Privatinsolvenz und Schuldenregulierung - erste Schritte

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In Deutschland gelten ca. 7 Millionen Menschen als überschuldet. Die häufigsten Gründe für die Verschuldung sind Arbeitslosigkeit, Trennung, eine längere Krankheit und übermäßiges Konsumverhalten, aber auch eine gescheiterte Selbständigkeit führt oftmals in die Schuldenfalle.

Viele erreichen irgendwann den Punkt, an dem sie erkennen, dass sie die Schuldenfalle mit Hilfe einer Privatinsolvenz verlassen und den Weg zurück in ein schuldenfreies Leben gehen wollen. Das Privatinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung bietet einen Weg, die Schuldenkrise zu bewältigen. 

Wie der Einstieg in das Verfahren gelingt und welche Alternativen es gibt, soll hier erläutert werden. 

1. Onlineberatung oder persönliche Beratung vor Ort?

Es gibt im Internet eine Vielzahl von Beratungs- und Hilfeangeboten für verschuldete Menschen, von denen viele auf eine reine Online- bzw. Telefonberatung setzen. Ein persönliches Gespräch zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt oder der Schuldnerhilfeeinrichtung findet hierbei nicht statt.

Aus meiner langjährigen Praxis kann ich sagen, dass gerade die oft umfangreiche Gläubigersituation, aber auch der konkrete Beratungsbedarf bei den Mandanten, es erforderlich machen, dass die Schuldnerberatung persönlich vor Ort stattfindet. 

Die Rechtsprechung setzt eine persönliche Beratung durch den Rechtsanwalt oder eine geeignete Stelle bzw. Person vor der Durchführung eines Schuldenregulierungsversuch voraus, so u. a. AG Hamburg, Beschluss vom 07.04.2016, Az. 68c IK 110/16, ZInsO 2016, 1026.

2. Unterlagen

Zu dem ersten Beratungsgespräch mit ihrem Rechtsanwalt sollten möglichst alle Gläubigerunterlagen mitgebracht werden, idealerweise bereits nach Gläubigern sortiert. Schon hieran scheitern aber manche der Mandanten, weil sie durch die Vielzahl der verschiedenen Schreiben nicht mehr durchsteigen und diese nicht richtig zuordnen können.

Der Schriftverkehr, der Schuldner im Laufe der Zeit erreicht, ist äußerst umfangreich und geht von den Rechnungen und normalen Mahnungen über Schreiben von Inkassounternehmen und Anwaltskanzleien der Gläubiger, Mahn- und Vollstreckungsbescheide und gerichtlichen Schriftverkehr bis hin zu Schreiben von Gerichtsvollziehern und Vollstreckungsbehörden. 

Selbst der Erlass eines Haftbefehls kommt immer wieder vor, wenn z. B. die Vermögensauskunft durch den Schuldner nicht abgegeben wird.

Gerade um Sofortmaßnahmen ergreifen zu können, sollte die ganze Korrespondenz zum ersten Beratungstermin bereits mitgebracht werden. 

Daneben sollten sind aktuelle Einkommensnachweise wie Lohnabrechnungen, Rentenbescheide oder Sozialleistungsbescheide erforderlich.

3. Das erste Beratungsgespräch

Wenn die Entscheidung gefallen ist, sich professionelle Hilfe auf dem Weg in die Privatinsolvenz oder bei den Verhandlungen mit den Gläubigern über einen Schuldenbereinigungsplan zu holen, sollten Sie sich an eine Kanzlei wenden, die kurzfristige Beratungstermine anbietet. Hier liegt auch ein wichtiger Unterschied zu vielen Schuldnerberatungsstellen, bei denen oft allein schon die Wartezeit für einen ersten Beratungstermin mehrere Monate beträgt.

Zu Beginn sind als Grundlage für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erfassen. Für die Frage nach dem richtigen Weg spielen eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle, angefangen von der familiären Situation, insbesondere Unterhaltspflichten, über die Einkommensverhältnisse und die beruflichen Pläne bis hin zum Lebensalter und der Gesundheit.

Es gilt dann mit dem Mandanten zu erörtern, ob es tatsächlich der Weg in die Privatinsolvenz sein muss, oder ob realistische Aussichten bestehen, die Insolvenz zu vermeiden und eine außergerichtiche Einigung mit den Gläubigern zu finden. Vor der Einleitung der Privatinsolvenz schreibt die Insolvenzordnung den Versuch einer außergerichtlichen 

Die üblichen Instrumente zur Regulierung der Schulden sind:

  • der außergerichtliche Schuldenbereinigungsplan (auf Basis einer zeitlich befristeten Ratenzahlung oder auf Basis einer Einmalzahlung)
  • der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan mit der Möglichkeit, auch gegen den Willen einzelner Gläubiger einen Schuldenbereinigungsplan durchzusetzen
  • das Privatinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung
  • für Selbständige: das Regelinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung
  • der Insolvenzplan (im laufenden Insolvenzverfahren)

4. Der weitere Ablauf

Wenn die Entscheidung gefallen ist, wie der Weg raus aus den Schulden aussehen soll, wird seitens des beauftragten Rechtsanwalts Kontakt mit den Gläubigern aufgenommen, in der Regel, um zunächst einmal die genaue Höhe der Schulden zu klären.

Im Weiteren übernimmt ihr Rechtsanwalt die komplette Korrespondenz mit den Gläubigern, die im Rahmen der Durchführung der Schuldenregulierungsverhandlungen und der Vorbereitung des Insolvenzverfahren erforderlich ist, und bereitet bei Scheitern einer außergerichtlichen Einigung und entsprechender Beauftragung die Insolvenzantragsunterlagen vor.

Selbstverständlich kann auch die weitere Vertretung im laufenden insolvenzverfahren erfolgen, sodass der Rechtsanwalt Ihre Interessen gegenüber dem Insolvenzverwalter, den Gläubigern und dem Insolvenzgericht vertreten und Sie im Verfahren beraten kann.

Seit mehr als 15 Jahren vertrete ich verschuldete Privatpersonen, Selbständige, Freiberufler und Gewerbetreibende sowie ehemals Selbständige im Rahmen der anwaltlichen Schuldner- und Insolvenzberatung auf ihrem Weg „raus aus den Schulden“. Sprechen Sie mich jederzeit gern an, wenn Sie Fragen zum Verfahren haben oder gleich einen Beratungstermin anfragen möchten.

Rechtsanwalt Stefan Westbunk, Osnabrück



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