Insolvenz: Gehalt? Kündigung? Was wird aus meinem Arbeitsplatz?

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Das Insolvenzverfahren des Arbeitgebers wurde eröffnet. Wie wirkt sich dieses Verfahren auf das Arbeitsverhältnis aus? Werden nun alle Mitarbeiter arbeitslos? Oder nur Teile der Beschäftigten? Wem wird gekündigt, wer erhält keine Kündigung? Und was ist mit dem Lohn?

Alle diese Fragen stellen sich, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens des Arbeitgebers erfolgt. Zunächst bleibt bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das bisherige Arbeitsverhältnis normalerweise bestehen. Das Insolvenzgericht wird vermutlich einen Insolvenzverwalter bestellen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen einem sogenannten starken vorläufigen und einem sogenannten schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter. Zu differenzieren ist zwischen den beiden insofern, als nur der starke vorläufige Insolvenzverwalter das Recht hat, Kündigungen auszusprechen. Der schwache vorläufige Insolvenzverwalter tritt, anders als der starke vorläufige Insolvenzverwalter, gerade nicht in die Rechtsstellung als Arbeitgeber ein. Folglich stehen ihm auch nicht dessen Befugnisse zu. Aber auch der starke vorläufige Insolvenzverwalter kann nicht einfach wahllos Arbeitsverträge der Arbeitnehmer kündigen, weil auch bei Insolvenz das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Mithin sind die Vorschriften nach dem Kündigungsschutzgesetz zu beachten. Die Insolvenz an sich stellt noch keinen Kündigungsgrund dar.

Allerdings gibt es spezielle Regeln bei Insolvenzen, die von den sonstigen Vorschriften, die für die Kündigung gelten, abweichen. Anders als bei einer „regulären“ Kündigung gilt eine kürzere Kündigungsfrist. Diese beträgt maximal 3 Monate zum Monatsende, auch wenn individualvertragliche oder tarifvertragliche Vorschriften etwas anderes vorsehen. Diese gelten dann nicht mehr. Jedoch gilt auch im Rahmen einer Insolvenz, dass der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen gerichtlich geltend machen muss, dass die Kündigung unwirksam ist. Bei einer derartigen Klage prüft dann das Gericht, ob die Kündigung wirksam ist oder der Mitarbeiter weiter beschäftigt werden muss.

Bei einem Betriebsübergang im Insolvenzverfahren ist die Weiterbeschäftigung vorerst gesichert. Handelt es sich aber gerade nicht um einen Betriebsübergang, so muss das Gericht prüfen, ob die Kündigung aufgrund betriebsbedingter Gründe rechtmäßig ist. Das Gericht prüft zunächst, ob eine ordnungsgemäße Sozialauswahl stattgefunden hat. Dies ist immer dann entscheidend, wenn nicht sämtliche Arbeitsplätze wegfallen, sodass die Möglichkeit bestehen könnte, den Mitarbeiter weiter zu beschäftigen und dafür einen anderen Arbeitnehmer zu entlassen. Außerdem muss feststehen, dass es sich nicht nur um einen vorübergehenden Auftragsrückgang gehandelt hat, sondern der Arbeitsplatz dauerhaft aufgrund mangelnder Aufträge wegfällt. Ferner darf auch nicht die Möglichkeit bestehen, den Mitarbeiter auf einer anderen Stelle im Unternehmen weiterhin zu beschäftigen.

Gibt es einen Betriebsrat, so kann der Insolvenzverwalter mit ihm zusammen einen Interessenausgleich mit einer Namensliste der Arbeitnehmer, die gekündigt werden sollen, erstellen. Ist eine solche Namensliste vorhanden, wird zugunsten des Arbeitgebers davon ausgegangen, dass die erfolgten Kündigungen aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse erfolgen mussten und somit rechtmäßig sind. Das Gericht prüft dann nur noch, ob auch keine groben Fehler bei der Erstellung dieser Liste gemacht worden sind.

Des Weiteren muss der Arbeitgeber bzw. Insolvenzverwalter bei einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern, denen gekündigt werden soll, eine sogenannte Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit vornehmen. Unterlässt er diese, so sind die Kündigungen unwirksam.

Was geschieht mit Lohnansprüchen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung? Bei nicht bezahlten Gehältern vor der Insolvenzeröffnung müssen diese zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Sind auch Lohnansprüche nach Insolvenzeröffnung gesichert? Diese Ansprüche sind sog. Masseverbindlichkeiten, die nicht zur Tabelle angemeldet werden müssen. Sie müssen in vollem Umfang vorab aus der Masse erfüllt werden. Erst dann, wenn alle Massegläubiger ihr Geld erhalten haben, ist eine anteilige Erfüllung der Insolvenzforderung vorzunehmen. Folglich sind offene Lohnforderungen für die Zeit vor Insolvenzeröffnung nahezu wertlos, da sie nicht abgesichert sind, allerdings laufende neu entstehende Forderung für die Zeit nach Insolvenzeröffnung sind, vorausgesetzt dass ausreichend Masse vorhanden ist, abgesichert und müssen in der Regel bezahlt werden, weil es sich um eine neue Masseverbindlichkeit handelt. Problematisch ist, wenn ein Arbeitnehmer von seiner Arbeitsleistung im Rahmen einer Kündigung freigestellt wird. Dann handelt es sich bei den Gehaltsforderungen um alte Masseverbindlichkeiten mit der Folge, dass sie auf anteilige Erfüllung aus der noch verbleibenden Masse beschränkt sind.

Wie soll man sich denn nun verhalten, wenn der Arbeitgeber insolvent ist? Eine allgemeine Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Jeder Fall ist anders zu bewerten und jeder Arbeitnehmer sollte sich daher individuellen Rechtsrat bei einem Rechtsanwalt einholen. Ich berate sie gern.


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