Kündigung aus wichtigem Grund – § 648a BGB

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Das neue Bauvertragsrecht des BGB ist für alle Verträge, die vom 01.01.2018 an geschlossen werden, in Kraft getreten. 

Über 30 neue oder geänderte Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) werden das Recht des Bauens maßgeblich verändern. In diesem Beitrag erfahren Sie etwas über die Kündigungsrechte:

Kündigungsrecht des Bestellers

Das bekannte freie Kündigungsrecht des Bestellers bleibt unverändert bestehen (jetzt § 648 BGB). 

Hinzu tritt nun für alle Werkverträge auch ein Recht auf:

Kündigung aus wichtigem Grund – § 648a BGB

Beide Vertragsparteien haben das Recht, einen Werkvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann. 

Von einer Aufzählung einzelner Kündigungstatbestände wie in§ 8 VOB/B wurde vom Gesetzgeber abgesehen. Stattdessen wurde eine allgemeine Formulierung gewählt. Der Hinweis auf die „Zumutbarkeit“ verdeutlicht jedoch, dass eine Kündigung nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden soll und beide Parteienangehalten werden, sich zu bemühen den geschlossenen Vertrag einzuhalten.

Es muss auch nicht zwingend der gesamte Vertrag gekündigt werden. Die Kündigung kann sich auch nur auf einen „abgrenzbaren Teil“ des Vertrages beziehen:

Entscheidend ist, dass die Vertragspartner eine klare Abgrenzung der von der Teilkündigung erfassten und der danach noch von einem anderen Werkunternehmer zu erbringenden Leistungen vornehmen können. Der von der Kündigung betroffene Unternehmer muss in der Lage sein, die von ihm noch geschuldeten Leistungen ohne Beeinträchtigung zu erbringen. 

Fristsetzung oder Abmahnung

Bei einer Kündigung ist vorher grundsätzlich eine Fristsetzung oder Abmahnung erforderlich. Erst nach Ablauf einer angemessenen Frist oder erfolgloser Abmahnung mit Bekanntgeben des Kündigungsgrundes kann aus wichtigem Grund gekündigt werden. Der Kündigungsgrund muss dabei im Verantwortungsbereich des Kündigungsempfängers liegen.

Feststellung des Leistungsstandes

Beide Vertragsparteien sind nach der Kündigung eines Werkvertrags zu einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes verpflichtet, wenn eine Vertragspartei dies verlangt. Die Feststellung des Leistungsstandes dient – allein – der quantitativen Bewertung der bis zur Kündigung erbrachten Leistung und soll späterem Streit über den Umfang der erbrachten Leistungen vorbeugen. Sie hat keine der Abnahme vergleichbaren Rechtsfolgen. 

Die Feststellung des Leistungsstandes ist vor allem für den Unternehmer wichtig, da der Besteller nach der Kündigung andere Unternehmer beauftragen wird, sodass später nicht mehr zu beurteilen ist, welche Leistungen zum Zeitpunkt der Kündigung bereits erbracht worden waren.

Lehnt eine der Vertragsparteien die Mitwirkung an der Feststellung des Leistungsstandes ab oder bleibt sie einem vereinbarten oder innerhalb angemessener Frist bestimmten Termin zur Feststellung des Leistungsstandes fern, trifft sie nach Satz 2 die Beweislast hinsichtlich des Leistungsstandes zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die betreffende Vertragspartei aufgrund eines Umstandes fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat. Sie muss dies der anderen Vertragspartei unverzüglich mitteilen. Eine „angemessene Frist“ sollte in diesem Zusammenhang nicht allzu lang sein, da sonst die Feststellung des Leistungsstandes schwierig wird. 

Mit dieser Rechtsfolge wird nach Auffassung des Gesetzgebers sein angemessener Anreiz geschaffen, um das notwendige Zusammenwirken der Vertragsparteien auch nach einer Kündigung zu fördern. Die Regelung orientiert sich im Übrigen an § 8 Absatz 6 VOB/B, der die Vertragspartner nach einer Kündigung zu einem gemeinsamen Aufmaß verpflichtet. Durch die Regelung, dass die fernbleibende Partei die Gründe für ihr Fernbleiben der anderen Vertragspartei unverzüglich mitzuteilen hat, wird zum einen erreicht, dass sich die Parteien über den Termin zur Leistungsstandfeststellung verständigen, zum anderen kann so vermieden werden, dass die Frage des Nicht-Vertreten-Müssens des Fernbleibens erst Jahre später in einem Folgeprozess geklärt werden kann.

Achtung: Eine Vergütung kann auch im Kündigungsfall nur nach einer Abnahme verlangt werden.

Aufforderung zur Abnahme

Daher empfiehlt es sich auch hier, dass der Unternehmer den Besteller zur Abnahme auffordert und zugleich die Feststellung des Leistungsstandes dokumentiert.

Vergütung

Im Fall einer Kündigung aus wichtigem Grund hat der Unternehmer nur Anspruch auf die Vergütung, die auf das bis zur Kündigung erbrachte Teilwerk entfällt. 

Schlussrechnung

Der Unternehmer ist nach der Kündigung aus wichtigem Grund verpflichtet, eine Schlussrechnung zu stellen. Auch hier ist für die Fälligkeit der Schlussrechnung eine Abnahme Voraussetzung. Daher muss der Unternehmer den Besteller zu einer Abnahme der erbrachten Leistung auffordern. (siehe oben)

Schadensersatzanspruch

Durch Absatz 6 wird klargestellt, dass die außerordentliche Kündigung die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, nicht berührt. Ein solcher Schadensersatzanspruch kann etwa bestehen, wenn der wichtige Grund, der Anlass für die Kündigung war, von einer Partei schuldhaft herbeigeführt worden ist.

Die Regelung hat folgenden Wortlaut:

§ 648a BGB: Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.

(2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil desgeschuldeten Werks beziehen.

(3) § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

(6) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.“

Das Wesentliche in Kürze – Kündigung aus wichtigem Grund

  • Das freie Kündigungsrecht des Bestellers bleibt unverändert bestehen.
  • Beide Vertragsparteien haben das Recht, einen Werkvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen.
  • Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn einem Vertragspartner die Fortsetzung des Vertrages bis zur Fertigstellung des Werkes nicht zugemutet werden kann.
  • Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.
  • Die Feststellung des Leistungszustandes zum Zeitpunkt der Kündigung ist wichtig.
  • Lehnt eine der Vertragsparteien die Mitwirkung an der Feststellung des Leistungsstandes ab, trifft sie die Beweislast hinsichtlich des Leistungszustandes.
  • Der Unternehmer hat nur Anspruch auf die Vergütung des bis zur Kündigung erstellten Teilwerkes.
  • Es muss eine Abnahme stattfinden.
  • Der Unternehmer muss eine Schlussrechnung stellen.

Über mich: Rechtsanwalt Frank Zillmer aus Kiel

Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht gebe ich viele Seminare, entweder als Inhouse-Seminare oder für verschiedene Bildungsträger im norddeutschen Raum. Für diejenigen, die eine zu weite Anreise hätten, biete ich einige Themen auch als Online-Seminar an. Sprechen Sie mich an.

Der Artikel „Kündigung aus wichtigem Grund – § 648a BGB“ ist inhaltlich aus meinem Seminar 

„Das neue Bauvertragsrecht 2018“.



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