Rechtsmissbräuchliche Vertragsstrafen im Marken- und Wettbewerbsrecht

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Die überwiegende Anzahl von Streitigkeiten im gewerblichen Rechtsschutz wird ohne gerichtliche Beteiligung beendet. In vielen Fällen geschieht dies nach entsprechender Abmahnung u. a. durch Abgabe einer sog. Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Hierbei verpflichtet sich der Abgemahnte zur Unterlassung des beanstandeten Verhaltens und Zahlung einer Vertragsstrafe bei erneutem Verstoß.

Hohe Vertragsstrafen im Wettbewerbs- und Markenrecht

Im Falle eines erneuten identischen oder kerngleichen Verstoßes werden regelmäßig Vertragsstrafen von 5.000 € und mehr gefordert. Je nach konkreter Formulierung der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung hat man als Verpflichteter nur wenige Argumente, diesen Betrag zu reduzieren oder gar ganz abzuwenden. 

Rechtsmissbräuchliche Forderung einer Vertragsstrafe

In manchen Fällen – so zeigt es ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs – ist aber bereits die Forderung nach einer Vertragsstrafe selbst rechtsmissbräuchlich. So geschehen in einem Fall, in dem ein Markeninhaber einen Betrag von 5.000 € forderte. 

Nach der Auffassung des Gerichts sei von einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung auszugehen, wenn ein Markeninhaber:

  1. eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet, 
  2. hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen hat – vor allem zur Benutzung in einem eigenen Geschäftsbetrieb oder für dritte Unternehmen aufgrund eines bestehenden oder potentiellen konkreten Beratungskonzepts – und 
  3. die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen.

Eine Vertragsstrafe könne dann nicht mehr gefordert werden.

Rechtlich zulässiges Verhalten kann keine Vertragsstrafe auslösen

Ebenfalls kann die Forderung einer Vertragsstrafe im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein bis dato verbotenes Verhalten aufgrund einer Gesetzesänderung oder Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eindeutig für zulässig erklärt wird. Eine entsprechende Einschränkung empfiehlt sich im Einzelfall bereits bei der Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit aufzunehmen.

Rechtsmissbrauch auch in anderen Rechtsgebieten

Der grundsätzliche Gedanke eines Rechtsmissbrauchs solcher Forderungen oder auch der zugrunde liegenden Abmahnungen findet sich nicht nur im Markenrecht, sondern insbesondere auch im Wettbewerbs- und Urheberrecht. Auch dort lassen sich Verstöße gegen Treu und Glauben in einigen Fälle feststellen und begründen. Eine Vertragsstrafe muss in solchen Fällen nicht gezahlt werden.

Kündigung einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung 

Um bereits im Vorfeld die Forderung einer Vertragsstrafe zu verhindern, kann im Einzelfall eine bereits abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gekündigt werden. Die ist z. B. denkbar, wenn bereits die Abmahnung rechtsmissbräuchlich war. So sagt der Bundesgerichtshof in einem weiteren Urteil ausdrücklich:

„Vielmehr kann ein Unterwerfungsvertrag nach § 314 Abs. 1 BGB auch aus anderen Gründen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Unter diesen Voraussetzungen kann auch der Umstand, dass ein Unterwerfungsvertrag auf einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung beruht, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden.“ 

(BGH, Urteil vom 14.02.2019, Az.: I ZR 6/17).

Formulierung der Unterlassungserklärung sorgsam wählen

Beim Verfassen einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sollte insbesondere die Formulierung des Vertragsstrafenversprechens sorgsam gewählt werden. Ist die Erklärung bereits abgegeben, bleibt die Möglichkeit, sie im Einzelfall wieder zu kündigen oder im Ernstfall einer Vertragsstrafenforderung den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenzuhalten. Ob dies erfolgversprechend ist, kommt u. a. auf die exakte Formulierung der Erklärung an.

Gerne unterstützen wir auch Sie bei der Formulierung von Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen und Abwehr von Vertragsstrafen. Von der Erstberatung bis zur abschließenden Durchsetzung Ihrer Rechte sind wir an Ihrer Seite. Wir besprechen mit Ihnen die für Sie im einzelnen erforderlichen und sinnvollen Schritte und freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.

Rechtsanwalt Dennis Tölle

Tölle Wagenknecht Rechtsanwälte Partnerschaft mbB


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