Rentenfaktor-Urteil des LG Köln und betriebliche Altersversorgung

  • 2 Minuten Lesezeit

Das Landgericht Köln hat am 08.02.2023 entschieden, dass eine Absenkung des Rentenfaktors bei einem fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrag nicht zulässig ist (LG Köln, 08.02.2023, Az. 26 O 12/22).


Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die Absenkung des Rentenfaktors von EUR 37,34 pro 10.000 EUR Vertragsguthaben auf EUR 27,97 zulässig war oder nicht. Das Urteil hat eine wegweisende Richtung eingeschlagen und könnte für viele Versicherungsnehmer eines fondsgebundenen Riester-Vertrages von Bedeutung sein. Die Entscheidung hat erhebliche Bedeutung gerade auch für die betriebliche Altersversorgung³.


Das Gericht hat entschieden, dass der Versicherungsnehmer davon ausgehen durfte, dass der ursprünglich genannte Rentenfaktor von EUR 37,34 pro 10.000 EUR verbindlich vereinbart war. Die entsprechende Anpassungsklausel verstoße gegen § 171 VVG, wonach grundsätzlich nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der Regelung des § 163 VVG abgewichen werden darf.


Das Gericht sah den Nachteil darin, dass der Versicherungsnehmer keine Wahl hatte, ob eine Herabsetzung der Leistung oder Erhöhung der Prämie erfolgte. Außerdem wurden die Voraussetzungen, unter denen der Versicherungsbeitrag angepasst werden darf, unzulässig zum Nachteil des Versicherungsnehmers erweitert. Schließlich sah das Gericht aus diesem Grund in der Treuhänderklausel auch eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers, die gegen § 307 BGB verstoße und daher auch aus diesem Grund zur Unwirksamkeit führe.


Das Urteil des Landgerichts Köln ist nicht rechtskräftig geworden und die Versicherungsgesellschaft hat Berufung eingelegt. Der Rechtsstreit wird daher zunächst vom Oberlandesgericht Köln entschieden. Es ist auch möglich, dass eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs abgewartet werden muss, um die Frage in letzter Instanz zu klären. Die Frage, ob eine Herabsenkung des Rentenfaktors zulässig ist oder nicht, beschäftigt auch andere Gerichte. Ein vergleichbarer Fall soll dem Vernehmen nach demnächst vom Landgericht Stuttgart entschieden werden.


Wenn die Entscheidung bestätigt wird, wäre die jeweilige Versicherungsgesellschaft gerade nicht berechtigt, den Rentenfaktor abzusenken. Die Leistung wäre daher höher als nach den AVB zu erwarten.


Arbeitgeber sollten jedoch alle Arbeitnehmer/innen über den Inhalt der Entscheidung informieren. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Beschäftigte sich wegen der möglichen Absenkung des Rentenfaktors gegen eine Entgeltumwandlung entschieden haben und diese Beschäftigten möglicherweise ihre Entscheidung überdenken müssen. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits angedeutet, dass ein Arbeitgeber verpflichtet sein könnte, über eine Änderung der Rechtslage zu informieren (BAG, Urteil vom 18.02.2020, 3 AZR 206/18).


Das Landgericht Köln hat ein Urteil gefällt, das noch nicht rechtskräftig geworden ist. Wenn das Urteil aufgehoben wird, könnten Versicherungsgesellschaften unter bestimmten Bedingungen den Rentenfaktor absenken. Arbeitgeber, die für ihre Belegschaft jeweils eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) mit Direktversicherungen eingerichtet haben, sollten ihre arbeitsrechtlichen Versorgungszusagen prüfen. Wenn die Zusage nicht deckungsgleich mit dem bestehenden Finanzierungsinstrument ist, bleibt die Zusage zwar unverändert, aber dies könnte dazu führen, dass die Refinanzierung geringer ausfällt. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers würde dann dazu führen, dass der Arbeitgeber die Lücke zwischen garantiertem Rentenfaktor und abgesenktem Rentenfaktor aus eigenen Mitteln auffüllen müsste.


Es ist daher sinnvoll, diesen Sachverhalt sofort zu prüfen und nicht erst auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder später auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in einem möglichen anderen Verfahren zu warten.

Foto(s): @canva

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Sven H. Jürgens Experte für BAV

Beiträge zum Thema