OLG Oldenburg: Keine Mithaftung für den Autokredit des Ex-Partners

  • 3 Minuten Lesezeit

Eine junge Frau haftet trotz Mitunterzeichnung des Kreditvertrages nicht für die hohen Darle­hensschulden ihres ehemaligen Partners. Dies hat das Oberlandesgericht Oldenburg ent­schieden und lehnte eine Mithaftung der Frau ab.

In guten Zeiten macht man sich oft wenig bis gar keine Gedanken über die Folgen einer Un­terschrift. Wird man dann allerdings beim Wort genommen, kann dies existenzbedrohend werden. So auch im Falle einer jungen Frau aus dem Kreis Osnabrück, die von einer Bank als Mithaftende für den Kredit ihres Ex-Lebenspartners gerichtlich in Anspruch genommen worden ist.


OLG Oldenburg entscheidet über die Wirksamkeit des Darlehensvertrages

Die Anfang 20-jährige verdiente als Verkäuferin in einer Bäckerei monatlich ca. EUR 1.300,00 netto. Sie unterschrieb neben ihrem damaligen Freund einen Darlehensvertrag über rund EUR 90.000,00 mit einer monatlichen Rate von knapp über EUR 1.000,00. Der Freund wollte mit dem Geld alte Kredite umschichten und sich ein Auto kaufen.

Zwei Jahre später kündigte die Bank den Kreditvertrag, weil der Freund die Raten nicht mehr bediente. Die Bank stellte die Restforderung von rund EUR 50.000,00 fällig. Weil die Bank von dem (inzwischen Ex-) Freund der jungen Frau das Geld nicht erhielt, verklagte die Bank die Frau auf Rückzahlung. Das Landgericht in Osnabrück verurteilte die Frau zur Zahlung des Betrages.


OLG Oldenburg hebt Urteil des LG Osnabrück wegen Sittenwidrigkeit auf

Hiergegen wandte sich die Frau an das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Der OLG-Se­nat gab nunmehr der Frau Recht und wies die Zahlungsklage der Bank ab.

Nach Ansicht des OLG sei die Frau keine echte Darlehensnehmerin, sondern habe lediglich eine sogenannte Mithaftung übernommen. Es handelt sich daher um eine einseitige belas­tende Vertragsabrede. Eine solche Abrede ist zwar grundsätzlich möglich, im konkreten Fall aber wegen der Gesamtkonstellation und der offensichtlichen, krassen finanziellen Überfor­derung der Frau sittenwidrig und damit nichtig.


OLG: Bank wusste, dass es im Haftungsfall existenzbedrohlich werden würde

Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung, ob die unterzeichnende Person echter Darle­hensnehmer oder lediglich Mithaftender ist, ist grundsätzlich das Eigeninteresse an dem Dar­lehen: Verfolgt die Person kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Kreditauf­nahme, so ist sie nur als Mithaftende anzusehen. Dabei spielt es keine Rolle, wie der Unter­schreibende konkret in den Vertragsformularen oder sonst wo bezeichnet wird, maßgeblich sind nur die o.g. Abgrenzungskriterien.

Im Falle des OLG Oldenburg war der Bank bei Vertragsabschluss die emotionale Verbun­denheit der Frau zu ihrem Freund bekannt gewesen, ebenso deren beengte finanzielle Ver­hältnisse, also die Tatsache, dass die Haftung die Frau finanziell ruinieren könnte.

Es widerspricht somit dem „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“, wenn Kre­ditinstitute eine solche Situation ausnutzten.

Da die klagende Bank die sich aus dem konkreten Einzelfall ergebende Vermutung der Sit­tenwidrigkeit nicht widerlegen konnte, war der Kreditvertrag insgesamt wegen Sittenwidrig­keit nichtig und unwirksam und die Klage der Bank wurde abgewiesen.

Erwähnenswert ist noch, dass es nach Ansicht des OLG Oldenburg nicht gegen eine Sitten­widrigkeit spricht, wenn die junge Frau bei Vertragsabschluss nichts von ihrer prekären fi­nanziellen Situation ahnte, weil sie irrtümlich glaubte, es ginge nur um einen Betrag von EUR 7.500,00 für das Auto.


OLG folgt damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs

Das OLG Oldenburg folgt damit in seiner Entscheidung vom 29.06.2023 (AZ: 8 U 172/22) der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der seine Linie zur Frage der Sittenwidrigkeit von Mithaftungserklärungen immer wieder bestätigt hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 15.11.2016, AZ: XI ZR 32/16).


Der vor dem OLG Oldenburg entschiedene Fall ist kein Einzelfall, sondern kommt tagtäglich vor. Leider kennen die wenigsten Betroffenen die Rechtslage, da ihnen mit fachkundiger Unterstützung sehr gut geholfen werden kann.

Durch zahlreiche Gerichtsprozesse und außergerichtliche Vergleiche haben wir bereits seit Jahren gegenüber Sparkassen und Kreditinstituten die Ansprüche unserer Mandanten er­folgreich durchsetzen können.


Für eine erste Vorprüfung Ihrer Ansprüche und einem ersten Beratungsgespräch stehen wir stets zur Verfügung.


Patrick M. Zagni

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Erbrecht

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Foto(s): pixabay

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Patrick M. Zagni

Beiträge zum Thema