Schluss mit dem Widerrufsjoker

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Nachdem in den letzten Jahren die Verbraucher von ihrem „zeitlich unbegrenzten Widerrufsrecht“ Gebrauch gemacht haben und die Gerichte in Deutschland allerhand damit zu tun hatten, die teilweise dreißigseitigen Schriftsätze und Erwiderungen zu lesen, soll nun Schluss damit sein: der Gesetzgeber hat auf die seit Jahren undurchdringbare Rechtsprechung im Bereich des Verbraucherwiderrufs reagiert.

Aufgrund der europäischen Richtlinie für Wohnimmobilienkredite bestand für den deutschen Gesetzgeber Handlungsbedarf. Herausgekommen ist ein Gesetzentwurf 18/5922 zur Umsetzung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie der Europäischen Union, welches im März 2016 in Kraft treten soll.

Vorgesehen ist, dass das Widerrufsrecht für Altverträge drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes erlischt. Grundsätzlich soll für künftige Verträge das Widerrufsrecht nach einem Jahr und 14 Tagen erlöschen. Dies soll unabhängig davon der Fall sein, ob ordnungsgemäß belehrt wurde oder nicht.

Dass sich die Regelung auch auf Neuverträge bezieht, war zunächst nicht vorgesehen, wurde aber im September 2015 noch ergänzt.

Dieses Gesetz bedeutet einen massiven Einschnitt in die Rechte der Verbraucher. Verbraucherschützer erwarten eine Reaktion aus Europa.

Bis dahin sollten Darlehensnehmer jedoch handeln.

Viele Banken haben seit 2002 keine ordnungsgemäße Belehrung in ihren Darlehensverträgen abgedruckt, sodass ein Widerruf noch erklärt werden kann.

Exemplarisch sollen Entscheidungen zu Lasten einzelner Banken aufgeführt werden.

1. DKB

Widerrufsbelehrungen der DKB sind in der Vergangenheit häufig fehlerhaft gewesen. In seiner Entscheidung vom 19.03.2014 hat das Brandenburgische OLG, Az.: 4 U 64/12, erneut die Rechtsprechung zum Vertrauensschutz des BGH bestätigt. Hat das Kreditinstitut exakt das zur Verfügung gestellte Formular verwendet, kann sich die Bank auf den Vertrauensschutz einer ordnungsgemäßen Belehrung aufgrund des Formulars berufen. Greift sie jedoch in den Wortlaut dergestalt ein, dass eine inhaltliche Bearbeitung vorliegt, ist dem Kreditinstitut der Vertrauensschutz verwehrt.

Zudem lag dem Vertrag eine Widerrufsbelehrung mit dem Wortlaut

„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“

zugrunde. Diese Widerrufsbelehrung hat bereits der BGH in früheren Entscheidungen für unwirksam erklärt.

Zu demselben Ergebnis über die Widerrufsbelehrung der DKB kam auch das Kammergericht Berlin in seiner Entscheidung vom 22.12.2014, Az.: 24 U 169/13.

In diesem Fall stellte das Kammergericht ebenfalls fest, dass eine tatsächliche Vermutung dafür bestehe, dass die Bank 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz als Nutzungen gezogen hat. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH, was er in seinem Beschluss vom 22.09.2015 erneut bestätigt hat.

Kunden der DKB sollten daher handeln und ihre Verträge überprüfen lassen.

2. Sparkasse

In seiner Entscheidung vom 29.09.2015 entschied das OLG Stuttgart, Az.: 6 U 21/15, zugunsten der Kunden der Sparkassen. Dem Darlehensvertrag lag eine sog. Angebots-Situation zugrunde, bei der Verbraucher dem Kreditinstitut einen Vertragsschluss anbietet und das Kreditinstitut diesen Vertragsschluss annimmt.

In der Widerrufsbelehrung dieses Vertrages heiß es, dass die Frist „einen Tag nachdem“ das in der Belehrung beschrieben Ereignis beginne, „jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses.“

Das OLG entschied für die Verbraucher und erklärte diese Widerrufsbelehrung nicht mit dem Deutlichkeitsgebot vereinbar. Das Gericht war der Ansicht, dass dieser Wortlaut die Fehlvorstellung erwecke, dass in Bezug auf den Abschluss des Darlehnsvertrages die Widerrufsfrist unabhängig von den weiteren Ereignissen vom Tag des Vertragsschlusses zu berechnen.

In der jüngsten Entscheidung des OLG München vom 21.05.2015, Az.: 17 U 334/15, entschied das Gericht über einen jüngeren Darlehensvertrag, in welchem die Sparkasse unter anderem mit dem Ankreuzmodell, Check-Box-Modell arbeitete. In diesen Widerrufsbelehrungen sind die jeweils entsprechenden Passagen anzukreuzen. Dies wurde für unwirksam erklärt, sodass ein Widerruf noch erklärt werden konnte.

Eine Entscheidung des BGH über diese Frage wird im Februar 2016 erwartet.

Nicht nur die Sparkassen haben Widerrufsbelehrungen mit diesem Wortlaut verwendet. Es ist daher angezeigt, bei einem derartigen Wortlaut die Verträge überprüfen zu lassen.

3. Volksbank

In der Vergangenheit zumindest weniger präsent waren Entscheidungen über Widerrufsbelehrungen der Volksbank. Das hat sich mit der Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 13.11.2015, Az.: 329 O 174/15, vielleicht geändert. In dieser Entscheidung hatte das Gericht über eine Widerrufsbelehrung zu entscheiden, die neuere Verträge betrifft.

In der Widerrufsbelehrung wurde fast vollständig der Wortlaut der geltenden Musterwiderrufsbelehrung übernommen, jedoch hat die Bank die in der Klammer eingefügten Pflichtangaben dahingehend geändert, dass folgende angegeben wurden:

Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde.

Zum einen handelt es sich dabei nicht vollständig um Pflichtangaben, da für Immobiliendarlehensverträge Ausnahmen gelten, zum anderen erwecke diese Aufzählung den Charakter von einer Abgeschlossenheit, was vorliegend nicht der Fall ist. Damit kann sich die Volksbank weder auf den Vertrauensschutz der Musterwiderrufsbelehrung berufen, noch entspricht die Belehrung dem Deutlichkeitsgebot.

Zudem entschied das LG Hamburg auch über die Frage einer deutlichen Gestaltung und Hervorhebung und lehnte dies für die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung ab.

Trotz des baldigen Endes des zeitlich unbegrenzten Widerrufsrechts sind dennoch verbraucherfreundliche Entscheidungen zu erwarten. Die Verbraucher sollten daher schnellst mögliche ihre Darlehensverträge durchsehen lassen. Dies gilt auch für Verträge, die in der Vergangenheit schon rückabgewickelt worden sind. Denn hier kann ein Anspruch auf Erstattung der bereits gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung bestehen.

Wir überprüfen in unserer Kanzlei gerne Ihre Darlehensverträge.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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