Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit „Null“?

  • 3 Minuten Lesezeit

Nach einer Kurzarbeit „Null“ (also Reduzierung der Arbeitszeit auf Null bei Bezug von Kurzarbeitergeld) muss der Arbeitnehmer feststellen, dass sein Arbeitgeber für die beiden Monate Kurzarbeit seinen Urlaubsanspruch um 2/12 gekürzt hat, also für jeden Monat der Kurzarbeit „Null“ um 1/12. Durfte er das?

Aktuelle Gerichtsurteile dazu gibt es (noch) nicht.

Der Arbeitgeber wird vermutlich argumentieren, dass der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit „Null“ nicht arbeiten musste; eine Erholung von der Arbeitspflicht also gar nicht möglich war.

Bundesarbeitsgericht (BAG)

Tatsächlich wird die Arbeitspflicht während der Kurzarbeit reduziert (im vorstehenden Beispiel auf Null) und das Bundesurlaubsgesetz - so das BAG seit seinem Urteil vom 19.03.2019 (Az. 9 AZR 315/17) - verknüpft die Anzahl der Urlaubstage mit der Anzahl der Tage, an denen eine Arbeitspflicht besteht. In dieser Entscheidung hat das BAG einen Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers, der sich ein Jahr in unbezahltem Sonderurlaub befand, verneint, da in dem Jahr wegen des vereinbarten Sonderurlaubs keine Arbeitspflicht bestand.

Besteht also wegen Kurzarbeit keine Arbeitspflicht für zwei Monate, so kürzt sich der Urlaubsanspruch für diese Zeit? Automatisch?

Nach einer rechtlichen Auffassung: Nein.

Anders als beim vereinbarten unbezahlten Sonderurlaub, kann der Arbeitnehmer aus der Kurzarbeit jederzeit zurück in die Arbeit gerufen werden. Er ist gerade nicht in einer mit dem Arbeitgeber vereinbarten Phase der Erholung und Entspannung.

Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer auch während der vereinbarten Kurzarbeit Urlaub beantragen und genehmigt erhalten. (Wurde die Kurzarbeit mittels BV festgelegt, dann muss diese Möglichkeit in der BV vorgesehen sein.)

Europäischer Gerichtshof (EuGH)

Der EuGH hat bereits in zwei Entscheidungen am 08.11.2012 (Az. C-229/11 und C-230/11) dazu ausgeführt, dass es Europarecht nicht entgegensteht, wenn nationale Regelungen vorsehen, dass der Urlaubsanspruch für Zeiten der Kurzarbeit „Null“ gekürzt wird.

Allerdings lag der Entscheidung eine Betriebsvereinbarung zu Grunde, in welcher die Kürzung des Urlaubs festgeschrieben war.

Andere gesetzliche Vorschriften

Für Zeiten der Elternzeit sieht § 17 BEEG vor, dass der Arbeitgeber den Urlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann. Eine Möglichkeit den Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Freistellung von der Arbeitsleistung für Pflegezeit um ein Zwölftel zu kürzen, sieht § 4 IV PflegeZG vor und § 4 ArbPlSchG enthält eine solche Regelung für Zeiten des Wehrdienstes.

Mit diesen Regelungen macht der Gesetzgeber deutlich, dass die Kürzung von Urlaubsansprüchen die Ausnahme ist und es besonderer Vorschriften für die Kürzung von Urlaub bedarf, obwohl die Hauptleistungspflichten (Arbeitspflicht und Vergütungspflicht) in diesen Fällen ausgesetzt sind. Es findet also gerade keine automatische Kürzung statt.

Allein mit der Aussetzung der Arbeitspflicht bei der Kurzarbeit „Null“ zu argumentieren, dürfte damit nicht ausreichen.

Fazit

Bis zu einer Entscheidung des BAG zu dieser Thematik sollte eine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit „Null“ nur dann hingenommen werden, wenn in der betreffenden BV eine solche Regelung enthalten ist oder der Arbeitnehmer in der Vereinbarung über die Kurzarbeit auf die Kürzung seines Urlaubsanspruchs hingewiesen wurde und er dennoch mit der Vereinbarung der Kurzarbeit einverstanden war.

Hat der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch für die Dauer der Kurzarbeit „Null“ ohne ausdrücklichen Hinweis auf diese Kürzung in einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer oder in einer BV gekürzt, sollte dagegen vorgegangen werden; eventuelle Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag sind zu beachten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Isabel Aumer

Beiträge zum Thema