992, 26 U 121/91) Auch die erkennbare Unzuverlässigkeit oder technische Schwächen eines Werkunternehmers erfordert eine erhöhter Anforderungen an die Bauüberwachungspflicht des Architekten ( OLG Düsseldorf, aaO).

Bei Arbeiten im Zusammenhang mit dem Bodenaustausch handelt es sich um gefahrträchtige Arbeiten, die besonders überwacht werden müssen. Liegt ein Bodengutachten vor und wird dieses geändert ist dies ebenfalls der Fall (OLG Düsseldorf, Urt. 6.11.12).

Besonders zu überwachen sind insbesondere schwierige oder gefahrenträchtige Arbeiten, typische Gefahrenquellen und kritische Bauabschnitte, wozu Betonierungs- und Bewehrungsarbeiten, Ausschachtungs- und Unterfangungsarbeiten sowie vergleichbare Arbeiten gehören. Solche Arbeiten müssen in besonderer, gesteigerter Weise vom Architekten beobachtet und überprüft werden (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.2000, VII ZR 82/98). Das gilt auch für Isolationsarbeiten (LG Düsseldorf, Urteil vom 11.07.2012 - 9 O 184/06), Abdichtungsarbeiten (OLG Koblenz, Urteil vom 28.03.2013 - 1 U 295/12 ), Dachabdichtung (OLG Koblenz, Urteil vom 13.06.2012 - 5 U 1232/11), Wärmedämmung (OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2013 - 12 U 122/12), Dampfsperrbahnen (OLG Köln, Urteil vom 13.03.2013 - 16 U 123/12), Fensterbauarbeiten (OLG Brandenburg, Urteil vom 18.03.2009 - 3 U 71/08 u. OLG Celle), Putz bei Sanierungsarbeiten (OLG Dresden, Urteil vom 01.07.2008 - 10 U 736/07).

Der mit der Objektüberwachung beauftragte Architekt hat gesteigerte Überwachungspflichten im Bereich der Trittschalldämmung und des Brandschutzes (KG, Urteil vom 06.01.2005 - 27 U 267/03).

Die Verlegung von Natursteinfliesen im Dickbettmörtel ist besonders mangelträchtig, weil etwaige Mängel kaum nachbesserungsfähig sind (OLG Köln, Urteil vom 30.06.2009 - 3 U 21/07).

Eine gesteigerte Überwachungspflicht des Architekten besteht auch dann, wenn die Fliesen durch eine ausländische Verlegerkolonne verarbeitet werden, da diese für eine gegebenenfalls erforderliche Nachbesserung nicht sofort zur Verfügung steht (OLG Köln, Urteil vom 30.06.2009 - 3 U 21/07).

Nachbesserungsarbeiten müssen besonders gezielt überwacht werden (OLG Celle, Urteil vom 04.10.2012 - 13 U 234/11). Das gleiche gilt für Sanierungsarbeiten, da diese im Allgemeinen besonders fehlerträchtig sind (OLG Brandenburg, Urteil vom 18.03.2009 - 3 U 71/08).

Der Architekt muss den Auftraggeber darüber aufklären, dass er die Ausführung von überwachungspflichtigen Bauleistungen vertragswidrig nicht kontrolliert hat. Unterlässt er dies, verschweigt er einen Mangel seines Werks arglistig (OLG Koblenz, Urteil vom 28.03.2013).

Ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt verschweigt einen Mangel seiner Leistung arglistig, wenn er bei Abnahme des Werks nicht offenbart, dass er entweder überhaupt keine Bauüberwachung vorgenommen oder auch nur einzelne der überwachungspflichtigen Werke nicht überwacht hat ( OLG Naumburg, Urteil vom 20.06.2013 - 1 U 91/12). Dieses führt dann ggfs. zu anderen Verjährungsfristen.

Für weitere Auskünfte stehen wir gerne zur Verfügung.

Joachim Germer

Rechtsanwalt u. Fachanwalt f. Bau - u. Architektenrecht


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