(M)ein Anwalt muss nicht teuer sein – Erstattungsfähigkeit von Anwaltsgebühren

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Wann immer eine Angelegenheit sich so zuspitzt, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts unausweichlich erscheint, kommt irgendwann die unvermeidliche Frage auf: Wie teuer wird das denn jetzt, wenn ich einen Anwalt beauftrage?

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und Vergütungsvereinbarungen

Diese Frage lässt sich – wie so viele andere im juristischen Bereich – mit einem „Es kommt darauf an“ beantworten. Grundsätzlich gelten für anwaltliche Gebühren die Vorgaben des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Dabei orientieren sich diese Vorgaben an verschiedenen Faktoren wie Streitwert oder auch dem aktuellen Stand im Verfahren. Alternativ besteht auch die Möglichkeit einer darüberhinausgehenden Honorarvereinbarung

Dabei können in beiden Fällen mitunter recht schnell höhere Summen zusammenkommen, die für den Mandanten faktisch eine hohe Belastung darstellen.

Wichtig: Rechtschutzversicherung!

Einen besonders praxisrelevanten Schutz bieten hier Rechtsschutzversicherungen.

Grundgedanke der Rechtsschutzversicherungen ist, dass der Versicherungsnehmer beim Eintritt des Versicherungsfalls finanziell unterstützt wird. Davon erfasst sind in der Regel auch die anfallenden Anwaltskosten.

Da aber nicht jeder Bürger rechtschutzversichert ist, bieten auch Rechtschutzversicherungen keinen optimalen Schutz davor, am Ende die Anwaltskosten aus eigenen Finanzmitteln zu tragen.

Dies gilt umso mehr, als dass die verschiedenen Rechtschutzversicherungen in der Regel keinen umfassenden Versicherungsschutz in allen Rechtsgebieten anbieten. Insbesondere das Strafrecht ist hier oftmals ausgeklammert. Es lohnt sich daher ein sorgfältiger Vergleich der Angebote der einschlägigen Anbieter.

Anwaltskosten als Schadensersatz?

Anwaltskosten können allerdings unter Umständen gegenüber der anderen Seite im Rahmen des Schadensersatzes außergerichtlich geltend gemacht werden. Dies kann unter verschiedenen Voraussetzungen der Fall sein.

So kann beispielsweise nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Geschädigte, der einen Schadensersatzanspruch nach Deliktsrechts oder bei Verletzung vorvertraglicher Pflichten geltend macht, regelmäßig einen Rechtsanwalt außergerichtlich mit der Prüfung und Durchsetzung solcher Ansprüche beauftragen und die dadurch entstandenen Kosten als weiteren Schadensersatzanspruch geltend machen (so unter anderem BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – VI ZR 43/05; BGH, Urteil vom 30. April 1986 – VIII ZR 112/85; BGH, Urteil vom 25. Februar 1972 – V ZR 74/69; BGH, Urteil vom 21. Oktober 1969 – VI ZR 86/68; BGH, Urteil vom 01. Oktober 1968 – VI ZR 159/67; BGH, Urteil vom 31. Januar 1963 – III ZR 117/62; BGH, Urteil vom 01. Juni 1959 – III ZR 49/58; BGH, Urteil vom 22. Januar 1959 – II ZR 321/56).

Dies gilt nicht für die Abwehr von Schadensersatzansprüchen – die Abwehr von unberechtigten Schadensersatzforderungen gehört nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zum allgemeinen Lebensrisiko (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – VI ZR 224/05). Allerdings will er dies (konsequenterweise) nicht auf jene Fälle ausgedehnt wissen, in welchen bei bestehenden Vertragsverhältnissen sich die Gegenseite zu Unrecht eines Anspruchs oder eines Rechts berühmt (BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 – V ZR 133/08).

Zuletzt kann derjenige Gläubiger, dessen Schuldner sich im Leistungsverzug befindet, einen Rechtsanwalt einschalten, um seine Forderung effektiver geltend zu machen. Auch die hierdurch entstehenden Kosten können im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs gegen den Schuldner geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14).

Dabei muss die Beauftragung eines Anwalts erforderlich und auch zweckmäßig gewesen sein.

Dies ist in der Regel der Fall, sofern die Gegenseite bereits einen Anwalt eingeschaltet hat (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 – IX ZR 110/10; BGH, Urteil vom 30. April 1986 – VIII ZR 112/85) oder der Geschädigte Opfer eines Verkehrsunfalls war (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 02. Dezember 2014 – 22 U 171/13).

Nicht erforderlich oder zweckmäßig ist die Beauftragung eines Anwalts hingegen dann, wenn der Schädiger auch ohne dessen Einschaltung ohne jeden Zweifel bereits leistungsbereit gewesen wäre (BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 – VI ZR 73/04; BGH, Urteil vom 08. November 1994 – VI ZR 3/94), der Fall insgesamt gesehen als einfach gelagert anzusehen ist (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 – VIII ZR 277/11; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – VI ZR 175/05; BGH, Urteil vom 08. November 1994 – VI ZR 3/94; BGH, Urteil vom 30. April 1986 – VIII ZR 112/85) oder bei Einschaltung eines Anwalts für den Mandanten bereits die mangelnden Erfolgsaussichten der Sache ersichtlich sind (BGH, Urteil vom 17. September 2015 – IX ZR 280/14; BGH, Urteil vom 26. Februar 2013 – XI ZR 345/10).

Mithin kann also festgehalten werden, dass anfallende Anwaltskosten in vielen gängigen privatrechtlichen Fällen des täglichen Lebens von der Gegenseite zurückgeholt werden können.

Anwaltskosten bei der Pflichtverteidigung

Eine besondere Ausnahme bezüglich der Anwaltskosten bildet darüber hinaus im Strafrecht die Pflichtverteidigung, bei der man aus verschiedenen Gründen einen Pflichtverteidiger beigeordnet bekommen kann oder sogar zwangsweise beigeordnet bekommt.

Dabei gilt zu beachten, dass eine Pflichtverteidigung nicht vor anfallenden Anwaltskosten per se schützt.

Allerdings zahlt im Falle eines Freispruchs die Staatskasse die Ihnen angefallenen Anwaltskosten. Und selbst im Falle einer Verurteilung sind die Gebühren des Pflichtverteidigers deutlich niedriger als die des frei gewählten Wahlverteidigers (80 % der sogenannten Mittelgebühr).

Eine Pflichtverteidigung trifft Sie daher im Fall der Fälle in der Regel finanziell deutlich weniger hart als vielleicht erwartet. Zwar kann das Institut der Pflichtverteidigung Ihnen keinen umfassenden Ersatzanspruch für die Strafverteidigerkosten bieten, es entlastet Sie aber unter Umständen dennoch.

Fazit

Obgleich der Gang zum Rechtsanwalt auf den ersten Blick eventuell als ein belastender Kostenfaktor erscheint, kennt die Rechtspraxis verschiedene Methoden, die Ihnen anfallenden Anwaltskosten zu mindern, oder räumt Ihnen sogar die Möglichkeit ein, anfallende Anwaltskosten von der Gegenseite zurückzuholen.

Es gilt überdies stets der Grundsatz: Einen Anwalt zu haben kann teuer sein – keinen zu haben aber noch viel teurer. Sparen Sie hier also nicht am falschen Ende, sondern lassen sich von Ihrem kompetenten Rechtsbeistand in der Sache weiterberaten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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