OLG Hamm: Klinik muss sich an Wahlleistungsvereinbarung halten - Schadensersatz

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Vertrauen in den Arzt ist für viele Patienten ein wichtiges Kriterium. Großes Vertrauen genießt in der Regel der Chefarzt. Wurde im Rahmen einer Wahlleistungsvereinbarung die Behandlung durch den Chefarzt oder einen anderen bestimmten Arzt vereinbart, muss sich die Klinik auch daran halten. Eine Operation muss dann auch vom Chefarzt durchgeführt werden, es sei denn, er ist verhindert. Seine alleinige Anwesenheit, z. B. als Anästhesist bei der OP, ist nicht ausreichend, um die Wahlleistungsvereinbarung zu erfüllen. Mehr noch: Der Eingriff ist dann ohne entsprechende Einwilligung des Patienten sogar rechtswidrig, entschied das OLG Hamm mit Urteil vom 15.12.2017 (Az.: 26 U 74/17).

„Hält sich die Klinik nicht an die Wahlleistungsvereinbarung, kann das weitreichende Folgen haben. Nicht nur dem Patienten können Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche zustehen, sondern auch die Krankenversicherung kann die Rückerstattung der Behandlungskosten verlangen“, erklärt Rechtsanwalt Jens Schulte-Bromby, Partner der Kanzlei AJT in Neuss und Ansprechpartner für Medizinrecht.

In dem Fall, den das OLG Hamm zu entscheiden hatte, machte die Krankenversicherung die Rückerstattung der Behandlungskosten geltend. Die Klägerin war der gesetzliche Krankenversicherer einer Patientin. Diese befand sich in stationärer Behandlung in dem beklagten Krankenhaus. Die Frau hatte zusätzlich eine Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen, die ihr die Behandlung durch den Chefarzt zusicherte. Nur im Verhinderungsfall hätte der Chefarzt von einem anderen Arzt vertreten werden dürfen.

Bei der Frau wurde eine Koloskopie durchgeführt. Bei dem Eingriff war der Chefarzt nur als Anästhesist anwesend. Nach dem Eingriff wurde eine intensive medizinische Behandlung mit Beatmung der 93-jährigen Patientin notwendig. Es trat eine Sepsis auf und wenig später verstarb die Frau. Die Krankenkasse machte nun die infolge der Koloskopie aufgewandten Behandlungskosten (30.000 Euro) geltend. Sie argumentierte, dass der Eingriff vom Chefarzt persönlich hätte vorgenommen werden müssen. Ein Vertretungsfall habe nicht vorgelegen.

Die Klage hatte Erfolg. Das OLG Hamm entschied, dass die Behandlung insgesamt rechtswidrig gewesen sei, da keine Einwilligung der Patientin vorgelegen habe. Denn die Patientin hätte zustimmen müssen, dass der Eingriff – anders als vereinbart – nicht vom Chefarzt durchgeführt werde. Ein Wahlarzt müsse seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich und eigenhändig erbringen. Eine Koloskopie sei ein operativer Eingriff mit nicht unerheblichen Risiken. Daher komme es maßgeblich auf die Fähigkeiten des Operateurs an. Der Chefarzt hätte die OP daher grundsätzlich selbst durchführen müssen. Alleine seine Anwesenheit bei der Operation reiche nicht aus, so das OLG Hamm.

„Wurde eine Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen, hat der Patient also grundsätzlich den Anspruch, auf die Behandlung durch den vereinbarten Arzt. Hält sich die Klinik nicht an die Vereinbarung können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden“, so Rechtsanwalt Schulte-Bromby.

Mehr Informationen: https://www.ajt-partner.de/medizinrecht



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