Sportwetten: BGH Entscheidung steht an ***UPDATE***

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***Update vom 4. März 2024***

Per Pressemitteilung hat der BGH am 4. März 2024 bekanntgegeben, dass der Verhandlungstermin für das Verfahren I ZR 90/23 (Erstattung von Verlusten bei unerlaubten Sportwetten) aufgehoben wurde. Es wird also nicht verhandelt und auch keine Entscheidung getroffen werden.

Das oberste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), plant am 7. März 2024 die Verhandlung einer Sportwetten Geld zurück Klage (Aktenzeichen I ZR 90/23). Dieses Urteil wird für die Zukunft von Sportwetten Rückforderungen maßgeblich sein: gibt der BGH grünes Licht, könnten Tausende ihre bei Sportwetten erlittenen Verluste bei Tipico, Bwin, Bet365, Interwetten und Co. mit massiv erhöhten Erfolgschancen zurückverlangen. Es bleibt jedoch unklar, ob das BGH-Verfahren tatsächlich stattfinden wird und wann eine endgültige Entscheidung erwartet werden kann. Ebenso ist nicht absehbar, ob und zu welchen Detailfragen sich der BGH äußern wird. Hier und auf unserer Seite erhalten Sie die Infos zu den Hintergründen und in unserer kostenlosen Erstberatung stehen wir für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Inhaltsverzeichnis

  1. Das Sportwetten Verfahren am BGH
  2. Klagen meist erfolgreich
  3. Wie wird der BGH entscheiden?
  4. Die Konsequenzen
  5. Video

Das Verfahren am BGH

Im vorliegenden Fall forderte der Kläger ursprünglich vor dem Amtsgericht (AG) Geislingen von Tipico die Rückzahlung von Sportwettenverlusten in Höhe von 3.719€. Jedoch wurde die Klage vom AG Geislingen abgewiesen. Die Berufung vor dem Landgericht (LG) Ulm war ebenfalls nicht erfolgreich. Trotzdem erkannte das LG Ulm die essenzielle Bedeutung des Falls und erlaubte die Revision, die der Kläger schließlich beim BGH einreichte. In einer Pressemitteilung kündigte der BGH an, am 7. März 2024 in der Sache verhandeln zu wollen.

Bislang haben sich in Sportwetten Geld zurück Klagen lediglich die Amtsgerichte, Landgerichte und Oberlandesgerichte geäußert - alle bisweilen überwiegend positiv, weshalb schon tausende Kunden von Wettanbietern Klage auf Rückzahlung der Sportverluste eingereicht haben und in den meisten Fällen damit auch erfolgreich waren. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gab es bislang aber noch nicht. 

Zwar sind Richter untergeordneter Instanzen an die Entscheidungen des BGH nicht offiziell gebunden (das heißt, sie können und dürfen immer noch anders entscheiden), praktisch werden sich aber wohl alle Gerichte an die Entscheidung des BGH halten. Die anstehende Entscheidung ist also von zentraler Bedeutung für Sportwetten Rückforderungen. 

Sportwetten Geld zurück Klagen in mehr als 90% der Fälle erfolgreich

Die allermeisten mit Sportwetten Rückforderungen befassten Gerichte haben die Wettanbieter Tipico, Bwin, Bet365, Interwetten und Co. bislang zur Rückzahlung verurteilt. Unter den Oberlandesgerichten, deren Entscheidungen besondere Signalwirkung haben, waren darunter die OLG in München, Köln, Karlsruhe, Oldenburg, Dresden und Bamberg (einige dieser Urteile können Sie auch auf unserer Seite herunterladen). Lediglich das OLG Frankfurt hat im Januar 2023 eine Klage abgewiesen, was die Rückforderungen zunächst ein wenig ausbremste und unsicherer machte. 

Der Grund für diese negative Entscheidung war, dass das OLG Frankfurt - wie übrigens auch das AG Geislingen und das LG Ulm - angenommen hat, dass Tipico, Bwin, Bet365, Interwetten und Co. eigentlich eine Lizenz hätten bekommen müssen. Im Unterschied zu Online Casinos waren Sportwetten nicht grundsätzlich verboten und die Anbieter konnten sich um eine Lizenz bewerben. Bis Oktober 2020 hat allerdings kein Anbieter eine solche Lizenz erhalten (den Zeitpunkt der Lizenzierungen können Sie auch auf der Seite der GGL nachvollziehen). Die genannten Gerichte waren der Ansicht, dass die Anbieter alle grundlegenden Anforderungen für die Lizenzierung erfüllt haben und dass die Nichterteilung nur auf das europarechtswidrige Verhalten der Behörden zurückzuführen ist.

Dieser Auffassung folgten alle anderen Oberlandesgerichte aber nicht. Speziell das OLG Bamberg hat sich hierzu sehr ausführlich geäußert. Demnach dürfe ein Verbot, welches ja trotzdem weiter fortbesteht, nicht einfach per Selbsthilfe umgegangen und "bewusst und gewollt" negiert werden. Auch wenn etwas legal sein müsste, heißt es ja noch lange nicht, dass es auch legal ist. Zur Verdeutlichung eignet sich auch folgende Parallele: auch wenn man alle Voraussetzungen für eine Fahrerlaubnis erfüllt, den Führerschein aber noch nicht erhalten hat, darf man eben nicht Autofahren.

Wie wird der BGH entscheiden?

Wie der BGH letztlich entscheiden wird, kann niemand seriös vorhersagen. Im Anbetracht der überwiegend positiven Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, kann man aber durchaus mit einem erfolgreichen Ausgang rechnen. Folgende Punkten sprechen dafür:

Die derzeitige Rechtslage

Es steht außer Frage, dass Tipico, Bwin, Bet365, Interwetten und Co. für Ihr Angebot nach dem Glücksspielstaatsvertrag eine Lizenz benötigt hätten - und dass diese (meist) bis Oktober 2020 nicht vorlag. Aufgrund dieser unstrittigen Rechtslage gibt es im Grunde genommen keine andere Schlussfolgerung.

Bisherige BGH Entscheidungen

Erstens hat der BGH bei einer Rückforderung im Zusammenhang mit Online Casinos beschlossen, das Verfahren auszusetzen und es dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen. Daraus ergibt sich, dass der BGH grundsätzlich einen Anspruch auf Rückzahlung sieht, wenn gegen den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) verstoßen wurde. Wäre der Anspruch aus Sicht des BGH bereits nach deutschem Recht nicht gegeben, hätte er die Sportwetten Klage abgewiesen, ohne auf eine Einschätzung des EuGH zu warten.

Zweitens hat der BGH schon in mehreren Fällen entschieden, dass kommerzielle Anbieter eine behördliche Genehmigung für ihre Angebote benötigen, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Es genügt nach der bisherigen Rechtsprechung also eben nicht, wenn die Erlaubnis theoretisch möglich ist oder sogar erteilt werden müsste. Das von Tipico, Bwin, Bet365, Interwetten und Co. beanspruchte Recht zur "Selbsthilfe" hat der BGH also schon abgelehnt.

Drittens hat der BGH in einem Strafverfahren bereits entschieden, dass es für eine Strafbarkeit wegen illegalem Glücksspiel nicht relevant ist, ob das Glücksspiel grundsätzlich genehmigungsfähig war. Die Karlsruher Richter haben also schon festgestellt, dass ein Angebot ohne Lizenz einen Verstoß gegen deutsche Glücksspielgesetze darstellt, selbst wenn eine Erlaubnis hätte erteilt werden können. Daher wäre es inkonsequent und käme sehr überraschend, wenn der BGH dies im vorliegenden Fall anders beurteilen würde.

Die Konsequenzen

Die Entscheidung des BGH wird für derzeit laufende und künftige Sportwetten Rückforderungen entscheidend sein. Bei einer positiven Entscheidung  dürften alle Dämme brechen und Millionen Kunden könnten von Tipico, Bwin, Bet365, Interwetten und Co. ihre Verluste bis zum Zeitpunkt des Erhalts der Lizenz zurückfordern. Die Gerichte untergeordneter Instanzen hätten dann im Grunde keine andere Wahl und müssten jede Klage zugunsten der Kläger entscheiden. Eine negative Entscheidung des BGH würde hingegen wohl das Ende für Sportwetten Rückforderungen bedeuten.

Allerdings bedeutet eine positive Entscheidung nicht zwingend, dass alle juristischen Unklarheiten dann beseitigt sein werden. So ist fraglichen, ob und zu welchen Detailfragen sich der BGH äußern wird. Ein für potentielle Anspruchsinhaber denkbar schlechter Fall wäre, wenn der BGH zwar den Fall positiv entscheidet, aber - im Unterschied zu den allermeisten Gerichten - eine dreijährige Verjährung annimmt. Weil Tipico, Bwin, Bet365, Interwetten und Co. schon ab Herbst 2020 lizenziert waren, wäre eine Rückforderung also nicht mehr möglich. Äußert sich der BGH hierzu nicht, kommt es wieder auf die Rechtsprechung der Landgerichte und Oberlandesgerichte an. Unserer Kanzlei hat übrigens das erste OLG-Urteil erwirkt, in welchem die 10-jährige Verjährungsfrist erstmals explizit bestätigt wurde. 

Es bleibt also weiter spannend. Der 7. März 2024 wird jedenfalls ein entscheidender Tag für all diejenigen, welche ihre Sportwetten Verluste zurückholen möchten. Wir halten Sie auf unserer Website und unserem YouTube Kanal über alle aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden.

Video zu BGH I ZR 90/32

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Foto(s): @staudt.law

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