Irrtümer über Immobilieneigentum

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Es macht einen Unterschied, ob Sie ein freistehendes Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung bzw. Teile einer Immobilie (Doppelhaushälfte) kaufen. Drastisch formuliert, stellt die Eigentumswohnung Immobilieneigentum zweiter Klasse dar. 

Wohnungseigentum: endlich „Herr im eigenen Haus“

Falsch. Da Sie sich in eine Eigentümergemeinschaft einkaufen, werden Sie Mitglied einer Gemeinschaft mit Rechten und Pflichten. Sie müssen vor dem Kauf nicht nur die Wohnung, sondern auch das Haus und die Umgebung in Augenschein nehmen. Wichtig ist, ob die Eigentümergemeinschaft zerstritten ist oder nicht, was Sie aus Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft (Protokolle der Eigentümerversammlung) herauslesen können. Dies kann auch für Vermietung oder spätere Veräußerung wichtig sein.

Sanierungskosten gelten nur für meine Wohnung

Für Mängel des Hauses müssen Sie u. U. anteilig aufkommen. Wichtig: Die Gemeinschaftsordnung. Diese regelt im deutschen Wohnungseigentumsrecht Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Die Gemeinschaftsordnung gehört zum Kaufvertrag. Die Gemeinschaftsordnung wird als Vereinbarung über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zum Inhalt des Sondereigentums gemacht (§ 5, Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 10, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz, WEG). Das hat zur Folge, dass diese Regeln fest mit dem Wohnungseigentum verbunden sind und auch für jeden Rechtsnachfolger gelten und somit verdinglicht sind. Auch die Verwaltung kann durch die Gemeinschaftsordnung geregelt werden, sowie die Höhe des Hausgeldes, ein Wirtschaftsplan oder Rücklagenbildung für Instandhaltungen.

Die Gemeinschaftsordnung wird oft mit in die Teilungserklärungsurkunde (§ 8, Abs. 1 WEG) aufgenommen, so dass diese oft auch als Teilungserklärung bezeichnet wird. Mit der Teilungserklärung wird das Wohnungseigentum begründet, mit der Gemeinschaftsordnung wird das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander ausgestaltet. 

Wer z. B. für Sanierungskosten in welcher Höhe aufkommt, bestimmt sich nach Gemeinschafts- und SondereigentumDiese regeln Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung. 

Mit der Zahlung des Kaufpreises ist alles erledigt

Leider ist dem nicht so. Für Sanierungen oder Instandsetzungen können die Eigentümer über Sonderumlagen beteiligt werden. Im Grundbuch können Kredite verzeichnet sein, mit denen bestimmte Maßnahmen finanziert werden. Für deren Rückzahlung sind in der Regel alle Eigentümer verantwortlich. Auch hier müssen Sie sich durch die Beschlusssammlung/Protokolle der Eigentümergemeinschaft informieren.

Veränderungen in der Wohnung können beliebig vorgenommen werden

Veränderungen können Sie grundsätzlich nur an Sondereigentum durchführen. Sonder- oder Gemeinschaftseigentum regeln Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung. Gemäß § 1, Abs. 5 WEG gehören zum gemeinschaftlichen Eigentum das Grundstück sowie die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes, die nicht im Sondereigentum stehen. Das Gesetz unterstellt, dass Gebäudeteile im Zweifel zum Gemeinschaftseigentum gehören. Um alle Gebäudeteile zweifelsfrei zuzuordnen, kommt es auf die genaue Bestimmung von Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum in der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung an. Zum Gemeinschaftseigentum gehören über die Definition des § 1, Abs. 5 WEG hinaus (Grundstück und alles, was nicht Sondereigentum ist) außerdem Außenmauern, tragende Innenwände, Fassade, Dach, Treppen, Treppenaufgang, Aufzug, Wohnungsabschlusstüren, Versorgungsleitungen, Estrichbelag, Briefkasten, Garten, Heizungsanlage, Balkone, Terrassen und Rollläden. Grundsätzlich sind alle konstruktiven und konstitutiven Teile des Gebäudes Gemeinschaftseigentum. Gem. § 5, Abs. 2 WEG sind Außenfenster zwingend Gemeinschaftseigentum, sogar dann, wenn in der Teilungserklärung etwas anderes bestimmt wird.

Ich kann vermieten, an wen ich will

In der Teilungserklärung kann das grundsätzliche Recht zu vermieten eingeschränkt werden. Außerdem schlagen Probleme im Mietverhältnis auf die Eigentümergemeinschaft durch. So kann der vermietende Eigentümer gezwungen werden, seinen Mieter abzumahnen oder sogar zu kündigen. Gerät z. B. der Mieter in Zahlungsverzug und beeinträchtigt dadurch die finanziellen Verpflichtungen des Vermieters der Eigentümergemeinschaft gegenüber, so können auch hier Maßnahmen ergriffen werden.

Ich kann meine Wohnung verkaufen, an wen ich will

Auch hier steht der grundsätzlich freien Verfügbarkeit über Ihr Eigentum oft die Teilungserklärung entgegen, die die Zustimmung des Verwalters oder der Eigentümergemeinschaft als Voraussetzung festlegen kann. Denn es soll verhindert werden, dass ein wirtschaftlich unzuverlässiger Käufer in die Hausgemeinschaft eintritt. Zahlt der neue Käufer sein Hausgeld z. B. nicht, geht dies zu Lasten aller Eigentümer. Dabei hat der Verwalter zügig die Bonität des Käufers zu prüfen oder andere Gründe, wie z. B. den Eintritt eines bisher unzuverlässigen Mieters (Hausordnung usw.) in die Gemeinschaft. Die Zustimmung zum Verkauf muss der Verwalter persönlich beim Notar abgeben. Mit Stimmenmehrheit der Gemeinschaft können im Grundbuch eingetragene Veräußerungsbeschränkungen allerdings aufgehoben werden, insbesondere der Vorbehalt des Verwalters.

Hausgeld und Mietnebenkosten sind deckungsgleich

Das Hausgeld ist mit den Mietnebenkosten vergleichbar, geht aber darüber hinaus. Denn es enthält noch ggf. das Verwaltungshonorar, Instanthaltungsrücklagen und sogar Rückstellungen für Gerichtsverfahren. Diese Kosten dürfen nicht auf den Mieter umgelegt werden. Miteigentümer sind keine Mieter. Sie müssen ihre Einnahmen und Ausgaben kontrollieren, sich um die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums kümmern, Beschlüsse mitfassen und diese umsetzen und kontrollieren.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg, Wolfratshausen, München

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.



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