Inflation: Alles wird teurer, Wohnkosten steigen. Folgen für den Selbstbehalt und Unterhaltsansprüche.

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Die Inflationsrate in Deutschland betrug zuletzt +8,7 % und ist damit so hoch wie seit 1973 nicht mehr. Die Inflation und die allgemeine globalen Lage wirken sich auch auf die Energiepreise aus, die im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar um 19,1 % gestiegen sind. Die Nebenkosten explodieren förmlich.

Die Sätze der Düsseldorfer Tabelle, mithin die Unterhaltsbeträge, wurden zum 1. Januar 2023 ebenfalls erhöht.

Wenn alles teurer wird, aber die monatlichen Einkünfte nicht steigen, fragen sich viele Unterhaltspflichtige, wie sie weiterhin die monatlichen Unterhaltszahlungen tätigen können.

In der neuen Düsseldorfer Tabelle wurde dieser Problematik bereits insoweit Rechnung getragen, als dass der notwendige und der angemessene Selbstbehalt, also der Betrag, den der Unterhaltsschuldner benötigt, um seinen eigenen Unterhaltsbedarf zu bestreiten, erhöht worden sind:

Gegenüber den Ansprüchen minderjähriger Kinder und volljähriger unverheirateter Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, beträgt der notwendige Selbstbehalt des nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen seit dem 01.01.2023  1.120 EUR (bis zum 31.12.2022 waren es 960 EUR) und des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.370 EUR (bis zum 31.12.2022 waren es 1.160 EUR). Der notwendige Selbstbehalt, welcher seit dem 01.01.2023 gilt, beinhaltet Wohnkosten (Warmmiete) in Höhe von 520  EUR (bis 31.12.2022 waren es 430 EUR). Bei der Bemessung des notwendigen Selbstbehalts wurde ein Bedarfssatz von 502 EUR entsprechend dem Bürgergeld berücksichtigt.

Der angemessene Selbstbehalt gegenüber sonstigen Ansprüchen auf Kindesunterhalt beträgt seit dem 01.01. 2023 1.650 EUR (2022: 1.400 EUR), § 1603 Abs. 1 BGB.

Im angemessenen Selbstbehalt ab 01.01.2023  in Höhe von 1.650 EUR sind Wohnkosten in Höhe von 650 EUR (Warmmiete) enthalten. Doch auch dieser Betrag unterschreitet oftmals nicht unerheblich die tatsächlichen monatlichen Wohnkosten der Unterhaltspflichtigen.

Es stellt sich also die Frage, ob höhere tatsächliche Wohnkosten sich auf den Selbstbehalt auswirken. Sofern die Wohnkosten diesen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind, kann der Selbstbehalt erhöht werden. Im Einzelfall ist dann zu prüfen, ob die Wohnkosten angemessen sind. Dabei trifft den Unterhaltspflichtigen eine Obliegenheit, diese Wohnkosten zu reduzieren oder mögliche zumutbare Einkommensquellen (wie z.B. Wohngeld beantragen) zu generieren.

Dies verdeutlicht, dass sich höhere tatsächliche Wohnkosten nur dann in der Unterhaltsberechnung auswirken, wenn ein Mangelfall vorliegt, also der Selbstbehalt unterschritten wird. Sofern kein Mangelfall vorliegt, rechtfertigen höherer Mietkosten keine Unterhaltskürzung. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Mietaufwand einen allgemeinen Lebensbedarf darstellt, welchen der Unterhaltspflichtige aus den ihm nach der Unterhaltszahlung verbleibenden Einkünften zu bestreiten hat.

Ob der Mindestbedarf zum 01.01.2024 und auch der Selbstbehalt erneut steigen, ist noch nicht absehbar. Dies hängt unter anderem von der Entwicklung der Bedarfssätze nach dem Bürgergeld und der Wohnkosten ab. Sofern die Inflation weiter in dem gegenwärtigen Maße anhält und die Nebenkosten weiter steigen, ist eine erneute Erhöhung durchaus nicht auszuschließen.

Unterhaltspflichtige, die aufgrund der gestiegenen Wohnkosten nunmehr ggf. im Bereich des Mangelfalls liegen, sollten die zu zahlenden Unterhaltsbeträge im Hinblick auf den Selbstbehalt neu prüfen und berechnen lassen. 

Sofern der Unterhalt tituliert wurde z.B. durch eine Jugendamtsurkunde, sollte der Unterhaltspflichtige den Zahlbetrag nicht einfach reduzieren, da aus dem Titel vollstreckt werden kann. Sofern der Unterhaltsberechtigte außergerichtlich nicht die Reduzierung akzeptiert und schriftlich erklärt, dass aufgrund des Mangelfalls nicht der volle titulierte Unterhalt geschuldet ist, müsste ein Abänderungsantrag beim Familiengericht gestellt werden.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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