Kein Schallschutz im Mietrecht?

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So könnte man meinen, wenn man nur den Leitsatz der jüngsten Entscheidung des für Wohnraummietrecht zuständigen VIII. Zivilsenates vom 7. Juli 2010 (Az.: VIII ZR 85/09) liest, wo es heißt:

Ohne eine dahingehende vertragliche Regelung hat ein Wohnraummieter regelmäßig keinen Anspruch auf einen gegenüber den Grenzwerten der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Norm erhöhten Schallschutz."

Bei näherer Betrachtung ist es dann doch nicht ganz so einfach. Der BGH hat jedenfalls an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, dass es für die Beurteilung des maßgeblichen Standards zunächst auf den Errichtungszeitpunkt des Gebäudes ankomme.

Im entschiedenen Fall war der (Mindest-) Normwert der entsprechenden DIN erfüllt. Der Sachverständige vertrat aber (übrigens in Übereinstimmung mit dem u.a. für das Baurecht zuständigen VII. Senat des BGH) die Auffassung, dass dieser Wert nicht dem üblichen und zu erwartenden Standard entspreche, denn nicht nur der Bauherr oder Erwerber, sondern auch der Mieter erwarte regelmäßig - sofern nichts anderes vereinbart worden sei - eine Beschaffenheit mittlerer Qualität und nicht eine solche, die gerade die Grenze der Zumutbarkeit einhielte.

Dem ist der BGH nicht beigetreten. Wörtlich führt er aus:

Diese für das Bauvertragsrecht entwickelten Grundsätze lassen sich nicht auf das Wohnraummietrecht übertragen. Es gibt hier - anders als beim Bauvertrag - regelmäßig schon keine Parteivereinbarung über die Bauweise des Mietobjekts. Insbesondere liegt dem Mietverhältnis in aller Regel keine Baubeschreibung oder vergleichbare Beschaffenheitsvereinbarung zugrunde, aus der sich gegenüber dem Mindeststandard der DIN 4109 erhöhte Anforderungen an den Schallschutz ergeben könnten. Im Mietverhältnis sind in erster Linie die konkreten vertraglichen Vereinbarungen der Parteien über die Sollbeschaffenheit der Wohnung maßgeblich, die vom Vermieter bei Übergabe einzuhalten und über die ganze Mietzeit aufrechtzuerhalten ist und nicht die Einhaltung bestimmter technischer Normen bei Übergabe wie bei einem Bauwerk (...). Darüber hinaus hat der Vermieter - anders als der Bauunternehmer - während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses für Sachmängel Gewähr zu leisten (§§ 536 bis 536d BGB), ohne dass er in jedem Fall auf die tatsächliche bauliche Beschaffenheit Einfluss hat. Ohne entsprechende vertragliche Regelung hat der Mieter daher regelmäßig keinen Anspruch auf einen gegenüber den Grenzwerten der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Norm erhöhten ..."

Fazit: Die Entscheidung ist problematisch. Zwar schafft sie auf den ersten Blick eine gewisse Rechtssicherheit. Mit seiner These, dass maßgeblich für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit die im Errichtungszeitpunkt geltenden Normen sind, greift der BGH dennoch zu kurz. Dies zeigt sich insbesondere bei Altbauten. Eine besondere „Hellhörigkeit" oder infolge mangelhafter oder unbedachter Sanierung auftretende zusätzliche Geräuschbelastungen bleiben so meist außer Betracht, obwohl es fraglich erscheint, dass es etwa in den Jahren 1910 - 1930 üblich gewesen sein soll, jede Lebensentäußerung aus benachbarten Wohnungen zu hören.


RA Falk Gütter

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Tel.: (0351) 80 71 8-41

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