Medizinrecht, Arzthaftung, Schadensersatz, Schmerzensgeld

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Der bekannte Dr. Brinkmann aus der „Schwarzwaldklinik“, der souverän jedes medizinisch-menschliche Problem löst und rechtliche Grauzonen zuschauergerecht löst, ist Illusion. 80% aller Behandlungsfehler sind systembedingt – Stress, Überarbeitung, Kommunikationsprobleme und fehlende Eigeninitiative und Desinformation des Patienten sind der Auslöser.

Behandlung ist grundsätzlich Körperverletzung und allgemeines Lebensrisiko.

Im deutschen Recht wird jeder ärztliche Eingriff rechtlich als Körperverletzung qualifiziert, der durch Einwilligung gerechtfertigt ist. Diese wird z.B. bei Operationen oder anderen umfangreicheren Eingriffen schriftlich nebst umfangreicher Aufklärung über die Maßnahmen fixiert. Auch wenn die Ärzteschaft diese rechtliche Wertung kritisiert – Nur ein kunstgerecht durchgeführter Eingriff, der mit einwilligungsfähiger Aufklärung begleitet wurde, schafft Rechtssicherheit. Aber notwendig ist der aufgeklärte Patient, der mitdenkt, denn Ärzte sind auch nur Menschen. Ihre Fehler sind jedoch i.d.R. irreversibel.

Laut dem wissenschaftlichen Institut der AOK (2014) sterben jedes Jahr 14.000 Patienten im Krankenhaus an Kunstfehlern.

Den meisten Ärzten unterläuft – wie jedem Menschen in seinem Beruf – irgendwann ein Behandlungsfehler. Studien aus Nordamerika berichten von ca. 90 % leichten und immerhin ca. 55% schweren Behandlungsfehlern bei 3000 befragen Ärzten. Dies überrascht nicht, denn in keinem Beruf kann ohne jeglichen Fehler gearbeitet werden. Bei Ärzten jedoch geht man aus ethisch-traditionellen Gründen oftmals davon aus. Da der menschliche Organismus aber keine berechenbare Maschine ist, ist das Hauptproblem die Beweisführung und die Kausalität eines Behandlungsfehlers für Langzeitfolgen.

Der Arzt schuldet keinen Behandlungserfolg.

Der Arzt schuldet lediglich eine dem fachgerechten Standard entsprechende Behandlung – Stichwort „lege artis“. Lege artis („nach den Regeln der Kunst“, von lateinisch lex, legis, „Gesetz“ und lateinisch ars, artis, „Kunst“; englisch State of the Art) ist im Haftungsrecht der Rechtsgrundsatz, wonach eine vertragliche Leistungspflicht entsprechend dem Stand der Wissenschaft, den anerkannten Regeln der Technik, den gesellschaftlichen Normen, den Rechtsnormen sowie unter Einsatz der körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu erfüllen ist (Wikipedia).

Recht auf eine zweite Meinung.

Der Patient hat grundsätzlich das Recht, Arzt und Krankenhaus frei zu wählen und zu wechseln und eine zweite Meinung einzuholen. Dies ist festgehalten in der Carta der Patientenrechte von 2003, die die Bundesärztekammer und die Spitzenverbände der Krankenkassen erarbeitet haben. Wieviele Meinungen Sie auch einholen - die letztendliche Entscheidung über eine Behandlung liegt beim Patienten. Daher ist es notwendig, sich umfassend zu informieren und aufzuklären.  Sofern man einen Behandlungsfehler vermutet, sollte man spätestens dann eine zweite Meinung einholen. Befundberichte, Blutwerte, Röntgenaufnahmen sollten dem zweiten Arzt vorgelegt werden. Der Patient hat ein Recht auf Kopien. Falls medizinisch notwendig, kann der andere Arzt aber auch eigene Untersuchungen vornehmen.

Zwingend: Aufklärungspflicht.

Der Patient muß umfangreich aufgeklärt werden. Dies ist in der Regel bei Standard-Behandlungen unproblematisch. Bei Medikamenten mit Notfallzulassungen, deren Wirkungen noch ungeklärt und auch langfristige Nebenwirkungen noch nicht hinreichend bekannt sind, ist eine Aufklärung wohl nicht möglich und die Einwilligung des Patienten dürfte daher unwirksam sein. Der Arzt, das Krankenhaus usw. sind für die rechtswirksame Aufklärung beweispflichtig.

Bei Vertrauensverlust: Arztwechsel und ggf. anwaltliche Vertretung.

Die Dokumente sollten man anwaltlich prüfen, wenn keine Einigung zustande kommt  Da Ansprüche auf Schadensersatz nach 3 Jahren verjähren können und der Beginn der Verjährung von der Kenntnis aller haftungsbegründenden Tatsachen, Schlichtungsverfahren u.ä. abhängt, sollte man umgehend aktiv werden und den Eintritt der Verjährung notwendigenfalls durch eine Schadensersatzklage verhindern. Arzthaftungsprozesse sind jedoch u.U. langwierig, teuer und die Beweisführung schwierig. Diese wird noch dadurch erschwert, daß der Zustand des Patienten bei entsprechender Prozessdauer durch Vorerkrankungen, Alter und degenerative Veränderungen zunehmend schlechter zu beurteilen und auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen sein kann.

Ärger mit der Arztrechnung.

Privatpatienten erhalten regelmäßig eine genau aufgeschlüsselte Rechnung nach GOÄ, Kassenpatienten nur als Selbstzahler oder bei sog. IGel-Leistungen. Kassenpatienten sind regelmäßig über den Behandlungsvertrag und die damit verbundenen Kosten aufzuklären. Bei Unstimmigkeiten über die Rechnung sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, den Patienten zu unterstützen (Fachärztliches Gutachten durch den medizinischen Dienst). Bei Arzthaftungsfragen kann man sich in Bayern an die Bayerische Landesärztekammer wenden.

Wenden Sie sich in Arzthaftungsfällen regelmäßig an einen Rechtsanwalt.


Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.



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