Ladung als Zeuge - was muss ich wissen?

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Sie haben eine Ladung als Zeuge von der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht bekommen? Dann stellen sich einige Fragen, die ich im Folgenden erörtern werde:


  • Was ist eine Zeugenvernehmung?
  • Was muss ich bei der Vernehmung beachten?
  • Muss ich da hingehen?
  • Was passiert, wenn ich nicht hingehe?
  • Was passiert, wenn ich nicht hingehen kann?
  • Muss ich aussagen?
  • Darf ich einen Rechtsanwalt mitnehmen?


Was ist eine Zeugenvernehmung?

Um Straftaten aufklären zu können, ist der Zeugenbeweis für die Ermittlungsbehörden ein wichtiges Mittel. Hierbei werden Personen befragt, die etwas zur Aufklärung der Straftat beitragen können – sei es, weil sie etwas gesehen oder auf andere Weise mitbekommen haben.


Bei der Vernehmung geht es darum, dass der Zeuge sein Wissen über den Vorfall in eigenen Worten wiedergibt. Daraufhin werden zumeist noch weiterführende Fragen gestellt, die der Zeuge zu beantworten hat.


Was muss ich bei der Vernehmung beachten?

Wenn Sie eine Aussage tätigen, geht es darum, dass Sie Tatsachen mitteilen. Schildern Sie den besagten Vorfall, so wie Sie sich erinnern. Es geht nicht darum, dass Sie Mutmaßungen anstellen. Erzählen Sie, was Sie gesehen, von einer anderen Person in einem Gespräch mitgeteilt bekommen haben oder ähnliches, was für das Verfahren von Bedeutung ist.


Wenn Sie sich an bestimmte Dinge nicht erinnern, teilen Sie dieses mit. Äußern Sie ebenfalls, wenn Sie sich zwar an etwas erinnern, aber sich nicht ganz sicher sind. All das, sollte in das Protokoll der Vernehmung aufgenommen werden. Damit kann der Wert der Aussage für das Verfahren festgestellt werden. Sollten Sie die Antwort auf bestimmte Fragen nicht wissen, sagen Sie „Ich weiß es nicht“ – niemand kann von Ihnen verlangen, dass Sie sich an alles erinnern. Oft liegen die Vorfälle schon weit zurück. Teilen Sie also nur die Dinge mit, die Sie erinnern.


Wichtig ist, dass Sie nicht lügen! Mit einer Lüge können Sie sich strafbar machen. Bei einer Lüge während einer polizeilichen oder staatsanwaltlichen Vernehmung kommen die Straftatbestände der Strafvereitelung oder der falschen Verdächtigung in Betracht. Lügen Sie vor Gericht, machen Sie sich wegen einer Falschaussage – im Schlimmsten Fall des Meineides – strafbar.


Muss ich da hingehen?

Hier ist zu unterscheiden: Einer Ladung als Zeuge für ein gerichtliches Verfahren oder einer Ladung durch die Staatsanwaltschaft müssen Sie Folge leisten.


Einer Ladung durch die Polizei grundsätzlich nicht. Dieses ändert sich allerdings, sofern der Ladung durch die Polizei ein konkreter Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Ob ein solcher Auftrag vorhanden ist, wird der Ladung zu entnehmen sein. Der Hinweis muss deutlich in der Ladung zu erkennen sein, welches in der Praxis in aller Regelmäßigkeit auch der Fall ist.


Was passiert, wenn ich nicht hingehe?

Wenn Sie der Ladung als Zeuge nicht nachkommen, obwohl Sie verpflichtet sind, können Ihnen die Kosten des Verfahrens, welche durch Ihr Nichterscheinen entstanden sind, auferlegt werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Verhängung eines Ordnungsgeldes oder in Extremfällen, insbesondere, wenn das Ordnungsgeld nicht ausreicht, der Ordnungshaft. In der Praxis wohl am meisten genutzt, ist die Folge der Vorführung. Das bedeutet, dass Sie beispielsweise bei einer Gerichtsverhandlung zum nächsten Termin nicht nur erneut geladen, sondern von Polizeibeamten zu Hause abgeholt werden, damit sicher gestellt werden kann, dass Sie erscheinen. Dieses Mittel wird genutzt, wenn zu erwarten ist, dass Sie auch zum nächsten Termin nicht erscheinen werden.


            BEACHTEN Sie:

Bei mehrfachem Ausbleiben können die Ordnungsmittel auch mehrfach verhängt werden!


Voraussetzung für die Anwendung dieser Mittel, ist eine ordnungsgemäße Ladung. Diese muss einen Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens und Ihre Rechte als Zeuge enthalten, den Ort und die Zeit der Vernehmung nennen und sie muss bei einer schriftlich verfassten Ladung (der Hauptfall in der Praxis) nachweislich zugegangen sein – Sie müssen die Ladung also erhalten haben.


Was passiert, wenn ich nicht hingehen kann?

Es besteht die Möglichkeit, sich entschuldigen zu lassen. Eine solche Entschuldigung muss so frühzeitig eingehen, dass eine Terminsverlegung mit Abladung der anderen Beteiligten an dem Strafverfahren möglich bleibt. Zudem darf das Gericht nicht an den Entschuldigungsgründen zweifeln – Sie sollten also nicht aufgrund von Belanglosigkeiten Ihre Vernehmung versuchen abzusagen.


Sollten Sie kurzfristig erkranken, ist ein Attest vom Arzt zu empfehlen. Bei sonstigen kurzfristigen Problemen, die ein Erscheinen unmöglich machen oder zumindest deutlich erschweren, versuchen Sie die Beteiligten – bei einer Gerichtsverhandlung den Richter, bei einer polizeilichen Vernehmung den Polizeibeamten – zu kontaktieren und die Sachlage zu erklären. Bleiben Sie unter keinen Umständen einfach fern!


Muss ich aussagen?

Grundsätzlich: Ja.

Es gibt allerdings Ausnahmen von diesem Grundsatz. In Betracht kommen ein Zeugnisverweigerungs- oder ein Auskunftsverweigerungsrecht.


Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO:


Das Zeugnisverweigerungsrecht steht den Angehörigen des Beschuldigten zu. Im Einzelnen sind das

  • Verlobte
  • Ehegatten (auch nach Scheidung)
  • Lebenspartner
  • Verwandtschaft und Schwägerschaft


Das Zeugnisverweigerungsrecht dient dem Zweck, dass der Zeuge nicht gezwungen wird, gegen eine nahestehende Person auszusagen. Sie sollen also nicht in der Zwickmühle sein.


            BEACHTEN Sie:

Selbst wenn Ihnen dieses Recht zusteht, müssen Sie dennoch zu der Vernehmung erscheinen. Sie dürfen nicht einfach nicht hingehen. Sie müssen sich bei der Vernehmung ausdrücklich und deutlich auf Ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Sie müssen keine Begründung nennen und auch nicht nach einer solchen gefragt werden.


Über dieses Recht müssen Sie vor jeder einzelnen Vernehmung belehrt werden. Sollte dieses nicht der Fall sein, kann es zur Folge haben, dass Ihre Aussage nicht verwertbar ist. Sie können sich auch lediglich für einzelne Teile oder Fragen von bestimmten Beteiligten auf das Recht berufen.


Wollen Sie dennoch aussagen, ist es natürlich möglich, auf das Recht zu verzichten. Auch dieser Verzicht muss deutlich erklärt werden. Bevor Sie auf ein solches Recht verzichten, ist es jedoch sinnvoll, dieses mit einem Strafverteidiger zu besprechen.


Berufsgeheimnisträger nach § 53 StPO


Ein solches Verweigerungsrecht kann auch bestimmten Berufsgruppen zustehen. Hier sind beispielsweise Rechtsanwälte, Psychologen oder Ärzte zu nennen. Ein Verweigerungsrecht steht ihnen bei Themen zu, welche Ihnen im Rahmen ihres Berufes anvertraut worden ist.


Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO


Der Zeuge, der sich selbst oder einen der Angehörigen aus dem § 52 StPO (siehe oben) belasten würde, darf die Auskunft verweigern. Das bedeutet, dass Ihnen auch hier erspart werden soll, gegen sich selbst oder eine nahestehende Person auszusagen.


Das Recht die Aussage zu verweigern betrifft alle Sachverhalte und Themen, mit denen Sie sich selbst oder einen Angehörigen belasten würden. Geht es in Ihrer Vernehmung um mehrere Straftaten und eine davon betrifft weder Sie noch einen Angehörigen – es besteht also keine Gefahr – müssen Sie aussagen.


Um von diesem Recht Gebrauch machen zu können, müssen Sie oder der Angehörige eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit vor der Aussage begangen haben. Zudem muss die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens drohen. Ist ein solches ausgeschlossen, zum Beispiel weil Sie bereits für die Straftat rechtskräftig verurteilt wurden, so steht Ihnen das Recht nicht mehr zu.


            Beachten Sie:

Sie müssen auch hier ausdrücklich erklären, von Ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Sie dürfen nicht einfach Teile der Aussage verschweigen! Und Sie müssen auch hier zu der Vernehmung erscheinen – selbst wenn sie schon vorher wissen, das Recht nutzen zu wollen.


Beachten Sie weiterhin:

Der Richter entscheidet, ob Ihnen ein solches Recht zusteht. Sofern ein solches Recht im Raum steht, sollten Sie dennoch vor Ihrer Aussage einen Strafverteidiger kontaktieren, um darüber eine Einschätzung zu erhalten.


Selbstverständlich dürfen Sie auch auf dieses Recht verzichten. Dieses müssen Sie wiederum deutlich und ausdrücklich erklären. Und auch hier empfiehlt sich, dieses im Vorfeld mit einem Strafverteidiger zu besprechen.


Darf ich einen Rechtsanwalt mitnehmen?

Ja, das dürfen Sie. Ein Rechtsanwalt kann als Zeugenbeistand zur Vernehmung mitgenommen werden, um Ihre Rechte als Zeuge im Blick zu halten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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