Keine Befolgungspflicht des Arbeitnehmers bei unbilligen Weisungen des Arbeitgebers

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Der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat in seiner Entscheidung vom 22.02.2012 noch entschieden, dass auch unbillige Weisungen des Arbeitgebers zumindest vorläufig solange vom Arbeitnehmer zu befolgen sind, bis ein Gericht rechtskräftig die Unbilligkeit festgestellt hat. Andernfalls seien die Sanktionen, die der Arbeitgeber in Form von Abmahnungen oder gar Kündigungen ausspricht, weil der Arbeitnehmer seine Weisungen nicht befolgt, rechtmäßig.

Dies sieht der 10. Senat des BAG nunmehr anders: Nach seiner Auffassung begründen die §§ 106, S.1 GewO, 315 BGB keine Bindung des Arbeitnehmers an unbillige Weisungen des Arbeitgebers, auch nicht vorläufig.

Nach dem Wortlaut des § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nur dann näher bestimmen, wenn er billiges Ermessen wahrt.

Das Weisungsrecht soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, den Arbeitsvertrag in der von ihm gewollten Form zu konkretisieren. § 106 GewO normiert dabei ausdrücklich Grenzen, die zum einen in den rechtlichen Rahmenbedingen aus dem Arbeitsvertrag, den Betriebsvereinbarungen, dem jeweils gültigen Tarifvertrag und/oder dem Gesetz und zum anderen im billigen Ermessen liegen.

Hält er diese Grenze nicht ein, verlässt er den Rahmen, den das Gesetz für sein Bestimmungsrecht vorgibt. An eine solchermaßen gesetzwidrige Weisung kann regelmäßig keine Bindung bestehen.

Zudem soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Ausübung des Weisungsrechts nicht in einem Über- oder Unterordnungsverhältnis erfolgen, sondern in einem „eher partnerschaftlichen Miteinander“ im Arbeitsverhältnis, wie sich klar aus der Gesetzesbegründung ergibt.

Mit einer solchen Zielrichtung ist aber nach Vorstellung des 10. Senats des BAG ein Verständnis, wonach der Arbeitnehmer sanktionsbewehrt an unbillige Weisungen gebunden sein soll, nicht vereinbar. Denn auch bei einer nur vorläufigen Verbindlichkeit solcher Weisungen hätte der Arbeitgeber immer die Möglichkeit gefahrlos unbillige Weisungen zu erteilen.

Der 5. Senat folgt dieser Auffassung und gibt seine bisherige Rechtsprechung auf!



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