Mietpreis-Abzocke in Deutschland? Weit gefehlt!

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Vor allem in der sog. juristisch nicht forcierten Öffentlichkeit treibt es immer wieder den Mythos der angeblichen Mietpreis-Abzocke in Deutschland herum. Doch was ist dran an dem so oft beklagten vermeintlichen Phänomen? Oder ist Deutschland nicht etwa im europäischen und internationalen Vergleich eher „mietmilde“, was die preisliche Vorstellung betrifft? 

Fakt ist, dass etwa 60 Prozent der Mietwohnungen in Deutschland von Privatleuten, nicht von Gewerbetreibenden oder sog. Unternehmen vermietet werden. Im Vergleich zu großen Wohnkonzernen, welche wirtschaftlich agieren, sind die Privatvermieter deutlich und nachweislich zurückhaltender in der Höhe und dem Zeitraum von Mieterhöhungen. Gründe gibt es hierfür mehrere: 

1. Tatsächlich kennen viele Privatvermieter ohne anwaltliche Beratung und Vertretung die Rechtslage nicht bzw. nicht genau genug.

2. Zum anderen geht es privaten Vermietern zuvorderst um ein „gutes und soziales“ Verhältnis mit dem Mieter, das diese nicht gefährden wollen. 

Nachweislich gibt es in Deutschland knapp vier Millionen private Haus- und Wohnungseigentümer mit etwa 15 Millionen Wohnungen. Sie vermieten damit fast 60 Prozent der 21 Millionen Mietwohnungen und sind nach Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) die mit Abstand größte Vermietergruppe. Nur knapp ein Viertel der privaten Vermieter erhöht die Miete nur bei einem Mieterwechsel. Fast jeder fünfte Mieter hat seit mehr als zehn Jahren keine Mieterhöhung erhalten. Und durchschnittlich liege die Nettokaltmiete bei nur 7,93 Euro pro Quadratmeter und damit sogar um knapp drei Prozent unter der jeweils ortsüblichen Vergleichsmiete im Gegensatz zu gewerblichen Wohnungsvermietern. Allerdings beruht diese Umfrage auf den Angaben von etwas mehr als 2000 privaten Vermietern mit insgesamt knapp 5800 Wohnungen in sieben Städten mit unterschiedlich starker Wohnungsnot (München, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Kassel, Lübeck, Magdeburg, Osnabrück und Pirmasens). Deshalb sieht auch der Deutsche Mieterbund solche Umfragen mit Skepsis an. Er verweist darauf, dass auch die großen Wohnungsunternehmen angeben, bei ihren Wohnungsbeständen unterhalb der Vergleichsmiete zu liegen – und irgendwer müsse für die rasanten Mieterhöhungen in den Städten ja verantwortlich sein. 

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung ermittelte bereits 2015, dass Privateigentümer mit Wohnungen in Mehrfamilienhäusern innerhalb von gut zwei Jahren nur in sieben Prozent der Fälle den Mietpreis erhöhten. Selten pochen demnach private Vermieter auch auf Index- oder Staffelmietverträge, bei denen die Miete regelmäßig mit der Teuerungsrate oder schrittweise steigt. 

Es gibt per se nicht den privaten Vermieter. Teilweise finden sich unter diesen die sog. Steueroptimierer, die versuchen rauszuholen, was rauszuholen ist und ihr Objekt auch wieder verkaufen, wenn sie merken, dass ihre Erträge sinken. Vermieter, die zum Beispiel in einem Mehrfamilienhaus wohnen, in dem sie auch eine Wohnung vermieten, dürften hingegen an einem stetig guten Verhältnis zu den Mietern interessiert sein. Hinzu kommt ein anderer wichtiger Aspekt: Eine Privatperson macht sich beim Thema Mieterhöhungen mehr bzw. weitere Gedanken, wie sich hierdurch das Verhältnis zum einzelnen Mieter verändern könnte. Da ein Privatvermieter keine Routine damit hat, ein Mieterhöhungsschreiben zu formulieren, kennt dieser auch die Rechtslage nicht. Bei großen Unternehmen hingegen läuft eine Mieterhöhung hingegen automatisiert und viel anonymer ab. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sieht dies ähnlich. Private Vermieter verzichteten häufig auf mögliche Mieterhöhungen bei bestehenden Verträgen, um häufige Mieterwechsel zu begrenzen und um ein gutes Verhältnis zum Mieter nicht zu gefährden, heißt es in einer Studie des IW über private Vermieter. Diese setzten dann aber darauf, bei einer Neuvermietung die Mieten an das Marktniveau anzupassen. Höhere Miete haben die privaten Eigentümer laut IW vor allem in den Städten verlangt. Dort sind ihre Mieteinnahmen von 2005 bis 2015 um mehr als 37 Prozent gestiegen, deutlich mehr als in den ländlichen Regionen. Was dabei herausspringt, hat das Institut im Herbst 2017 ebenfalls untersucht. Demnach erzielt gut die Hälfte der Kleinvermieter Mieteinnahmen von weniger als 5000 Euro netto im Jahr – nach Abzug der Kosten fürs Instandhalten der Immobilie, aber vor Abzug von Steuern. Städtische Kleinvermieter kamen 2015 auf Mieteinkünfte von durchschnittlich mehr als 10 000 Euro. In den ländlichen Räumen waren es nicht ganz 6000 Euro. Klar sein dürfte danach auch, dass das Bild des „reichen Vermieters, der benachteiligten Mietern gegenübersteht“, eher die Ausnahme als die Regel sein dürfte. 



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