Kündigung trotz Schwangerschaft? - Unsere Verhaltenstipps

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Während der Schwangerschaft herrscht für die Arbeitnehmerin ein striktes Kündigungsverbot nach §17 I 1 Nr. 1 MuSchG.

Der Normalfall ist wohl, dass die Arbeitnehmerin in Falle einer Schwangerschaft dies kommuniziert, um den Arbeitgeber davon in Kenntnis zu setzen. So sieht es das Gesetz in §15 I 1 MuSchG auch vor. Dem durchschnittlichen Arbeitgeber dürfte dieser besondere Kündigungsschutz auch bekannt sein.

Nun kann es aber passieren, dass die schwangere Arbeitnehmerin trotzdem gekündigt wird! Die Konstellationen sind zwar sehr variabel, trotzdem haben wir sie kategorisiert und unsere Tipps einmal gesammelt:

1. Der Arbeitgeber hat Kenntnis über die Schwangerschaft

Sollte der Arbeitgeber Kenntnis über die Schwangerschaft haben und sie trotzdem- oder sogar gerade deswegen- Kündigen, ist dies in jedem Fall unzulässig. In diesem Falle helfen wir Ihnen gerne damit eine Kündigungsschutzklage einzureichen um gegen die Kündigung -erfolgreich- vorzugehen.

2. Der Arbeitgeber hat keine Kenntnis über die Schwangerschaft, Sie aber schon

Sollte der Arbeitgeber Sie kündigen, obwohl Sie schwanger sind, was jedoch bisher nicht kommuniziert wurde, haben sie eine Zweiwochenfrist innerhalb welcher Sie dem Arbeitgeber die Schwangerschaft anzeigen können.

Dies ist sogar Pflicht, damit Sie problemlos von dem Kündigungsschutz profitieren können.

Folgendes Vorgehen ist ratsam: gehen Sie zu Ihrem Gynäkologen oder Ihrer Gynäkologin und lassen sich Ihre Schwangerschaft schriftlich bestätigen. Diese Bestätigung verschicken Sie dann oder bringen sie persönlich vorbei, um Ihren Arbeitgeber davon in Kenntnis zu setzen. Sie tragen jedoch in Jedem Fall die Verantwortung dafür zu beweisen, dass die Bestätigung rechtzeitig eingegangen ist! Deswegen ist es sicherer, die ärztliche Bestätigung per Postzustellungsschreiben zu verschicken.

Sollte der Arbeitgeber sich dagegen wehren, indem er beispielsweise die ärztliche Bestätigung rügt, behauptet, die Bescheinigung sei nicht zugegangen oder weigert er sich schlicht und ergreifend Sie wieder einzustellen ist es stehts ratsam, Rechtsrat bei uns einzuholen.

Andere Probleme ergeben sich, wenn Sie die Zweiwochenfrist versäumt haben. Zwar ist eine den Kündigungsschutz auslösende Mitteilung grundsätzlich noch möglich. Dies jedoch nur, wenn Sie die Fristüberschreitung nicht zu vertreten haben und die Mitteilung unverzüglich nachholen.

Sollte ihre postalische Mitteilung verloren gegangen sein haben Sie im Regelfall gute Chancen, trotzdem von dem Kündigungsschutz zu profitieren. Insofern raten wir Ihnen, Ihren Arbeitgeber anzurufen, mündlich in Kenntnis zu setzen, sofern dies bisher nicht passiert ist, und sich erneut eine ärztliche Schwangerschaftsbestätigung ausstellen zu lassen.

Diese sollte dann so schnell wie möglich erneut losgeschickt oder persönlich abgegeben werden.

3. Sie selbst haben keine Kenntnis über die Schwangerschaft

Denkbar ist auch, dass Sie gekündigt werden und sich Wochen später herausstellt, dass Sie schwanger sind.

Ob Sie in dieser Situation von der Regelung des §17 I 1 Nr. 1 MuSchG profitieren ist stark einzelfallabhängig. Beachten sollten Sie jedoch folgendes:

Lassen Sie sich von einem Arzt/einer Ärztin, sollte dies noch nicht passiert sein, die Schwangerschaft bestätigen. Achten Sie bitte darauf, dass Ihnen das prognostizierte Entbindungsdatum schriftlich mitgeteilt wird. Dieses ist ausschlaggebend für den Schutz des §17 I 1 Nr. 1 MuSchG.

Als Erstes sollten Sie nun 280 Tage von diesem Datum herunterrechnen. Wenn Ihre Kündigung innerhalb dieses Zeitraumes erfolgt ist, sind sie vor einer Kündigung – auch rückwirkend – geschützt.


Beispiel:

prognostiziertes Entbindungsdatum: 12.10.2023; Kündigungsdatum: 10.01.2023

12.10.2023 – 280 Tage= 05.01.2023

-à das Kündigungsverbot wirkt!

Anmerkung: Wie Sie sehen wirkt der Kündigungsschutz nicht nur 9 Monate zurück. Deswegen lohnt es sich in unübersichtlichen Situationen stehts, den Beginn des Kündigungsschutzes nachzurechnen!


Wurde Ihnen innerhalb dieses Zeitraumes gekündigt, liegt es an Ihnen ihren Schutz geltend zu machen und vor allen, dies zu beweisen!

Deswegen müssen Sie als zweites ihren ehemaligen Arbeitgeber unverzüglich in Kenntnis setzen. Dies kann grundsätzlich zunächst telefonisch passieren. Trotzdem sollte Sie ihre ärztliche Bestätigung in jeden Fall bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber hinterlegen. Grund dafür ist, dass sie die Darlegungs- und Beweislast haben.

Sollte Ihr Arbeitgeber ihre ärztliche Bestätigung rügen oder sich weigern, Sie wieder anzustellen helfen wir Ihnen gerne weiter!


Aber Achtung! Grundvoraussetzung dafür, auch in diesem Fall von dem Kündigungsschutz zu profitieren ist, dass Sie unverschuldet keine Kenntnis von der Schwangerschaft hatten und dies -wie bereits dargestellt- ohne schuldhaftes Zögern dem Arbeitgeber mitteilen.

Falls Sie es trotz Symptomen, welche eine Schwangerschaft eindeutig indizieren, versäumt haben, eine ärztliche Schwangerschaftsuntersuchung machen zu lassen, liegen Anhaltspunkte vor, welche das Vorliegen einer Schwangerschaft praktisch unabweisbar machen oder sollten Sie sogar von der Schwangerschaft gewusst haben, werden Sie im Regelfall nicht von dieser Regelung profitieren, weil Sie das Anzeigen Ihrer Schwangerschaft schuldhaft versäumt haben.

Sollten jedoch diese Umstände, welche zu der Fristversäumung geführt haben, nicht auf Sie zurückzuführen sein, sehen die Erfolgsausschichten Ihrer Kündigungsschutzklage besser aus.


Die Kanzlei Baring steht Ihnen in jedem Fall zur Seite und hilft Ihnen, gegen rechtswidrige Kündigungen gerichtlich vorzugehen. Wir freuen uns auf ihren Anruf!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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