Ist die Scheidung mithilfe nur eines gemeinsamen Anwalts möglich?

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Viele Eheleute fragen mich, ob ich sie bei ihrer (einvernehmlichen) Scheidung beide anwaltlich vertreten kann.

Dies ist zum einen aus berufsrechtlichen Gründen nicht möglich. Außerdem würde ein Rechtsanwalt, der im Scheidungsverfahren (egal, wie einvernehmlich die Scheidung ist) beide Eheleute vertritt, sogar einen gemäß § 356 StGB strafbaren Parteiverrat begehen, da ein Anwalt in derselben Rechtssache immer nur eine der beiden Parteien vertreten darf.

Wenn sich allerdings beide Eheleute wirklich in allen Punkten einig sind und es nur um die Scheidung als solche geht, reicht, wenn man die Kosten eines zweiten Anwalts sparen möchte, oft aber die Beauftragung eines Anwalts durch einen der beiden Ehegatten aus. Durch den beauftragten Anwalt wird beim Familiengericht für seinen Mandanten der Scheidungsantrag eingereicht, den das Familiengericht sodann dem anderen Ehepartner zustellt mit der Gelegenheit zur Stellungnahme. 

Vor den Familiengerichten besteht in Ehesachen und Folgesachen gemäß § 114 Abs. 1 FamFG zwar Anwaltszwang. Der nicht anwaltlich vertretene Ehepartner kann somit vor dem Familiengericht keinerlei eigene Anträge stellen oder sonstige Verfahrenshandlungen vornehmen.

Er kann der Scheidung daher ohne eigenen Anwalt nur zustimmen.

Im Scheidungstermin werden beide Eheleute durch das Gericht persönlich zu dem Trennungszeitpunkt und zum Scheitern der Ehe angehört. Auch hierzu kann sich der nicht anwaltlich vertretene Ehepartner, ohne Anwalt wirksam äußern.

Nicht möglich ist dem nicht anwaltlich vertretenen Ehepartner allerdings z. B. ein Rechtsmittelverzicht, sodass die Scheidung, bei Beauftragung nur eines Anwalts nicht am selben Tag, sondern erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist von 1 Monat nach Zustellung des Scheidungsbeschlusses wirksam wird.

Zu beachten ist auch, dass das Familiengericht bei einer Ehezeit von mehr als 3 Jahren von Amts wegen den Versorgungsausgleich, d. h. also den Ausgleich der in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften, durchführt.

Auch hierzu sind wirksame prozessuale Erklärungen des nicht anwaltlich vertretenen Ehepartners nicht möglich.

Fazit: Die Beauftragung nur eines Anwalts, der im Scheidungsverfahren beide Eheleute berät und vertritt, ist rechtlich nicht möglich. Bei einer einvernehmlichen Scheidung besteht jedoch die Möglichkeit, dass einer der beiden Eheleute aus Kostengründen auf einen eigenen Anwalt verzichtet. Hierbei muss er sich jedoch dessen bewusst sein, dass er – im Gegensatz zu dem anwaltlich vertretenen Ehepartner –, sollten sich unerwartet rechtliche oder prozessuale Schwierigkeiten (z. B. bei einem von Amts wegen durchzuführenden Versorgungsausgleich) ergeben, keine anwaltliche Unterstützung erhält. 


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