SCHUFA Holding AG erneut zur Löschung eines Restschuldbefreiungsvermerks verurteilt! Urteil OLG München

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Paukenschlag vor dem OLG München, Az. 3 U 2040/22; Urteil vom 24.10.2022

Bessere Erfolgsaussichten für Menschen nun in ganz Deutschland, gute aber insbesondere für die, die im OLG München Bezirk leben!

Die Kanzlei Patrick de Backer freut sich, insbesondere für seinen betroffenen Mandanten, über ein weiteres, obsiegendes Urteil gegen die SCHUFA Holding AG.

Was war passiert? Wie jährlich ca. 100.000 andere Mitmenschen auch, war der Mandant aufgrund unglücklicher Lebensumstände in eine Insolvenz „hineingeschliddert“.

Hauptgründe für eine Insolvenz sind Krankheit, Scheidung und Arbeitslosigkeit. Es kann somit jeden treffen!

Der Gesetzgeber hat ab 1.10.2020 die Privatinsolvenz auf drei Jahre verkürzt, um einen Betroffenen die Chance zu geben, früher wieder wirtschaftlich Fuß fassen zu können. Nach einem ordentlich durchlaufenen Insolvenzverfahren wird dann vom Insolvenzgericht eine sog. Restschuldbefreiung erteilt, d.h. eine richterliche Bestätigung, dass eventuell noch bestehende (Rest-) Verbindlichkeiten durch das Insolvenzverfahren erledigt sind, also nicht mehr bestehen.

Im Insolvenzregister bleibt die erteilte Restschuldbefreiung gemäß § 3 InsBekV dann noch Tag genau 6 Monate gespeichert. Nach ca. 14 Tagen ist es allerdings technisch schwieriger, dort überhaupt noch Informationen einzuholen.

Und was macht die Schufa?

Die SCHUFA legt im großen Stil (so wörtlich das OLG München) eine Paralleldatenbank an, d.h. die (neuen) Daten des Insolvenzregisters (wie z.B. die Erteilung einer Restschuldbefreiung) werden täglich elektronisch vollständig kopiert und drei Jahre lang gespeichert!  Es bestehen juristisch erhebliche Zweifel, ob derartige private Paralleldatenbanken (Die SCHUFA ist ja ein privates Unternehmen!) europarechtlich im Rahmen der DS-GVO überhaupt zulässig sind.

Dies wird derzeit (Vorlage des VG Wiesbaden) vom EuGH geprüft.

Das OLG München führt dazu aus: „Die Zulässigkeit von Paralleldatenbanken einmal unterstellt, müssen sich derartige Derivativdatenbanken nach dem Sinn und Zweck des Datenschutzrechtes an die für die Ursprungsdaten geltenden Regeln halten. Es erschient mit den grundlegenden Schutzgedankens des Datenschutzrechts unvereinbar, wenn gesetzliche Löschfristen (wie § 3 InsBekV) dadurch umgangen werden, dass Daten kopiert und anderweitig gespeichert werden“.

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen! Bravo OLG München! Endlich Richter, die auch erkannt haben, dass ein Negativeintrag bei der SCHUFA im alltäglichen Leben mit viel größeren Beeinträchtigungen einhergeht als ein Eintrag im Insolvenzregister.

Die falsche Grundprämisse

Die meisten Gerichte haben bisher die deutlich (!) längere Speicherfrist bei der SCHUFA (nach ihren eigenen Verhaltensregeln, dem „code of conduct“ darf sie eine Restschuldbefreiung ganze 3 Jahre lang speichern!) damit gutgeheißen, dass ein Eintrag im Insolvenzregister ja viel schlimmer sei, weil „jeder“ reinschauen könne und bei der Schufa könnten dies „nur“ deren Vertragspartner. Diese Grundprämisse ist aber falsch und es ist sehr bedauerlich dass viele Richter dies ungeprüft und ohne zu hinterfragen übernehmen. Die Vertragspartner der SCHUFA sind allesamt Unternehmen, die zum täglichen Überleben „lebensnotwendig“ sind. Vertragspartner der Banken sind (u.a.!); Banken, Sparkassen, Versicherungen, Energieversorgungsunternehmen Telekommunikationsunternehmen, Internetshops, Versandhandel, Leasingfirmen, Inkassounternehmen, etc. etc….

Im Insolvenzregister sind zudem (bei etwa 100.000 Insolvenzen im Jahr, Tendenz leider steigend) nur eine entsprechende Zahl an Daten abrufbar, bei der Schufa hingegen sind -nach eigener Angabe der Schufa- 68 Millionen Menschen! (also wohl jeder, sofern nicht im Kleinkindsalter) mit weiteren Millionen von Einzeldaten „abgespeichert“.

Ein weiterer Kritikpunkt: Obwohl der Gesetzgeber ab 1.10.2020 die Insolvenz von 6 Jahren auf drei Jahre verkürzt hat, hat die SCHUFA bis heute keinen Grund gesehen, die Speicherzeiträume in ihrem „code of conduct“ auch entsprechend anzupassen; völlig unbeeindruckt von der neuen gesetzlichen Regelung speichert die SCHUFA weiterhin drei Jahre.

Die Lebensrealität

Was ist denn schlimm daran, wenn der neugierige Nachbar aus dem Insolvenzregister erfahren hat, dass ich eine Restschuldbefreiung erteilt bekommen habe? Vielleicht grüßt mich der Nachbar nun für alle Ewigkeit nicht mehr und quatscht sich in der Nachbarschaft aus. Es hat aber keine direkten wirtschaftlichen Auswirkungen.

Wenn ich mir hingegen ein neues Handy oder Auto kaufen möchte, erfährt der Verkäufer über eine SCHUFA - Abfrage (innerhalb von Sekunden!)  dass ich einen negativen SCHUFA -Eintrag habe. Was für eine Blamage: Ich bekomme noch nicht mal ein neues Handy und der junge Verkäufer (und meine neben mir stehende neue Freundin) bekommt dies alles live mit!

Wenn man eine neue Wohnung anmieten möchte verlangen viele Vermieter, insbesondere in Ballungsräumen mit Wohnungsnot eine SCHUFA– Auskunft; da kommt kein Vermieter auf die Idee, im Insolvenzregister nachzuschauen.

Somit wird bei lebensnaher Betrachtung deutlich, dass ein negativer SCHUFA - Eintrag das Leben deutlich mehr beeinträchtigt, als ein Eintrag im Insolvenzregister.

Ein Richter dürfte deshalb m.E. kein Urteil fällen mit der Begründung, ein SCHUFA - Eintrag der drei Jahre besteht sei nicht so schlimm, wie ein sechsmonatiger Eintrag im Insolvenzregister.


Wie entwickelt sich die Rechtsprechung?

Die Kanzlei de Backer hat als erste Kanzlei bundesweit (Urteil LG Frankfurt am Main vom 20.12.2018 Az.: 2-05 0 1515/18) den ersten Prozess gegen die SCHUFA HOLDING AG  in Sachen vorzeitige Löschung Restschuldbefreiung gewonnen. Hier wurde ein Härtefall angenommen. Die SCHUFA musste ihre Berufung vor dem OLG Frankfurt am Main zurücknehmen; das Urteil ist somit rechtskräftig.

Die Latte (für die Annahme eines Härtefalles) liegt allerdings sehr hoch, m. E. sind viele Richter da (weiterhin) auch viel zu streng.  

Eine befreundete Kanzlei in Berlin konnte dann vor dem OLG Schleswig-Holstein (Urteil vom 02.07.2021. 17 U 15/21) ein erstes Urteil erwirken, danach muss die SCHUFA eine Restschuldbefreiung nach sechs Monaten löschen.

In einem zweiten Urteil (erwirkt von einer bei mir angestellten Rechtsanwältin, nach kurzer Selbstständigkeit) bestätigte das OLG Schleswig mit Urteil vom 03.06.2022 (Az.: 17 U 5/22) seine Rechtsprechung: Der Vermerk „Insolvenzverfahren aufgehoben“ ist von der SCHUFA innerhalb von sechs Monaten zu löschen!

Und nun kommt Verstärkung aus dem Süden:

Das OLG München ist in seinem Urteil vom 24.10.2022 (Az.: 3 U 2040/22) der Argumentation des OLG Schleswig bzw. der Kanzlei Patrick de Backer gefolgt:

Der Vermerk „Restschuldbefreiung erteilt“ ist nach sechs Monaten ohne Wenn und Aber zu löschen!

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass die SCHUFA in allen Verfahren (außer Frankfurt am Main) vor dem BGH (Bundesgerichtshof) in Revision gegangen ist, ein BGH Urteil ist wohl erst zum Herbst 2023 zu erwarten.  Das Gute ist allerdings, dass die OLG-Entscheidungen unabhängig von der Revision umzusetzen sind, d.h. die SCHUFA muss (und hat) gelöscht.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass die meisten Gerichte von der oben geschilderten (falschen) Prämisse ausgehen und der SCHUFA im Regelfall einräumen, die Restschuldbefreiung drei Jahre speichern zu dürfen. Früher war man allerdings auch der Auffassung, dass die Erde eine Scheibe ist und auch höchstrichterliche Rechtsprechung ändert sich (zum Glück).

Menschen, die im OLG Bezirk München leben und von einem Restschuldbefreiungsvermerk bei der SCHUFA betroffen sind, haben jetzt allerdings besonders gute Chancen, diesen Negativeintrag  vorzeitig löschen zu lassen!

Wenn Sie dazu eine Erstberatung wünschen, benötige ich Ihre aktuelle SCHUFA Auskunft und ein Honorar von € 249,90. Nehmen Sie bitte per Telefon (Tel: 069 95 90 91 12) oder E-Mail (anwalt@de-backer.de) Kontakt mit meiner Assistentin auf und fragen nach dem Fragebogen für SCHUFA bzw. Restschuldbefreiung.

Wir besprechen dann (telefonisch) in Ruhe und ausführlich die Handlungsmöglichkeiten, die Chancen und die Kosten.

Da es sich hier um eine sehr spezielle Rechtsmaterie handelt, sollten Sie unbedingt einen Rechtsbeistand nehmen, der Expertise hat.

Lieber gleich zum Spezialisten, denn guter Rat zahlt sich aus!


Rechtsanwalt Patrick de Backer

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)

Spezialist für Schufa - Angelegenheiten

www.anwalt-gegen-schufa.de

Kontaktaufnahme am besten per E-Mail:

anwalt@de-backer.de 


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