Kündigungsschutz im Kleinbetrieb

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Gibt es Kündigungsschutz in Kleinbetrieben?

In Betrieben, die 10 oder weniger Mitarbeiter beschäftigenn (sog. Kleinbetriebe), findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung (§ 23 KSchG). Dennoch sind Kleinbetriebe kein rechtsfreier Raum.

So hat das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87) entschieden, dass Arbeitnehmer durch die Generalklauseln der §§ 138 und 242 BGB vor Kündigungen geschützt werden, die auf willkürlichen oder sachfremden Motiven beruhen. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hat das Urteil aufgegriffen und in vielen Fällen Kündigungsschutz auch in Kleinbetrieben gewährt.

Die nachfolgende kleine Liste zeigt einen Überblick, was auch in Kleinbetrieben nicht erlaubt ist:


Sittenwidrigkeit und Treuwidrigkeit

Arbeitnehmer macht seine Rechte während der Probezeit geltend

Wird ein Arbeitsverhältnis allein deshalb in der Probezeit beendet, weil der Arbeitnehmer ihm zustehende Ansprüche geltend macht, dann ist eine solche Kündigung sittenwidrig und nichtig.

Widersprüchlichkeit 

Widersprüchlich ist es, wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer darin bestärkt, das Arbeitsverhältnis werde fortgesetzt und es dann doch plötzlich kündigt.

Der Arbeitgeber erklärt, er werde einen bestimmten Sachverhalt nicht zum Anlass einer Kündigung nehmen, und sodann wird später dennoch eine fristlose Kündigung erklärt.

Rechtsmissbrauch 

Eine rechtsmissbräuchliche Kündigung liegt vor, wenn die Kündigung erfolgt, um ein anderes vertragsfremdes oder unlauteres Ziel zu erreichen.

betriebsbedingte Kündigung im Kleinbetrieb ohne Auswahlentscheidung

Eine treuwidrige betriebsbedingte Kündigung kann im Kleinbetrieb vorliegen, wenn sie auf einer Auswahlentscheidung des Arbeitgebers beruht, die jede soziale Rücksichtnahme vermissen lässt. Das ist der Fall, wenn der gekündigte Arbeitnehmer über eine erheblich längere Betriebszugehörigkeit verfügt, der nicht gekündigte Arbeitnehmer, noch in der Probezeit ist und der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, die Gründe darzulegen, die zu Ungunsten des entlassenen Arbeitnehmers sprechen. Allerdings: Die Arbeitnehmer müssen untereinander vergleichbar sein.

Ungehörigkeit

Eine Kündigung in beleidigender Form oder zur Unzeit (Übergabe bei Beerdigung des Lebensgefährten) ist ungehörig und aus diesem Grund als unwirksam angesehen worden.


Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz - Diskriminierung  

Eine seit 39 Jahren beschäftigte Mitarbeiterin konnte aufgrund eines Rückenleidens nicht mehr am Empfang eingesetzt werden (anderweitig schon), anders die übrigen 8 deutlich jüngeren Mitarbeiterinnen.

Eine Altersdiskriminierung kann bereits vermutet werden, wenn der Arbeitgeber die „Pensionsberechtigung“ des Arbeitnehmers in dem Kündigungsschreiben erwähnt.

Auch geschlechtsbezogene Diskriminierung kann einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz begründen.


Verstoß gegen das Maßregelungsverbot

Einem rechtswidrigen Änderungsangebot des Arbeitgebers folgt eine sog. Maßregelung (§ 612a BGB) durch Kündigung, gewissermaßen als "Racheakt" für eine zulässige Rechtsausübung durch den Arbeitnehmer (d.h. „Revanche“ für die zulässige Ablehnung des rechtswidrigen Angebotes ist verboten).

Auch wenn eine Kündigung erfolgt, weil der Arbeitnehmer Lohnrückstände einklagt, liegt ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor.

Droht der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer trotz  Arbeitsunfähigkeit nicht zur Arbeitsleistung erscheint, und kündigt der Arbeitgeber, als tatsächlich dieser Fall (Krankheit) eintritt, dann indiziert das einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot.


Kündigungsschutz besonderer Personengruppen

Einige Personengruppen genießen besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz. Dieser Schutz gilt auch in Kleinbetrieben. 

Solchen besonderen Kündigungsschutz genießen bspw.: Schwerbehinderte (und Gleichgestellte), Schwangere, Personen, die Elternzeit in Anspruch nehmen (oder beantragen), Betriebsräte (auch Wahlbewerber), Auszubildende.


Last but not least: Formalitäten gelten auch im Kleinbetrieb

Auch in Kleinbetrieben sind die Formalitäten einer Kündigung einzuhalten, insbesondere das Schriftformerfordernis und die Befugnis zur Aussprache einer Kündigung.


Klagefrist: 3 Wochen

Will ein Arbeitnehmer sich gegen eine Kündigung im Kleinbetrieb wehren, so gilt eine Klagefrist von drei Wochen. Verstreicht diese Frist, d.h. wenn keine Klage erhoben wird oder nicht rechtzeitig und formgerecht beim Arbeitsgericht eingeht, gilt die Kündigung als wirksam, auch wenn sie rechtswidrig ist.


Kann eine Abfindung beansprucht werden?

Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so werden die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes über Abfindungen angewendet. Das bedeutet: Dem Arbeitnehmer kann es bei einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung oder bei einer sittenwidrigen Kündigung unzumutbar sein, dass das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Er kann dann bei dem Arbeitsgericht beantragen, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird und auch, dass eine Abfindung festgesetzt wird. Das gilt auch in Kleinbetrieben.


Dr. Markus Rente kennt das Arbeitsrecht seit mehr als 15 Jahren "von beiden Seiten", d.h. bei der Beratung bzw. Vertretung von Arbeitnehmern wie auch von Arbeitgebern. Mehr über Dr. Markus Rente erfahren Sie auf der Kanzleihomepage.


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