Sozialrecht: Zwangsverrentung bei Hartz IV-Bezug

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Wer Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch bezieht, ist verpflichtet, einen Rentenantrag zu stellen, auch wenn er dadurch dauerhafte Abzüge erleidet. Dies ist hinzunehmen.

Eine solche Konstellation ist bereits gesetzlich im Zweiten Sozialgesetzbuch geregelt. Nach Vollendung des 63. Lebensjahres kann das Jobcenter einen Empfänger von Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch im Rahmen der Selbsthilfeverpflichtung auffordern, einen Rentenantrag zu stellen. Grund dafür ist der Nachrang von Leistung nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch. Solche sollen nur gezahlt werden, wenn nicht andere Sozialsysteme eingreifen. Weil die Möglichkeit einer vorzeitigen Verrentung besteht, ist dies hier der Fall.

Diese Pflicht tritt nur dann nicht ein, wenn ausnahmsweise ein Tatbestand der sogenannten Unbilligkeitsverordnung vorliegt. Nach dieser abschließenden Regelung bestehen Ausnahmen bei Beziehern von Arbeitslosengeld I, beim bevorstehenden Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente in nächster Zukunft, bei Erwerbstätigkeit mit Inanspruchnahme des überwiegenden Teils der Arbeitskraft oder bei Bevorstehen einer solchen Erwerbstätigkeit in nächster Zukunft.

Liegt eine solche Ausnahme nicht vor, so kann das Jobcenter den Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch zum Rentenantrag auffordern. Stellt dieser sodann keinen Rentenantrag, kann stattdessen das Jobcenter den Antrag stellen und das Verfahren gegen den Willen des Betroffenen führen. Die Rechtmäßigkeit dieser gesetzlichen Regelung hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 19.8.2015 – B 14 AS 1/15 R – bestätigt.

Früher waren Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch, die älter als 58 Jahre alt waren, nicht verpflichtet, vorzeitig einen Rentenantrag zu stellen. Diese Regelung existiert bereits seit 2008 nicht mehr.

Hier wehrte sich der Kläger gegen die Aufforderung des Jobcenters zur Antragstellung. Während des Klageverfahrens stellte dann das Jobcenter einen Rentenantrag für den Kläger, welcher jedoch zunächst von der Rentenversicherung abgelehnt worden ist.

Zu beachten ist, dass das Jobcenter sein gesetzlich geregeltes Ermessen ausüben muss. Bei dieser Ermessensausübung sei jedoch vom Grundsatz der Verpflichtung des Leistungsberechtigten zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen auszugehen, weshalb im Regelfall von der Ermächtigung zur Antragstellung Gebrauch zu machen sei. Dies bedeutet, dass das Jobcenter zunächst genau überprüfen muss, ob hier nicht ein besonderer Härtefall vorliegt, bei dem es unbillig wäre, einen Rentenantrag vorzeitig für den Leistungsberechtigten zu stellen. In den allermeisten Fällen wird das Jobcenter jedoch das Recht haben, einen entsprechenden Antrag für den Leistungsberechtigten zu stellen.

Das Bundessozialgericht ist der Ansicht, dass die Leistungsberechtigten den Abschlag bei der Rente hinzunehmen haben. Dies sei auch verfassungskonform.

Das Bundessozialgericht hat jedoch auch noch einmal festgestellt, dass der Leistungsberechtigte nicht abzuwarten brauche, bis das Jobcenter für ihn tatsächlich den vorzeitigen Rentenantrag stellt. Bereits gegen die Aufforderung des Jobcenters zur Rentenantragstellung kann sich der betroffene Leistungsempfänger wehren.

Frau Rechtsanwältin Ludolf zählt das Sozialrecht zu ihren Tätigkeitsschwerpunkten. In ihrem Namen möchten wir Ihnen empfehlen, in einem solchen Fall nicht abzuwarten, bis das Jobcenter gegen Ihren Willen einen Rentenantrag stellt. Bereits wenn Sie die Aufforderung erhalten, empfehlen wir Ihnen, kurzfristig einen Termin mit Frau Rechtsanwältin Ludolf zu vereinbaren. In einigen Fällen ist es möglich, das Verfahren bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters hinauszuzögern, sodass gegebenenfalls keine Abschläge zu befürchten sind. Wir würden uns freuen, wenn wir Ihnen in einer solchen Angelegenheit weiterhelfen können und würden Sie gerne als unsere Mandantin begrüßen.


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