Rückabwicklung eines Darlehensvertrags aufgrund von überhöhten Zinsen

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Landgericht Ravensburg: Urteil zur Sittenwidrigkeit von Zinsen schützt Verbraucher

Ein Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg hat sich kürzlich mit einem wichtigen Thema für Verbraucher befasst: der Sittenwidrigkeit von Zinsen. Das Urteil, das im April 2023 gefällt wurde, legt fest, dass Zinssätze, die um 210% über den üblichen Sätzen liegen, als sittenwidrig angesehen werden können.

In den Erläuterungen zu dem Urteil wird besonders ab Randnummer 36 auf die Zinsstatistik Bezug genommen. Diese besagt, dass Zinssätze, die über diesem Grenzwert liegen, als überhöht und damit als sittenwidrig betrachtet werden können. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass auch die Provision, die von den Banken zuweilen in beträchtlicher Höhe vereinnahmt wurden und in Verbindung mit den Zinsen stehen, bei der Bewertung berücksichtigt werden sollte.

Um dies zu verdeutlichen, nehmen wir einen konkreten Fall aus unserer Praxis als Beispiel: Ein Kunde hatte im Februar 2018 einen Sollzinssatz von 8,77% für einen Immobiliendarlehensvertrag mit erstrangiger Besicherung erhalten. Zu dieser Zeit waren Zinssätze von etwa 2% üblich. Es handelt sich hierbei um eine erhebliche Überschreitung der normalen Zinssätze, die als sittenwidrig angesehen werden kann.

Solche Zinsüberschreitungen sind häufig auch bei der von Essen Bank, die mittlerweile Consors Finanz heißt, zu beobachten. Dieses Urteil ist ein großer Schritt zum Schutz der Verbraucher vor überhöhten Zinsen. Es verdeutlicht, dass es Grenzen gibt, die von Kreditgebern nicht überschritten werden dürfen. Sittenwidrige Zinsen können für Verbraucher erhebliche finanzielle Belastungen bedeuten und zu einer endlosen Schuldenfalle führen.

Einen Anhaltspunkt bietet folgende Tabelle für Immobilienkredite mit erstrangiger Besicherung.

Jahr

Laufzeit

Üblicher Effektivzinssatz

Ggf. sittenwidriger Zinssatz

2016

1-5 Jahre

1,5%

3,15%

2016

mehr als 5 Jahre

1,75%

3,68%

2017

1-5 Jahre

1,6%

3,36%

2017

mehr als 5 Jahre

1,92%

4,03%

2018

1-5 Jahre

1,69%

3,55%

2018

mehr als 5 Jahre

1,95%

4,1%

2019

1-5 Jahre

1,3%

2,73%

2019

mehr als 5 Jahre

1,35%

2,84%

2020

1-5 Jahre

1,03%

2,16%

2020

mehr als 5 Jahre

1,14%

2,4%

2021

1-5 Jahre

1,01%

2,1%

2021

mehr als 5 Jahre

1,29%

2,7%

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Angabe von Zinssätzen allein nicht ausreicht, um die Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags festzustellen. Eine umfassende Bewertung der individuellen Umstände des Vertrags im Einzelfall ist erforderlich. Sollten Verbraucher den Verdacht haben, dass ihre Zinsen sittenwidrig sind, ist es ratsam, sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt oder eine Verbraucherzentrale zu wenden, um ihre Rechte zu schützen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten.

Mögliche Folgen wäre, sich von dem teuren Darlehensvertrag zu lösen, die Differenz zwischen den gezahlten überhöhten und den marktüblichen Zinsen und/oder eine ggf. gezahlte Provision zurückzuverlangen,

Zu beachten ist, dass bei vielen betroffenen Spielern auch eine Prozesskostenhilfe gem. §114 ZPO in Betracht kommen kann. Demnach erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.


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