Ist Sexting zwischen Jugendlichen strafbar?

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Sexting setzt sich zusammen aus den Wörtern Sex und Texting. Das beinhaltet das Empfangen und Versenden eigen hergestellter Nacktbilder, entsprechender Videos und Texte sexuellen Bezugs mittels Smartphone, Laptop und Co. 

Im ersten Moment ist Sexting „einfach“ eine Form von Sex oder Flirten.

Doch wo ist die Grenze zur Strafbarkeit? Insbesondere stellt sich die Frage, ob sich Jugendliche oder Kinder durch Sexting mit Gleichaltrigen, das Versenden von „Nudes“ oder „Dickpics“ strafbar machen können.

Ist Sexting Herstellen und Besitz von Jugendpornographie oder Kinderpornographie?


Wie hoch ist die Strafe für Herstellen und Besitz von Jugendpornographie oder Kinderpornographie?

Das Herstellen oder das Weitergeben von Jugendpornographie ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht (§ 184c Abs.1 StGB). Für Besitz von Jugendpornographie droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe (§ 184c Abs. 3 StGB).

Die Strafe kann aber auch höher ausfallen.

Bei Kinderpornographie ist die Strafe höher. Für das Herstellen von Kinderpornographie droht eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren (§ 184b Abs. 1 StGB). Der Besitz von Kinderpornographie wird mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und fünf Jahren bestraft (§ 184b Abs. 3 StGB). Auch hier drohen aber in bestimmten Konstellationen höhere Strafen.


Wann macht man sich wegen Herstellen oder Besitz von Jugendpornographie oder Kinderpornographie strafbar?

Vorab: Personen im Alter von 14 bis 18 Jahren sind Jugendliche, sollte es sich um Personen unter 14 Jahren handeln, sind es Kinder


Was ist strafbare Jugendpornographie?

Bleiben die Identitäten und das Alter der dargestellten Personen unbekannt, wird anhand der körperlichen Merkmale auf dem Bild bzw. Videomaterial nach Hinweisen zum Alter gesucht. Personen in der Pubertät bzw. im Alter von 16, 17, 18 Jahren lassen sich dabei oftmals nur schwer auseinanderhalten. Wenn eine Feststellung anhand der körperlichen Entwicklung scheitert und nicht feststellbar ist, wie alt die Person ist, wird nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ (lat.: „in dubio pro reo“) die Minderjährigkeit verneint. 

Sollte eine minderjährige Person aber älter aussehen, droht dennoch eine Strafbarkeit wegen Jugendpornographie oder Kinderpornographie, wenn dem Beschuldigten das tatsächliche Alter bekannt ist. Man spricht hier von sog. Scheinerwachsenen. 

Außerdem müsste ein pornographischer Inhalt ersichtlich sein. Dieser kann auch fiktiver Natur sein, es muss sich nicht zwingend um reale Handlungen handeln. Charakteristisch für Pornographie ist, dass sie ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes abzielt. Das Ziel ist die Erregung für jegliche Art von sexueller Befriedigung. Neben der Erregung des sexuellen Reizes muss der Inhalt die Grenzen der allgemeinen Wertvorstellungen in der Gesellschaft überschreiten. Das schließt sexuelle Handlungen von, an und vor Jugendlichen ein. Ebenso Aufnahmen von Jugendlichen bei der sexuellen Selbstbefriedigung sowie ganz oder teilweise unbekleidete Jugendliche in einer aufreizenden geschlechtsbetonten Körperhaltung. Abzugrenzen wäre das von der harmlosen Ganzkörperaufnahme des nackten Jugendlichen am Strand (ohne jeglichen sexuellen Bezug) oder der medizinischen Aufnahmen eines Lehrbuches. Wichtig sind die für einen durchschnittlichen Betrachter äußeren Umstände der Aufnahmen.

 

Was ist strafbare Kinderpornographie?

Kinder unter 14 Jahre sind unabhängig von ihrem Aussehen schutzwürdig. 

Wichtig ist für die Strafbarkeit nach § 184 b StGB (Kinderpornographie), dass bei Betrachtung tatsächlich ein Kind zu sehen ist. 

Auch wenn dem Beschuldigten bekannt ist, dass die Person über 14 Jahre alt ist, ist die Strafbarkeit wegen Kinderpornographie oder Jugendpornographie möglich, wenn nach allem anderen das äußere Erscheinungsbild darauf schließen lässt, dass es sich um ein Kind unter 14 Jahren handelt und das Kind (oder der Jugendliche) (offensichtlich) bewusst als minderjährig dargestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss v. 06.12.2008 – 2 BvR 2369/08 u. 2 BvR 2380/08 in MMR 2009, 178). Hier kann auch der Kontext der Aufnahmen eine Rolle spielen, wie z.B. ein Kinderzimmer im Hintergrund. 

Hinsichtlich der Frage, wann es sich um Pornographie handelt, gilt im Wesentlichen das zur Jugendpornographie Gesagte.


Wodurch kann man sich beim Sexting strafbar machen? Besitzen, Herstellen und Verbreiten von Jugendpornographie?

Eine Möglichkeit, sich strafbar zu machen wäre das Verbreiten des Bild-, Ton- und Videomaterials. Das heißt, dass das einfache Versenden eines Bildes via WhatsApp bereits genügt. Es umfasst sämtliche technische Möglichkeiten der Übertragung. Übers Telefon, Rundfunk, Fax, SMS, MMS, E-Mail und Instant-Messaging-Dienste wie WhatsApp. Das teilen via Plattformen wie Instagram, Facebook, Twitter, Skype sowie beim Live-Streaming sind ebenfalls erfasst.  

Sowohl der Besitz als auch die Verschaffung von Besitz an Jugendpornographie und Kinderpornographie sind strafbar. Die Besitzverschaffung ist jede Handlung, die den Inhalt weiterleitet und dafür sorgt, dass eine Person über den Inhalt verfügen kann, also ihn abspeichert oder ebenfalls weiterleitet. Es würde also genügen, wenn beispielsweise jemand eine E-Mail mit diesem Inhalt versendet. Dabei ist es irrelevant, ob die Zusendung verlangt wurde oder nicht. Der Besitz dagegen setzt voraus, dass die Inhalte auf einem Speichermedium, welches dem Täter gehört, gesichert sind. Das wäre der Fall, wenn z.B. Dateien in einer Cloud persönlich zugeordnet werden könnten.  

Ferner ist das Herstellen solcher Inhalte für den Eigengebrauch ohne Absicht der Verbreitung auch strafbar. Das kann vorliegen, wenn Fotos und Videos von Kindesmissbrauch angefertigt und gespeichert werden. Die reine Reproduktion eines bereits existierenden Bildes fällt ebenfalls unter strafbaren Umgang mit Kinderpornographie. Das heißt, wer z.B. ein digitales Foto abspeichert oder ein analoges Bild einscannt und abspeichert, hat einen Inhalt hergestellt und es droht eine Strafe. 

Um das alles besser verstehen zu können, sind hier konkrete Fall-Beispiele:


Wann ist Sexting strafbar?

Kinder schicken sich untereinander „Nudes“

In diesem Fall würde ein 13-jähriger ein Nacktbild an eine 13-jährige schicken. Beide Personen sind unter 14 Jahre alt, also Kinder. Das heißt, sie sind nach § 19 StGB schuldunfähig und können nicht strafrechtlich verfolgt werden. Eine mögliche Strafbarkeit wegen Sexting kommt also bei Minderjährigen unter 14 Jahren nicht in Betracht.


Ist es strafbar, wenn sich Jugendliche in einer Beziehung Nacktbilder schicken?

Zwei Jugendliche im Alter von 16 Jahren schicken sich in einer Beziehung Nacktbilder. Beide könnten sich wegen des Besitzes und der Herstellung von Jugendpornographischen Inhalten gemäß § 184 c StGB strafbar gemacht haben. Allerdings besagt Absatz 4 des § 184 c StGB, dass es straffrei ist, solche Inhalte selbst herzustellen, solange sie ausschließlich zum persönlichen Gebrauch, mit Einwilligung der dargestellten Person, hergestellt werden. Folglich werden Jugendliche nicht bestraft, wenn sie sexualisierte Selbstporträts herstellen. 

Allerdings ist der Versender derjenige, der den Inhalt herstellt. Welche Folgen hat es also für den Empfänger? 

Der Empfänger wird nur zum Hersteller, wenn er den Inhalt speichert. Also könnte der Empfänger sich beim bloßen Besitz immer noch strafbar machen. Dies entspricht allerdings nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes an dieser Stelle. Folglich wird die Weiterleitung zwischen Jugendlichen beim Sexting in Bezug auf strafbaren Umgang mit Jugendpornographie straffrei gestellt. Beachten Sie: Das ist aber nur anwendbar, wenn der Sender ebenfalls der Porträtierte ist und es sich dabei nicht um etwaige Ketten-Nachrichten handelt. Bei der Weiterleitung an Dritte und wenn unwissentlich Screenshots von selbstlöschenden Bildern, wie bei Snapchat gemacht werden, ist die Straffreiheit ausgeschlossen. 


Ist es strafbar, wenn eine 13-Jährige Nudes an ihren 15 Jahre alten Freund schickt

Die 13-jährige und der 15-Jährige sind ein Paar. Sie schickt ihm freiwillig Nacktaufnahmen. Der 15-jährige Freund könnte sich gemäß §§ 176, 184 b StGB strafbar gemacht haben.

Allerdings könnte in Fällen des § 176 StGB eine Ausnahme vorliegen, wenn die Beteiligten einvernehmlich handeln, ein geringer Altersunterschied besteht, eine ähnliche Reife bzw. Entwicklungsstand vorliegt und keine Ausnutzung des Jüngeren vorlag. 


Die 22-jährige nimmt via Facebook Kontakt zu einem 14-jährigen auf und erhält Nacktbilder

Bei dem Kontakt von Erwachsenen zu Kindern ist es wichtig, die Begrifflichkeit Sexting und Cyber-Grooming voneinander zu unterscheiden. Cyber-Grooming ist die gezielte Kontaktaufnahme zu einem Minderjährigen, um einen sexuellen Inhalt zu erhalten. Das kann über soziale Medien, Facebook, WhatsApp oder andere Foren geschehen. Wer ein Kind wiederholt drängt, überredet, droht oder einschüchtert kann sich zudem wegen sexuellen Kindesmissbrauchs gemäß § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB strafbar machen. Das hätte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zur Folge. Außerdem wäre der bloße Besitz des Kinderpornographischen Inhaltes strafbar gemäß § 184 b Abs. 3 StGB. 


Fazit – Ist Sexting unter Minderjährigen strafbar? 

Sexting unter Minderjährigen kann strafbar sein. Sind Personen unter 14 Jahren involviert, könnte man sich strafbar machen. 

Sind Sie als Beschuldigter zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tat erst zwischen 14 und 18 Jahre alt, so findet Jugendstrafrecht Anwendung. Das wirkt sich insbesondere auf den Strafprozess als solchen, aber auch auf die drohenden Strafen aus. Hier können beispielsweise auch Erziehungsmaßnahmen statt einer Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt werden (z.B. die Ableistung von Sozialstunden). Ist der oder die Beschuldigte zum Zeitpunkt der Tat zwischen 18 und 20 Jahre alt, so kann unter gewissen Voraussetzungen Jugendstrafrecht Anwendung finden. 

Nähere Informationen dazu, welche Strafen im Jugendstrafrecht drohen, habe ich Ihnen hier zusammengefasst.

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