Kündigung auf ärztlichen Rat

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Einleitung

Arbeit kann im wahrsten Sinne des Wortes krank machen – in ganz verschiedener Weise: Neben „klassischen“ körperlichen Schäden durch beanspruchende physische Arbeit treten inzwischen auch vermehrt psychische Erkrankungen infolge von Überlastung, Mobbing etc. auf. In nicht wenigen Fällen kommt es schließlich dazu, dass Arbeitnehmern im Sinne der Gesundheit von ärztlicher Seite der Rat zur Eigenkündigung ausgesprochen wird.

Arbeitnehmer, die einen solchen ärztlichen Rat erhalten, sollten diesen allerdings nicht blindlings in die Tat umsetzen, sondern die nachfolgenden Hinweise beachten.

Problem: Sperrzeit beim ALG I

Folge einer gesundheitsbedingten Eigenkündigung ist in der Regel eine zumindest vorübergehende Arbeitslosigkeit. Sofern sich der Arbeitnehmer arbeitslos meldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hat, entsteht sodann grundsätzlich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nach Maßgabe des Dritten Sozialgesetzbuches (§§ 136 I Nr.1, 137 SGB III). Je nach Alter und Dauer der beendigten Beschäftigung erhält der Arbeitnehmer dann grundsätzlich für eine gewisse Zeit (§ 147 SGB III) abhängig von der familiären Situation (§ 149 SGB III) 60 bzw. 67% des bisherigen Lohns als „Arbeitslosengeld I“.

Bei einer Eigenkündigung läuft der Arbeitnehmer jedoch Gefahr, dass eine Sperrzeit gemäß § 159 I Nr.1 SGB III von zwölf Wochen (§ 159 III SGB III) verhängt wird. Nachfolgend der maßgebliche Wortlaut:

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.         die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges             Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich             oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).

Sperrzeit vermeiden 

Der kündigende Arbeitnehmer hat selbstredend ein Interesse daran, besagte Sperrzeit zu vermeiden. Dafür kommt es (s.o.) entscheidend darauf an, ob ein „wichtiger Grund“ für die Lösung des Beschäftigungs-verhältnisses vorlag. Gesundheitliche Probleme durch die vorher ausgeübte Arbeit sind geradezu das Paradebeispiel für einen solchen „wichtigen Grund“.

Die Beweislast für das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ liegt beim kündigenden Arbeitnehmer. Neben einer Darlegung der gesundheitlichen Folgen etwaiger Bemühungen zur Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses bedarf es hierfür eines Nachweises der ärztlichen Empfehlung.

Ein entsprechendes Formular zur „Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf ärztlichen Rat“ ist bei der Agentur für Arbeit zum Download erhältlich. Mit diesem Formular kann der behandelnde Arzt aufgesucht werden, der eine ärztliche Stellungnahme zur Einschränkung der Leistungsfähigkeit abgibt und – dies ist entscheidend – bestätigt, die Aufgabe der Beschäftigung empfohlen zu haben.

Die Verwendung des geannten Formulars ist nicht verpflichtend, es genügt selbstverständlich jedes ärztliche Attest, mit welchem die Aufgabe der Beschäftigung empfohlen wird.

Ordentliche oder außerordentliche Kündigung 

Das ärztliche Attest hat noch eine weitere wichtige Funktion: Will der Arbeitnehmer fristlos, d.h. außer-ordentlich, kündigen, bedarf es ebenfalls eines „wichtigen Grundes“ (§ 626 I BGB). Die ärztliche Empfehlung zur Aufgabe der Beschäftigung ist der Nachweis für einen solchen Grund. Alternativ kann natürlich auch ohne Begründung ordentlich mit der jeweils geltenden Kündigungsfrist gekündigt werden.

Die Alternative 

Die Eigenkündigung aus gesundheitlichen Gründen stellt für Arbeitnehmer also ein gewisses Risiko dar, gerade wenn eine Anschlussbeschäftigung noch nicht konkret ersichtlich ist.

Im Einzelfall kann es deshalb ratsamer sein, das Arbeitsverhältnis nicht sofort zu kündigen, sondern sich lediglich arbeitsunfähig zu melden. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer für sechs Wochen einen Anspruch auf volle Lohnfortzahlung nach § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Im Anschluss daran hat der erkrankte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Krankengeld nach Maßgabe des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Dieses beträgt 70% des bisherigen Lohns und wird wegen einer bestimmten Krankheit für bis zu 78 Wochen ausgezahlt (§§ 47 I, 48 I SGB V).

Kommt es in dieser Zeit zu einer Kündigung vonseiten des Arbeitgebers, droht dem Arbeitnehmer zudem keine Sperrzeit für das dann wiederum infrage kommende Arbeitslosengeld nach dem SGB III (s.o.).

Beratung

Vor einer Kündigung infolge einer ärztlichen Empfehlung sollte also auf jeden Fall der Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht eingeholt werden. Im Zuge dessen können auch mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber oder die Möglichkeit einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses, ggf. gegen eine Abfindungszahlung, ausgelotet werden.


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