"Menschlich enttäuscht" - Kein Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses

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Vor dem Arbeitsgericht Herford hat ein Arbeitnehmer erfolgreich gegen die fristlose Kündigung seines Arbeitsvertrages geklagt. Der Arbeitgeber hatte ihn aus persönlichen Gründen unvermittelt vor die Tür gesetzt. Im Kündigungsschutzklageverfahren schob der Chef dann einen ganzen Strauß an Gründen nach, die das Gericht jetzt aber komplett verworfen hat.


Der Fall

Mehr als 14 Jahre war ein Mitarbeiter in verantwortungsvoller Position bei seiner Firma tätig, als er überraschend seine Kündigung erhielt und sofort seinen Arbeitsplatz räumen, seinen Dienstwagen abgeben und das Firmengelände verlassen musste. Als Grund gab sein Chef nur an, dass er menschlich von ihm enttäuscht sei.

Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Herford. Dort legte der Arbeitgeber dann einen ganzen Wust an vermeintlichen Verfehlungen und behaupteten Minderleistungen des Mitarbeiters vor, die er geradezu detektivisch ermittelt hatte. Teilweise lagen diese Vorgänge schon Monate und Jahre zurück, der Chef berief sich aber darauf, dass ein durchgehendes illoyales Verhalten vorläge, aufgrund dessen er jetzt noch fristlos kündigen könne.

Nachdem im Prozess sämtliche Vergleichsverhandlungen an der Weigerung des Arbeitgebers gescheitert waren, hat das Arbeitsgericht dessen billigem Versuch, sich von dem Mitarbeiter zu trennen, einen Riegel vorgeschoben und der Klage mit Urteil vom 19.01.2023 stattgegeben. 

Das Gericht hielt die vermeintlichen Verfehlungen des Arbeitnehmers – die dieser im Übrigen bestritten hatte – für so lapidar, dass sie selbst dann, wenn sie sich hätten nachweisen lassen, für eine Kündigung nicht ausreichten. Dies galt laut Gericht umso mehr vor dem Hintergrund, dass der Mitarbeiter während seiner langjährigen Tätigkeit für die Firma mit weit überobligatorischem Einsatz höchst erfolgreich Kundenbeziehungen aufgebaut hatte und damit für die Profitabilität des Unternehmens ein entscheidender Faktor gewesen ist.

Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. Da der Arbeitnehmer zwischenzeitlich eine anderweitige Beschäftigung aufnehmen konnte, verzichtete er darauf, zu seinem „alten“ Arbeitgeber zurückzukehren und forderte nur noch die ihm nach dem Urteil des Arbeitsgerichts zustehende Zahlung seines ausstehenden Lohnes bis zum Antritt der neuen Stelle ein.


Grundsätzliches

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist regelmäßig nur dann zulässig, wenn der Mitarbeiter vorher abgemahnt wurde und dann erneut dasselbe Fehlverhalten an den Tag legt. Eine Ausnahme besteht, wenn die Verfehlung des Arbeitnehmers so gravierend ist, dass es dem Arbeitgeber unzumutbar wäre, am Arbeitsverhältnis festgehalten zu werden. Dann kann er fristlos kündigen, sofern seine Kenntnis vom Fehlverhalten des Mitarbeiters noch keine zwei Wochen zurückliegt. Danach kommt nur eine ordentliche, fristgemäße Kündigung in Betracht. Beweisbelastet für das Vorliegen der Kündigungsgründe ist der Arbeitgeber.

Ob eine Kündigung durchsetzbar ist oder ob man sich gegen eine Kündigung erfolgversprechend wehren kann, sollte immer vorab von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht geprüft werden.



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