Haftung des Liquidators gem. § 64 GmbHG - Haftungsfalle bei bilanzieller Überschuldung

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Die Haftung des Geschäftsführers gem. § 64 GmbHG in der Insolvenz der Gesellschaft bemisst sich danach, wann die materielle Insolvenz eingetreten ist und ob danach die Verfügung zu einer Minderung der (zukünftigen) Insolvenzmasse geführt hat. Letzteres steht also immer im Zusammenhang mit der Frage, ob die Verfügung (z. B. die Bezahlung einer Lieferung) noch mit der Sorgfal eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar war.

Insolvenzgründe einer materiellen Insolvenz können bei juristischen Personen nur die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung sein. Die Gründe können alternativ aber auch kumulativ vorliegen.

Wenig bekannt ist, dass die identischen Pflichten zur Anmeldung einer Insolvenz auch im Fall der Liquidation gelten. Der Liquidator ist genau identisch wie der Geschäftsführer zur Stellung eines Insolvenzantrags gem. § 15a InsO verpflichtet. Allerdings wird hierbei oft eine missliche Haftungsfalle übersehen: 

Regelmäßig berücksichtigen die Liqidatoren ihre Antragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig. Hinsichtlich der Überschuldung wird aber nach unserer Beobachtung oft und fälschlicherweise gemeint, darauf käme es bei der Liquidation nicht (mehr) an, sofern die fälligen Verbindlichkeiten bezahlt werden können.

Beschließt die Gesellschafterversammlung die Liquidation der Gesellschaft, kann der Liquidator sich bei einer handelsrechtlichen bzw. insolvenzrechtlichen Überschuldung gerade nicht auf eine positive Fortführungsprognose berufen, da diese schon logisch die Fortführung der Geschäfte beinhaltet und von einem Fortführungswille getragen sein muss. Beides ist in der Liquidation ohne einen sogenannten Fortsetzungsbeschluss nicht gegeben. Dieser Fortführungsbeschluss würde dann dazu führen, dass die Liquidation abgebrochen wird und wieder die werbende Gesellschaft ihre Tätigkeit am Markt fortführt.

Wir hatten in unserer Praxis eine Liquidationsgesellschaft, deren Liquidator - ein Wirtschaftsprüfer(!) - für die Liquidation bei handelsrechtlicher und insolvenzrechtlicher Überschuldung irrigerweise von einer positiven Fortführungsprognose ausgegangen war. Nach einem dreiviertel Jahr dämmerte ihm, dass er die Liquidation nicht ohne Unterbilanz würde abschließen können. Die Folge war, dass er für alle Verfügungen im Rahmen der Liquidation persönlich haftete, da von Anfang an in der Liquidation die Überschuldung bilanziell vorlag und in der Liquidation keine positive Fortführungsprognose mehr  aufgestellt werden kann. 

Wichtig ist, dass diese Prinzipien auch bei einer sogenannten "kalten Liquidation" gelten, in der gerade kein förmlicher Beschluss zur Liquidation gefasst und in das Handelsregister eingetragen wurde, wenn sich aber aus den äußeren Umständen ergibt, dass der Geschäftsbetrieb abgewickelt und die Gesellschaft aufgelöst werden soll.



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