Kurzarbeitergeld und Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers

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In seinem Urteil vom 26.08.2022 (12 Sa 297/22) hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Schadensersatz verlangen kann, wenn der Arbeitgeber gegen seine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag verstößt, indem er dem Interesse des Arbeitnehmers in Bezug auf die Beantragung von Kurzarbeitergeld nicht nachkommt.

Im zugrundeliegenden Fall klagte ein Arbeitnehmer auf Schadensersatz wegen Verschuldens des Arbeitgebers bei der Beantragung von  Kurzarbeitergeld plus Zuschlägen.

Der Kläger war seit 1999 bei der Beklagten in einem Kino eingestellt. Seine monatliche Arbeitszeit war auf mindestens 100 Stunden festgelegt. Im Manteltarifvetrag (MTV) von 2017 wurde Arbeit, die über die Soll-Arbeitszeit hinaus geleistet wurde, zuschlagspflichtig.

Im März 2020 wurde eine neue Regelung bezüglich der Kurzarbeit eingeführt, in der das Kurzarbeitergeld eine „Aufstockung (Zuschuss) um 23 Prozentpunkte auf 90 % der Nettoentgeltdifferenz im Sinne des § 106 SGB III“ erhalten sollte.

Der Kläger verlangte nun die rechtmäßige Auszahlung von dem Kurzarbeitergeld und den jeweiligen Zuschüssen  seit März 2020 bis Juni 2021.

Das Gericht entschied, dass die Berufung der Beklagten unbegründet sei.

Der Kläger könne Schadensersatz aus § 280 I BGB in Verbindung mit der jeweils geltenden Betriebsvereinbarung verlangen, da die Beklagte schuldhaft gegen ihre Nebenpflicht verstoßen habe, indem der Kläger nicht hinreichend ausgezahlt wurde.

Denn ein Arbeitgeber sei aus einem Arbeitsverhältnis verpflichtet, die Interessen des Arbeitnehmers zu schützen. Verstoße der Arbeitgeber schuldhaft dagegen, so könne Schadensersatz aus § 280 I BGB geltend gemacht werden.

Eine solche Pflichtverletzung liege hier in der nicht ausreichenden Auszahlung von Kurzarbeitergeld vor, da der Arbeitgeber dazu verpflichtet sei, das Kurzarbeitergeld zu beantragen, zu berechnen sowie auszuzahlen. Der Arbeitnehmer selbst könne bei der Beantragung nicht mitwirken; er bleibe allerdings Anspruchsinhaber. Somit sei der Arbeitgeber verpflichtet, fremde Rechte in eigenem Namen geltend zu machen. Verletze er nun diese Pflicht schuldhaft, so könne daraus ein Schadensersatzanspruch entspringen. Eine zu vertretende Pflichtverletzung, die in einem Schaden für den Arbeitnehmer resultiert, könne dem Arbeitgeber zugerechnet werden.

Weiterhin habe die Beklagte auch ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Berechnung des Kurzarbeitergelds unrichtig ausgeführt.  Bei Arbeitsausfall eines Arbeitnehmers gelte die Arbeitszeit der letzten drei Monate als Richtmaß für die Berechnung des Soll-Entgeltes, § 106 IV SGB III, wenn keine regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 106 I SGB III festgestellt werden könne.

Vorliegend sei die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit des Klägers regelmäßig weitaus über die festgelegten 100 Stunden hinausgelaufen. Dadurch, dass im Vertrag des Klägers lediglich eine Mindeststundenanzahl festgelegt worden sei, könne keine regelmäßige Arbeitszeit des Klägers festgestellt werden, sodass § 106 IV SGB III Anwendung finde. Damit sei bei der Berechnung auf die letzten drei Arbeitsmonate abzustellen.




Foto(s): Janus Galka

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