OLG Karlsruhe: Mehrbedarf bei Internatsbesuch

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Wer das alleinige Sorgerecht hat oder das Sorgerecht für die schulische Angelegenheiten, kann die Schulausbildung des Kinds eigenverantwortlich festlegen. Dabei kann es zu einem Mehrbedarf beim Kindesunterhalt kommen. 

Die Mehrkosten für eine Internatsunterbringung sind ein solcher Mehrbedarf. Die höheren Kosten müssen allerdings angemessen sein und der Besuch einer kostengünstigeren Schulform nicht den gleichen Erfolg versprechen.

Mehrkosten durch Internatsunterbringung 

In dem von dem Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall stritten die Eltern über die Kosten für die Internatsunterbringung. Zunächst hatte die Tochter nach der Trennung der Eltern bei der Mutter gelebt. Im Verlauf der sechsten Klasse wechselte sie zum Vater. Dieser hat auch das alleinige Sorgerecht für die schulischen Angelegenheiten.

Die Tochter hat eine erhebliche Lese- und Rechtschreibschwäche sowie eine Rechenschwäche. Obwohl die Grundschule einen Realschulbesuch empfohlen hatte, geht sie seit der fünften Klasse auf das Gymnasium. Die bestehenden Lernschwächen werden in einem privaten Institut therapiert. Nach dem Umzug zum Vater besuchte das Mädchen weiterhin ein Gymnasium, jedoch nicht mehr die Therapie.

Seit der siebten Klasse nun lebt die Tochter in einem Internat. Dort erhält sie auch einmal wöchentlich eine Legasthenie-Therapie. Ihre Rechenschwäche wird allerdings nicht therapiert.

Die Mutter sollte sich an den Mehrkosten für die Internatsunterbringung beteiligen, lehnte jedoch ab. Es entspreche nicht den Fähigkeiten der Tochter, ein Gymnasium zu besuchen. Auch biete das Internat keine adäquate Therapie der Lernschwächen an. Aus ihrer Sicht sei es zumutbar und erheblich kostengünstiger, wenn die Tochter weiterhin das staatliche Gymnasium und die private Therapie besuche.

Schulischer Mehrbedarf durch Internatsbesuch? 

Grundsätzlich stellt eine Internatsunterbringung einen schulischen Mehrbedarf dar. Dieser ist vom unterhaltspflichtigen Elternteil zu übernehmen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Internatsbesuch berechtigt und angemessen ist. Dies gilt unabhängig von der Tatsache, ob die Internatsunterbringung teurer oder der andere Elternteil einverstanden ist.

Der sorgeberechtigte Elternteil kann prinzipiell die Ziele und Wege der Ausbildung des Kinds allein bestimmen. Um festzustellen, ob die Kosten angemessen sind, ist zu prüfen, ob andere Möglichkeiten zur schulischen Förderung des Kinds bestehen. In diesem Fall hatte das Gericht erhebliche Zweifel an Internatsunterbringung und der ausschließlichen Legasthenie-Therapie. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass der Besuch einer staatlichen Schule angemessen sei. Auch könnte das private Institut beide Lernschwächen therapieren.

Das Gericht führte auch auf, dass sowohl die Grundschule des Kinds als auch die zwei früheren Gymnasien den Wechsel auf eine Realschule geraten hatten. Der behandelnde Kinderarzt halte den Besuch des Gymnasiums nur dann für möglich, wenn entsprechende Förderprogramme bestünden. Den Besuch des Internats rechtfertige nicht, dass das Kind dort umfänglicher als im Haushalt des Vaters betreut werde.

Auswirkungen bei Mehrbedarf 

Auch wenn Internatskosten einen Mehrbedarf darstellen, muss immer noch geprüft werden, ob der generelle Bedarf des Kinds dann sinkt. Der Regelbedarf des Kindesunterhalts kann dann geringer ausfallen. Auch könnte die Internatsunterbringung Auswirkungen auf die Höhe des Ehegattenunterhalts haben. 

Oberlandesgericht Karlsruhe am 16. Mai 2019 (AZ: 20 UF 105/18) 

Quelle: ARGE FamR im DAV


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