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SGB VI: Ist die Anrechnung des Bezugs von ALG in den letzten Jahren vor Rentenbeginn ausgeschlossen?

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Für besonders langjährig Versicherte wurden durch das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23. Juni 2014 (BGBl I S. 787) im Bereich der Altersrente Verbesserungen umgesetzt. Allerdings wurden für die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn besondere Regeln aufgestellt. Die seitens der Arbeitsagentur gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung können demnach auf die Wartezeit nur nach § 51 Abs. 3a SGB VI (Sozialgesetzbuch VI) angerechnet werden.

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat dazu mit Urteil vom 02.03.2016 – L2 R 517/15 – entschieden:

Von dieser Ausnahmevorschrift, wonach Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung (auch soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind) in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt werden dürfen, hat der Gesetzgeber allerdings eine (Rück-)Ausnahme vorgesehen, wonach solche Zeiten gleichwohl in Ansatz zu bringen sind, wenn ein solcher Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung seinerseits ‚durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt‘ ist.

Im vorliegenden Fall war der Bezug der Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung in den Monaten ab Februar 2014 aber weder durch eine Insolvenz noch durch eine vollständige Geschäftsaufgabe des letzten Arbeitgebers des Klägers, d. h. der J., „bedingt”. Diese befand sich zwar bereits Im Zeitpunkt des Ausspruchs des Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Kläger am 12. Dezember 2013 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sie war seinerzeit aber noch nicht in Insolvenz geraten, sondern hat ihre geschäftlichen Aktivitäten gerade noch bis zu der erst nachfolgend am 31. März 2014 erfolgten Stellung eines Insolvenzantrages fortgesetzt.

Nach dem Gesetzeswortlaut kann eine nur zu Abwehr einer zunächst lediglich möglicherweise in Betracht kommenden Insolvenz vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung und die dadurch bewirkte Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers nicht als eine „durch” eine solche „insolvenzbedingte” Kündigung verstanden werden. Dies gilt unabhängig davon, wie berechtigt die Befürchtungen bei Ausspruch der Kündigung waren und ob die Insolvenzabwendungsbemühungen im Ergebnis Erfolg gezeigt haben oder nicht.

Ergänzende Hinweise des Anwalts für Sozialversicherungsrecht

Trotz der strengen Auslegung der Regelungen hat das Gericht sehr lange Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung gemacht. Das LSG kommt zu dem Ergebnis, dass durchgreifende Zweifel an der pauschalen Nichtberücksichtigung von Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn begründet sein dürften. Es hat die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. Daher sollte bei Nichtberücksichtigung der letzten zwei Jahre grundsätzlich Widerspruch eingelegt werden.

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