Kündigung erhalten – wegen „Corona“

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Die besondere gesundheitliche Gefahrenlage, die sich aus der steigenden Zahl der Coronavirus-Infizierten ergibt, betrifft nach und nach alle Lebensbereiche und hat insbesondere auch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhebliche arbeitsrechtliche Folgen. Diejenigen Arbeitnehmer, die „lediglich“ einen Zwangsurlaub nehmen müssen, können sich dabei oftmals noch glücklich schätzen; wir erleben zunehmend mehr Anfragen zu dem Thema Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigung.

Falls Sie eine Kündigung erhalten haben oder eine Kündigung im Raum steht wegen der Corona-Krise, handeln Sie nicht vorschnell und investieren Sie etwas Zeit in die Suche nach dem für Sie richtigen Anwalt (sofern Sie sich bzgl. der Kündigung rechtlich beraten lassen wollen). 

Kann mein Arbeitsverhältnis wegen "Corona" gekündigt werden?

Nein, Corona an sich ist kein Kündigungsgrund! Auch nicht der damit möglicherweise einhergehende Umsatzrückgang rechtfertigt grundsätzlich nicht, Arbeitsverhältnisse zu kündigen. Vielmehr gelten hier die normalen arbeitsrechtlichen Regelungen zu einer sog. betriebsbedingten Kündigung. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss nachweisen, dass (a) der Arbeitsplatz des betreffenden Mitarbeiters weggefallen ist, (b) eine Sozialauswahl durchgeführt worden ist und (c) es keine freien Beschäftigungsmöglichkeiten mehr gibt. Insbesondere wenn nicht alle Mitarbeiter eines Betriebs gekündigt werden, sondern lediglich ein Teil der Mitarbeiter ein Kündigungsschreiben erhält, ist es für den Arbeitgeber oftmals sehr schwierig darzulegen, dass die Arbeitsaufgaben tatsächlich dauerhaft entfallen sind. Teilweise sind die Kündigungen offensichtlich rechtswidrig; dies kann sich schon nach einem kurzen Gespräch mit dem Mandanten ergeben. Teilweise ist die Angelegenheit jedoch auch komplexer. Der Anwalt ist dann auch auf die Mitwirkung des Mandanten angewiesen. Je mehr Mühe sich Anwalt und Mandant geben, die Aufgaben des Mandanten, die er im Betrieb des Arbeitgebers wahrgenommen hat, im Einzelnen darzustellen, desto höher sind die Aussichten, den Prozess zu gewinnen. Auch bei der Sozialauswahl hat man gute Angriffsmöglichkeiten, wenn man bereits im Vorfeld mit dem Mandanten gemeinsam Daten sammelt, die man später im Laufe des Prozesses verwerten kann. Nicht zuletzt spielen auch Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten eine gravierende Rolle. Hier sollten im Vorfeld Internet und idealerweise auch Intranet des Arbeitgebers gescannt werden nach Ausschreibungen etc. All dies muss der Mandant jedoch im Vorfeld wissen, da solche Informationen im Nachhinein oftmals schwerer zu erhalten sind. Schließlich gibt es zahlreiche weitere Fehlerquellen (Darstellung der unternehmerischen Entscheidung, Massenentlassungsanzeige, Betriebsratsanhörung etc.), die ein Arbeitgeber – teilweise auch trotz anwaltlicher Beratung – im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung begehen kann und die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Dies erleben wir immer wieder, die Kündigungen scheitern dann an Formfehlern, die nicht beachtet worden sind. Dies macht auch den Reiz des Arbeitnehmervertreters aus, wenn der Prozess tatsächlich geführt wird! Wenn man dann Fehler gefunden hat, ist die zweite Frage, wann am besten man diese Fehler in den Prozess einführt. Auch dies sollte in Absprache mit dem Mandanten und dessen persönlicher Situation geklärt werden. Die Situation ist dann bspw. eine andere, wenn der Mandant bereits eine neue Stelle in Aussicht hat. 

Kontaktieren Sie uns oder eine(n) Kollegen(in) gerne, sollten Sie Fragen dazu haben. 

Viele weitere Fragen im Zusammenhang mit der Corona-Krise hören wir derzeit wie folgt:

1.) Habe ich als Arbeitnehmer weiterhin einen Vergütungsanspruch, auch wenn ich nicht zur Arbeit erscheine?

Dies gilt grundsätzlich nur dann, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer freistellt. Bleiben Arbeitnehmer aus Furcht vor einer Ansteckung von sich aus der Arbeit fern, verlieren sie mangels Leistungsverweigerungsrecht grundsätzlich auch ihren Anspruch auf Vergütung und fehlen unentschuldigt. Letzteres kann zu einer Abmahnung und/oder Kündigung führen. Etwas Anderes kann dann gelten, wenn Kollegen Krankheitssymptome zeigen und man Angst hat, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. In dem Fall könnte der Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht besitzen. Das Gesetz verlangt für das Eingreifen eines Leistungsverweigerungsrechts des Arbeitnehmers, dass ihm die Erbringung seiner Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 BGB). Dies kann in diesem Zusammenhang anzunehmen sein, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiven begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Ein bloßes Husten eines Kollegen wird hierfür nicht ausreichend sein; wenn er allerdings Symptome zeigt und der Arbeitgeber nicht einschreitet und den Kollegen nach Hause oder zum Arzt schickt, könnte dieser Fall gegeben sein. 

Ist der Beschäftigte infolge einer Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt und somit an seiner Arbeitsleistung verhindert, besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Zeitraum von sechs Wochen (§ 3 EFZG). Nach diesem Zeitraum haben gesetzlich Krankenversicherte grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld.

2.) Was gilt, wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz nicht erreichen kann, z. B. weil der öffentliche Nahverkehr nicht fährt?

Der Beschäftigte trägt das sog. Wegerisiko, d. h. jenes Risiko, dass er zu seinem Arbeitsort gelangt. Erreicht der Arbeitnehmer nicht seinen Arbeitsplatz und kann infolgedessen nicht seine Arbeitsleistung erbringen, hat er grundsätzlich auch keinen Vergütungsanspruch.  

3.) Habe ich als Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice?

Ein einseitiges gesetzliches Bestimmungsrecht dergestalt, zu Hause arbeiten zu können, hat weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer. Beide Parteien können sich aber natürlich darauf verständigen. Ggf. existiert auch eine Rechtsgrundlage im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung. 

5.) Darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen, wenn viele Kollegen krankheitsbedingt ausfallen?

Eine solche Anordnung muss im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Arbeitsvertrag dem Grunde nach als Möglichkeit geregelt sein. Daneben kann auch eine Nebenpflicht zur Leistung von Überstunden bestehen, wenn dadurch ein sonst dem Arbeitgeber drohender, nicht anders abwendbarer Schaden vermieden wird.

Leistet der Arbeitnehmer Überstunden, so ergibt sich eine etwaige Vergütung entweder aus den entsprechenden arbeits- oder kollektivvertraglichen Bestimmungen oder aus § 612 BGB, der eine Grundvergütung für die geleisteten Überstunden anordnet.

Kontaktieren Sie uns gerne im Falle einer Kündigung oder einer angedrohten Kündigung. Aufgrund der besonderen Umstände bitten wir um Verständnis, dass wir keine persönlichen, sondern nur telefonischen Termine derzeit durchführen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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